Lunarstorm – ein warnendes Erfolgsbeispiel

Lunarstorm ist schon deshalb ein Beispiel, weil sich darin die beiden Besonderheiten des Community Business besonders deutlich zeigen – der schnelle Aufstieg wie der schnelle Fall.

In Wikipedia lesen wir eine bemerkenswert kurze Information über Lunarstorm:

LunarStorm ist möglicherweise die weltweit erste Online-Community und wird von der Firma LunarWorks aus Varberg (Schweden) betrieben. Die Website ist in Schweden äußerst populär – etwa 4 Millionen besuchen sie im Monat, bei einer Bevölkerung von 9 Millionen.[1] Seit kurzem gibt es auch einen Ableger in Großbritannien.
Der Vorgänger von LunarStorm hieß „StajlPlejs“ und war seit etwa 1996 online. LunarStorm ist offiziell seit dem 1. Januar 2000 im Netz. Der Gründer der Site heißt Rickard. Er lebt in Tvååker in Halland, Schweden.

Als Quelle wird das englischsprachige Wikipedia genannt. Dort finden wir als weitere ergänzende Information:

The company has made attempts to start up similar services in Denmark and the UK, but both those sites were closed during 2007.

lunarstorm-se.jpg In Schweden dagegen ist Lunarstorm noch aktiv.
Lunarstorm hat sich als Community eine enorme Marktdurchdringung – für 2005 / 2006 – erarbeitet und war für jeden interessierten Internetnutzer in Schweden ein Muss. Eine Situation die in Deutschland heute von keinem social network erreicht wurde. Auch die VZs (StudiVZ und SchülerVZ) sind von diesem Level noch sehr weit entfernt. Und trotzdem ist Lunarstorm nicht nur in seinem Expansionsdrang abrupt gestoppt worden. Auch in seinem Heimatmarkt schrumpfte das social network drastisch.

graph.jpg Ein Blick in Alexa läßt den Umfang dieses Schrumpfungsprozesses ahnen und stellt die Frage, wie Lunarstorm so schnell aus einer faktisch marktbeherrschenden Position ins Abseits befördert werden konnte.

Die Ursachen dafür mögen vielfältiger Natur sein. Eine Voraussetzung dafür ist die Weltoffenheit und Aufgeschlossenheit der Schweden, verbunden mit durchgängig guten Englischkenntnisse. Die meisten Schweden sprechen so gut englisch, das sie problemlos auf internationalen Seiten kommunizieren können. Und wenn die Sprachbarriere nicht als Schutz gegeben ist, die Mentalität offen ist und das internationale Angebot verlockender erscheint, stehen jedem global player Tür und Tor offen.

Welche Lehren kann man aus der Sicht der deutschen social networks aus dem Beispiel Lunarstorm ziehen?

  • Der Abstieg kann so schnell gehen wie der Aufstieg.
  • Der Wettbewerb ist global.
  • Sprachbarierren sichern möglicherweise einen zeitlichen Sicherheitsabstand.
  • Nutzenstiftung und Vernetzung sind unabdingbare basics, keine Sicherheit.
  • ohne weitergehende Identifikation der Nutzer mit ihrem social network ist das Risiko den Markt unter den Füßen weggezogen zu bekommen, beachtlich.

Lunarstorm kann auch in Indikator dafür sein, wie schnell man als social network visits seiner Mitglieder verlieren kann, wenn die Kommunikation aus dem „walled garden“ der Community ausbricht.

PIs und Visits oder Onlinezeit pro Mitglied – Beispiele wichtiger deutscher Online Communitys

Robert Basic schreibt in seinem Blog im Beitrag „Wer kennt wen N.o.3“ über die neuesten IVW Zahlen wichtiger social networks. Da nicht alle größeren social networks in der IVW aufgeführt werden, hat die Rangreihe nach IVW zwangsläufig Lücken. Einige social networks sind z. B. nur bei der agof aufgelistet. Man mag auch darüber streiten ob die PIs (Page Impressions) noch für die Bedeutung und Aktivität von social networks die wichtigste Währung sind, aber damit eine Ãœbersicht über die großen deutschen social networks einigermaßen aussagekräftig ist, sollte sie möglichst vollständig sein.

Der Vergleich von Page Impressions dürfte eigentlich seit der neuen Währung unique user der agof veraltet sein. Da aber viele Anbieter den Schritt zur aussagefähigeren Messung noch scheuen, wird immer noch mit den Seitenabrufen hantiert.
Wobei auch die unique users der agof sicher nicht der Weisheit letzter Schluss sind, sondern eben ein guter Kompromiss, der die Realität in den unterschiedlichen Sites einigermaßen vergleichbar abbilden soll. Letztlich ist die Verweildauer in Onlineminuten für Vermarkter und Werbetreibende ebenfalls wichtig. Ein Besucher der einmal im Monat für einige Sekunden auf der Website ist, zählt nach agof eben genausoviel wie ein Besucher der täglich eine halbe Stunde auf der Site verbringt.

Für social networks ist zudem der Zeitraum von 30 Tagen in denen unique users einer Website gezählt werden, nicht der realen Situation entsprechend. Ein Mitglied das einmal im Monat für ein paar Sekunden in der Community vorbeisieht, trägt wenig zu deren Aktivität und Entwicklung bei und ist letztendlich kaum mehr als Zahlenkosmetik.

Facebook will StudiVZ Mitglieder abwerben

Martin Weigert schreibt in zweinull.cc über den Verdacht, Facebook starte eine Kampagne um über virales Marketing Mitglieder bei studiVZ abzuwerben. Die Basis dieser Kampagne ist eine Seite die bei Facebook von Mitglied Hans – auf englisch wäre das wohl John – etabliert wurde. Hans ist ein so hübscher alter deutscher Name und wenn Hans eine Seite „Deutsche verlassen StudiVZ für Facebook“ etabliert bekommt, hat das ein „Geschmäckle“. Insbesondere die Formulierung „Bekehrung zur besseren Seite der Macht“ erinnert doch ein wenig zu sehr an George W. Bush, den verhinderten Jehdi-Ritter der Demokratisierung der Welt. („It is easy to start a war, but hard to end it, John. Remember Iraq.“) Die Welt will bekehrt sein, und sei es wenigstens zu Facebook. Vollends begeistert bin ich vom Ansatz in Facebook eine deutsche Revolution zu starten. Das haben wir Deutschen seit Jahrhunderten nicht gepackt und das solltest Du wissen, lieber John/Hans. („Germans don’t start revolutions, John. This is not allowed in Germany.“)