Geschäftsmodelle Medien – wie Affiliate Marketing interessant werden kann.

Ein Artikel in turi2 über den Versuch der Süddeutschen mit Affiliate Marketing Geld zu verdienen, war Auslöser des Vorgängerbeitrags. Dessen Fortsetzung – dieser Text hier  –  befasst sich mit einer Skizzierung zeitgemässerer Formen der Vermarktung von medialer Reichweite und der Kombination aus Content und Produkt.

Verpasste Chance der Medienplattformen

Die Erkenntnis, das Empfehlungsmarketing effizienter ist, als Werbung, ist älter als das Internet. Das Internet bietet nur eben eine ganze Reihe interessanter Möglichkeiten Empfehlungsmarketing in grösserem Umfang erfolgreich zu nutzen. Auch für Affiliate Marketing in Medienplattformen. Dort steht man dieser Nutzung nur etwas ferner, weil dazu die eine oder andere Grundlage geschaffen und – das ist natürlich die reine Spekulation – möglicher Weise auch zusätzliche Kompetenz erforderlich ist. Auf ausgewählte Punkte gehe ich nachfolgend kurz ein.

Die Grundlagen des Empfehlungsmarketing

Natürlich kann man Affiliate Marketing auch ohne Empfehlungsmarketing und soziale Einbindung betreiben. Letztlich verzichtet man damit lediglich auf einen höheren Grad an Wirtschaftlichkeit und Erfolg. Erfolgreiches Empfehlungsmarketing basiert auf Bereitschaft und Möglichkeit zu empfehlen und der Reichweite dessen, der empfiehlt. Die Möglichkeit Empfehlungen auszusprechen die andere Nutzer erreichen, ist eine Frage der technischen Leistungsfähigkeit der Einbindung, dieBereitschaft unter anderem eine Frage der Relevanz des Themas bzw. Contents, die Reichweite eine Frage der Vernetzung der Nutzer.

Modernes Affiliate Marketing als Geschäftsmodell für Medienplattformen erfordert Kompetenz

Die Grundlagen eines modernen Affiliate Marketing für Medienplattformen erfordern

  • die Kompetenz zur konzeptionellen sozialen Einbindung
  • die technische Kompetenz zur Anbindung oder Nutzung von sozialen Netzen

Die reine Einbindung von Bannern thematisch passend zum Content bringt sicher den einen oder anderen Euro in die Kasse. Affiliate Marketing das Grundlage für ein nachhaltig erfolgreiches Geschäftsmodell sein soll, muss deutlich mehr leisten. Die Gründe dafür sind im vorigen Beitrag angesprochen worden. Daraus ergeben sich eine Reihe von Anforderungen, die weder durch die Einbindung von Standardwerbemittel noch durch angepasste Werbemittel allein zu erfüllen sind. Zwei wichtige Punkte sind:

  • Soziale Reichweite von Usern in einer Medienplattform: die Möglichkeit einen Content oder ein Angebot weiter empfehlen zu können, ist weniger effizient, wenn der jeweilige Leser nicht mit anderen Lesern vernetzt ist. Diese Vernetzung kann auf der Medienplattform oder auf einer Social Network Plattform gegeben sein. Einfache technische Möglichkeiten in bestehende soziale Netze existieren seit längerem. Durch innovativere Angebote kann eine Medienplattform hier wieder Boden gegenüber ihren Systemwettbewerbern gut machen.
  • Die Partizipation der Leser / User: nur dadurch, das eine Möglichkeit zur Empfehlung besteht, wird sie nicht automatisch genutzt. Ohne eine Motivation zur Partizipation bleibt die Nutzung in aller Regel deutlich unter ihren Möglichkeiten. Dafür sind sowohl technische Lösungen als auch konzeptionelle Konzepte erforderlich.

Eine strategisch – innovative Verbindung von redaktionellem Content, von Leistungen, Partizipationskonzept, Reichweite und sozialem Graph bietet ein breites Fundament für den Aufbau von wirtschaftlich relevanten Interessenprofilen. Ob man sich dabei an bestehende Social Network Plattformen anlehnt, oder diese Chance langfristig stabil auf eigene Beine stellt, ist eine individuelle Frage, die  nicht zuletzt auch unter Berücksichtigung einer ganzen Reihe von Kriterien (Budget, Zukunftssicherheit, Innovationskraft, technischen Kompetenz) abgewogen entschieden sein will.

