Beliebte Irrtümer 1: Communitys sind Kinder des Internets

Eines der hartnäckigsten Irrtümer zum Thema Community ist sie als Kinder des Internets und damit vor allem als virtuelle Gebilde zu sehen.
Dieser Irrtum ist mehr als verständlich. Letztlich steht der Begriff der Community meist im Zusammenhang mit Web-Communitys in den Medien.

Das es zuvor auch schon Communitys gab, ist weniger bekannt, weil diese Gebilde auch als Ausnahmen gehandelt werden. Communitys sind durch das Internet lediglich in eine andere Wirtschaftlichkeit und damit auch Realisierbarkeit katapultiert worden. Wie andere Strukturen übrigens auch. Durch die neue Wirtschaftlichkeit schiessen sie aus dem Boden wie die Pilze. Ohne die wirtschaftlichen Vorteile des Internets für die Kommunikation wären Communitys auf Print und Telefon, auf Mailings und TV angewiesen und die meisten Geschäftsmodelle für Communitys unter diesen Umständen nicht realisierbar. Nicht zuletzt gäbe es auch keine Investoren, die in Communitys Risikokapital pumpen würden.

Frühe Formen der Communitys waren von einer spärlichen Form der Kommunikation zwischen den Mitgliedern geprägt. Weil es dafür die passenden Tools nicht gab. Dafür war die reale Orientierung deutlich höher. Weil der virtuelle Raum noch nicht existierte.

Vereine zum Beispiel sind nicht anderes als Communitys. Menschen arbeiten zusammen, tauschen sich aus, lernen voneinander und verfolgen ein gemeinsames Ziel, finden eine gemeinsame Identität.

Betrachten wir den ADAC als Beispiel für diese frühe Form erkennen wir auch, worin die Schwachstellen solcher Organisationen liegen, wenn sie die Chancen des Internets nicht schnell verstehen. Sie wirken versteinert im Selbstverständnis der eigenen Unsterblichkeit. Dies wird sich frühestens dann ändern, wenn das Geschäftsmodell des ADAC von aggressiveren und kommunikativeren Alternativen unter Druck gesetzt wird. Die Zeit dafür wäre reif. Die Strukturen dafür sind zumindest vorhanden. Wie heftig ehemalige Monopolisten unter Druck geraten können, zeigt uns das Beispiel der Telekom.

Wilfried Schock

Artenvielfalt

Wenn wir von Communitys sprechen, sprechen wir all zu oft nicht wirklich vom gleichen Inhalt. Wikipedia liefert zwar eine Definition dessen was aktuell als Community verstanden wird, aber die wird in der Praxis eher selten als Messlatte für die Verwendung dieses Begriffs verstanden.

Die Artenvielfalt in der uns das junge Pflänzchen Community begegnet ist zumindest schon mal beachtlich und lässt auf eine kräftige Ausbreitung hoffen.

Wir kennen Expertencommunitys. Hier klärt der Begriff den Inhalt.

Online Communitys oder virtuelle Communitys sind als Begriff ebenfalls häufig anzutreffen. Beiden Begriffen ist zumindest gemeinsam, das sie ausschliesslich im virtuellen Raum stattfinden, also auf das Internet begrenzt sind.

Special Interest Communitys treten ebenfalls zunehmend häufiger in Erscheinung. Diese Gattung erkennt man wie der Begriff schon sagt, das sie rund um ein bestimmtes Thema herum entstanden sind und sich auch ganz überwiegend damit befassen. Eigentlich können Special Interest Communitys sowohl Online Communitys als auch reale Communitys sein.

Reale Communitys oder Offline Communitys erkennt man daran, das sie sich vor allem auf Aktivitäten ausserhalb des virtuellen Raumes konzentrieren. Sie suchen ihre Verankerung im realen Leben ihrer Mitglieder.

Wenn es Special Interest Communitys gibt, sollte es auch General Interest Communitys geben. Im Gegensatz zu den Spezialisten widmen sich die Generalisten einer breiten Vielzahl an Themen- und Interessengebieten.

Damit nicht genug, fügen wir der Kategorisierung der Communitys eine weitere Dimension hinzu. Independent Communitys zeichnen sich dadurch aus, das sie unabhängig sind – wie der Name schon sagt – und damit Selbstzweck. Mit anderen Worten, diese Communitys dienen keinem externen Zweck.

Das Gegenteil von Independent Communitys sind Branded Communitys. Darunter fasst man alle Communitys zusammen, die einem Marken- oder Unternehmenszweck dienen. Sei es als Community aller Harley Biker oder als Freunde amerikanischer Limonade, hier dreht sich alles um die Marke und was man daraus macht oder davon hat.

Falls Ihnen das Thema noch nicht komplex genug ist, füge ich sicherheitshalber noch den Terminus Social Network bei. Darunter werden Communitys subsummiert, die sich als soziale Netzwerke verstehen.

Für die ganz peniblen bleibt noch die feingliedrige Unterscheidung zwischen Social Network und Social Network Tool. Letzteres sieht zwar genauso aus wie das Social Network, ist aber eigentlich nur ein Werkzeug um eine Community aufzubauen und zu betreiben.

Wilfried Schock

Mitgliederintegration

Heute hier, morgen dort, übermorgen fort. Die Gefahr droht jeder Community, der es nicht gelingt ihre Mitglieder fester an sich zu binden. Als Marketingpartner, der darüber nachdenkt eine Community für die eigene Kundenbindung zu nutzen, ist es sicher nicht uninteressant zu erkennen, wie weit diese Community in der Lage ist, die eigenen Mitglieder an sich zu binden.

Woran aber erkennt man, ob eine Community in der Lage ist ihre Mitglieder an sich zu binden?

Das hängt nicht zuletzt auch von der Art der Community ab. Nehmen wir zum Beispiel eine klassische General Interest Community. Da geht es thematisch um alles und um nichts.

  • Wenn ich als Mitglied alle zwei Monate mal vorbeisehe, bin ich eher nicht wirklich in das aktuelle Leben integriert.
  • Wenn ich als Mitglied täglich zweimal reinsehe und aktiv bin, lebe ich faktisch in dieser Community.

Wenn ich eine General Interest Community als Teil meines sozialen Netwerks sehe, diese Community also nutze um meine sozialen Kontakte zu pflegen, sollte ich schon etwas öfter als einmal im Monat reinblinzeln. Oder ich nutze diese Community eben nicht wirklich zu diesem Zweck. Natürlich könnte es auch sein, das ich ganz allgemein keine intensiveren sozialen Kontakte pflege, dann wäre das monatliche reinblinzeln für mich schon beachtlich.

Für den potenziellen Marketingpartner – der weiss, welche Menschen er über eine Community ansprechen und möglicherweise auch in der Kundenbindung fester an Marke oder Unternehmen binden will – fällt es leichter, eine Community als Partner einzuschätzen, wenn ihm entsprechende Informationen – wie z.B. Anzahl der täglichen Logins, Sitzungsdauer – zur Verfügung gestellt werden. Wenn dies nicht der Fall ist, kann man sich auch seinen Gedanken darüber machen.

Wilfried Schock