Brand Communitys – nah am Fehlgriff gebaut.

Eigentlich ist nichts zwangsläufiger und verständlicher, als das sich Freunde einer guten Marke an dieser Gemeinsamkeit erkennen wollen und sich darin bestätigen. Drückt man dadurch das man sich bekennt nicht zuletzt auch aus, das man sich auskennt, möglicherweise einen bestimmten Status in Anspruch nimmt, sich zumindest aber in seiner individuellen Kennerschaft als Teil einer Gruppe fühlt? Schon haben wir die Basis einer stabilen Community, könnte man damit meinen.

Natürlich ist nicht jeder dessen Schlüsselbund auf dem Kneipentresen von einem plakativen Anhänger einer Sportwagenmarke mehr oder weniger geziert wird, gleich der perfekte Markenbotschafter. Fan ist er auf jeden Fall, egal was er tatsächlich für ein Fahrzeug fährt. Und in seinem Umfeld wird er die Marke hochhalten, soweit es ihm eben möglich ist.

Wie stark diese Identifikation mit der Marke wirklich ist haben gerade die Gralshüter der automobilen Nobelmarken vom Markt lernen dürfen. Die Kunden schlossen sich zusammen, ohne das sie dabei auf den Segen der Hersteller warteten. So kam es, das es zum Beispiel weltweit Porscheclubs gibt, in der die Enthusiasten sich in ihrer Entscheidung bestärken, das Marketing des Herstellers aber bestenfalls gelegentlich zu Gast sein darf. Dies ging nicht nur Porsche so, auch alle anderen Marken haben diese Entwicklung mehr oder weniger konsequent verschlafen. Natürlich weiss man heute in Herstellerkreisen, welch Schatz eine treue und gepflegte Community für die eigene Marke und nicht zuletzt für Image und Absatz sein können. Man ist allerdings mit den eigenen Versuchen durch die Existenz bestehender Communitys heftig gebremst.

Jenseits der Welt der Automobile finden wir nicht weniger interessante und beachtete Marken. Allein die Tabakindustrie hat über die Jahrzehnte Unsummen in die Zugkraft ihrer Marken gesteckt. Wer kennt sie nicht – den Marlboroughman, die beiden goldenen Bögen die für den Fastfoodtempel stehen oder diesen simplen Haken, der allen möglichen Produkten Sportlichkeit verleiht. Ganz zu schweigen von der braunen Brause aus Atlanta. Bildeten sich dafür Consumercommunitys? Eher nicht. Und wenn von Seiten der Industrie etwas in Sachen Communitys unternommen wird, dann bleibt es meist ein Gag, eine Eintagsfliege wie eben die Möglichkeit sich mit einer Codenummer im Kronkorken einer Coca Cola Flasche zu registrieren, um damit möglicherweise irgendwelche give-aways zu erhalten. Gibt es ein schöneres Beispiel dafür, wie der König Kunde wirklich gesehen wird? Nicht als ernstgenommener Partner von dessen Entscheidung man lebt sondern als Empfänger von Gimmicks – den modernen Almosen sparsamer Marketingmanager. Gut, das solche Massnahmen eh nur als Aktion gedacht sind und dem entsprechend schnell klang- und sanglos aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwinden. Es wäre letztendlich doch schade, wenn eine gute Marke durch solch gedankenloses Handeln Schaden nehmen würde.

Wilfried Schock

Communities und Medienhäuser – das unverstandene Objekt der Begierde

Blättert man durch die einschlägigen Jobbörsen, ist kaum zu übersehen, das die Medienhäuser zunehmend auf der Suche nach Fachkräften für den Ausbau ihrer Onlinepräsenzen sind. Welches Printmedium hat denn heute noch keine Website, fragt man sich unwillkürlich und wirft neugierig einen Blick auf die Onlinepräsenzen, die neuen Schwung benötigen.

Dem ersten Blick folgt Erstaunen. Leistungsfähigen Printmagazine stehen – wenn man die Integration der Leser über die Website als Mass nimmt – eher kümmerliche Resultate gegenüber. Flagschiffe der Zielgruppenmedienlandschaft wie Bravo oder Brigitte erweisen sich mehr oder weniger als Fehlanzeige, wenn es darum geht, die mediale Kompetenz im Print in Kundenbindung online umzusetzen.

Da zumindest in den jüngeren Konsumentengruppen Printmedien zunehmend als weniger attraktiv empfunden werden (JIM Studie 2006), die Zahl der Leser durch den bekannten Geburtenrückgang eh schon drastisch zurückgegangen ist, ist dies keine sehr erfreuliche Perspektive. Dafür eben um so erstaunlicher. Onlinecommunitys ohne den Startvorteil einer vor Content strotzenden Printpublikation boomen, während Websites die nicht an Contentmangel leiden, vor sich hindümpeln.

Woran liegt dies, fragt man sich und wirft einen weiteren Blick auf das, was dem geneigten Leser als Communitycontent geboten wird. Schuster, bleib bei Deinen Leisten, forumuliert sich darauf die Antwort. Was über Jahrzehnte sich an redaktioneller Qualität in den Verlagen angesammelt hat, scheint nicht wirklich kommunikationsfähig zu sein. Content wird wohl als Kommunikation in Form der berühmten Einbahnstrasse verstanden. Und wenn man dem Leser dann eine klitzekleine Möglichkeit gibt, sich zu artikulieren, dann bitte doch nur dort, wo es erwünscht ist und zu den Themen die vorgegeben werden. Warum nicht gleich abgefragt wird, ob der Leser auch alles brav gelesen und so verstanden hat, wie es gemeint war, ist offen. Das sich auf dieser Ebene keine Community bilden wird, leuchtet zumindest denen ein, die sich etwas intensiver mit dem Thema befassen. Die Standards dessen, was ein User erwartet, bevor er sich überhaupt Gedanken darüber macht, ob er Mitglied wird, haben sich online schneller entwickelt als dies den Kollegen im Printbereich bewusst scheint.

Gutenbergs Nachfahren scheinen den Draht zu ihren Lesern verloren zu haben.