Geschäftsmodell oder Juniorpartner

Die Nutzung standardisierten Affiliate Marketings durch Medienplattform ist zugleich ein Verzicht auf den Aufbau eines langfristig relevanteren Geschäftsmodells. Die Entscheidung für die standardisierte Nutzung von Affiliate Marketing ist in vielen Medienhäusern eine zwangsläufige wie nachvollziehbare Folge eines deutlichen Defizits an konzeptioneller und technischer Kompetenz. Sie ist zugleich aber auch ein Verzicht auf eine zukunftsfähigere und eigenständigere Erschließung und Vermarktung von Ertragspotenzialen, die in Form des Bedarfs der Leser und Nutzer dieser Medienmarken zur Verfügung stehen könnten.

  • konventionelles standardisiertes Affiliate Marketing: die Medienplattform bindet Produktwerbung ein, von der sie annimmt, das sie für die Leser interessant sein könnte. Die Medienplattform wird nach Leistung (Verkaufsprovision) bezahlt. Die Medienplattform ist Nutzer eines Systems. Ihre Provision wächst durch den Erfolg.
  • Affiliate Marketing 2.0: die Medienplattform macht den Bedarf ihrer Nutzer in Form konkreter Nachfrage direkt nutzbar und bietet ihn meistbietend an. Die Medienplattform ist Inhaberin des Systems. Ihre Provision wächst mit dem Erfolg und dem Wettbewerb von Anbietern. Erfahrungsgemäß führt der Wettbewerb um ein relativ rares Gut eher zu höheren Erträgen als eine Steigerung der Ausbringung.

Systemwettbewerb: ungenutzte Chance der Social Network Plattformen

Was hier für Medienplattformen gilt, trifft die Social Network Plattformen doppelt zu. Auch sie könn(t)en eine effizientere Form des Affiliate Marketings als zweite Ertragsquelle neben der Werbung einsetzten. Der Vorteil der Social Network Plattformen gegenüber den Medienplattformen liegt in einer höheren Integrationsfähigkeit in die sozialen Netze (Freundeskreise), die einen höheren Erfolg ermöglicht. Da die Social Network Plattformen über die Profile der User und über die soziale Kommunikationsinstrumente verfügen, haben sie im direkten Vergleich mit den Medienplattformen einen erheblichen Wettbewerbsvorteil, den sie allerdings derzeit genauso wenig nutzen wie die Medienplattformen ihre Chancen.

Der Grund für die Zurückhaltung der Social Network Plattformen liegt nicht zuletzt in den Erfahrungen mit der Nutzung standardisierter Formen des Affiliate Marketings und den sehr reduzierten Unternehmensressourcen der Betreiberunternehmen der Social Network Plattformen.

Social Media und Geschäftsmodelle für Medienunternehmen

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Geschäftsmodelle Medien: Affiliate Marketing am Beispiel Süddeutsche

Die Süddeutsche nutzt Affiliate Marketing für die Vermarktung von Reiseangeboten um weitere Ertragsquellen im Online Markt zu erschliessen (Quelle turi2). Die Suche der Medienhäuser nach Ertragsquellen im Online Geschäft ist nicht neu, die Möglichkeiten des Affiliate Marketings sind es auch nicht. Was also ist das besondere an dieser Information? Sicher nicht, das hier redaktioneller Content und wirtschaftliche Angebote noch näher aneinander rücken. Das ist ein eher kleiner Schritt auf einem längst beschrittenen Pfad.

Das wirklich interessante an dieser Nachricht ist nicht ganz so offensichtlich und liegt darin, das die Süddeutsche Affiliate Marketing über redaktionellen Contentunterstützt und im Vergleich der Methoden wie sie sich Plattformen mit redaktionellem Content – also Medienhäuser wie die Süddeutsche – und Plattformen mit user generated content – also Social Network Plattformen wie Facebook oder wkw – bieten und nicht zuletzt in der Erweiterung der Ertragsplattform durch ein neues System.

Die Crux des Affiliatemarketings für hochwertige Medienplattformen

Im Gegensatz zur Bezahlung nach Einblendung wird beim Affiliate Marketing der Erfolg eines Produktes bezahlt. Das hat für den Betreiber einer Medienplattform mehrere Nachteile: Der Plattformbetreiber

  • trägt einen Teil des Erfolgsrisikos des Angebots.
  • läuft Gefahr, das sich der gewonnene Kunde künftig direkt an den Anbieter wendet, bzw. von diesem angesprochen wird.
  • hat ein mehr oder weniger großes Potenzial, das früher oder später für das jeweilige Produkt ausgeschöpft ist.

Der Einsatz von hochwertigem redaktionellem Content als Interessentenfilter ist eine relativ kostenintensive Methode. Passt die Contentqualität der Affiliate Marketing Plattform nicht zum Standard der Medienplattform, schadet das der Medienmarke.

Warum also sollte eine erfolgreiche Medienmarke Affiliate Marketing betreiben? Darüber lässt sich nur spekulieren und die Wahrscheinlichkeit ist hoch, das es sich bei der Motivation weniger um die reine Innovationsfreude sondern – auch oder eher – um den zunehmenden Ertragsdruck handelt. Rückläufige Werbevolumen oder sinkende Werbeerträge machen Affiliate Marketing interessant.

Der Methodenvergleich

Die Methode redaktioneller Content ist teuer

Die Süddeutsche nutzt redaktionellen Content um über das Thema Interessenten für ein Reiseziel einzusammeln und über die An- oder Einbindung des passenden Reiseziels an den redaktionellen Content diese Angebote zu vermarkten. Hochwertiger redaktioneller Content ist teuer, zumindest aber teurer als user generated content. Preiswerter redaktioneller Content schadet wie erwähnt der Medienmarke. Damit sich hochwertiger redaktioneller Content auf wirtschaftlich rechnet, muss er deutlich mehr Ergebnis produzieren.

Die zweite Achillesferse der Methode redaktioneller Content

Hochwertiger redaktioneller Content verhindert nicht, das sich der User auch anderweitig informiert, wenn er Gefallen an einem Reiseziel gefunden hat. Je stärker die vergleichende  Suche nach Angeboten für ein bestimmtes Reiseziel etabliert ist, desto weniger rechnet sich hochwertiger redaktioneller Content. Zugleich steht der appetitanregenden Wirkung hochwertigen Contents der Lakmustest der Empfehlung gegenüber. Die Interessenten sind zunehmend gewohnt, Reiseangebote durch die Empfehlungen und Warnungen von Reisenden in den entsprechenden Seiten (siehe u. a. holidaycheck) zu überprüfen. In diesem Prozess werden ihnen alternative Reiseangebote – auf der Hotelbewertungsplattform – angeboten.

Empfehlung schlägt Werbung

Es ist keine neue Erkenntnis das eine Produktempfehlung höher bewertet wird als die Werbung eines Anbieters. Wie Content, der effizient in den sozialen Kontext eingebunden wird, um ein mehrfaches intensiver genutzt wird und damit wirtschaftlicher erfolgreich sein kann, sind Empfehlungen deutlich erfolgreicher als Werbung. Wer diese Erkenntnis ignoriert, verzichtet auch im Affiliate Marketing auf wirtschaftlichen Erfolg. Das die Strukturen des Affiliatemarketings „von der Stange“ dafür meist nicht passen, ist nicht überraschend. Dieses Defizit durch hochwertigen und kostenintensiven redaktionellen Content auszugleichen, liegt der Perspektive einer Medienmarke wohl näher, als der Gedanke das Themas nachhaltig zu gestalten. Also wird zu Lasten der Wirtschaftlichkeit hochwertiger Content als redaktionelle Werbung aufgebaut um das Produkt an Mann und Frau zu bringen.

Die Praxis

Ein medialer Aufschrei über den Vormarsch der Kommerzialisierung des Contents in der SZ blieb bislang aus. Und das ist auch gut so. Jede Medienplattform muss wirtschaftlich agieren um zu überleben. In  journalistischer Noblässe dahin zu siechen ist eben nicht die bessere Alternative – weder für das Unternehmen, noch für die Gesellschaft. Die vermeintlich triste, graue Fähigkeit Geld zu verdienen ist nun mal der Humus edler journalistischer Blüte.

Die Qualität der Einbindung des Affiliate Marketing ist nach einem Blick auf die Realität allerdings von Humus weit entfernt. Gehört die Einbindung eines Banners, der dazu auffordert die passende Reise zum redaktionellen Content bei der Süddeutschen die passende Reise zu buchen, in die Ebene ernsthaften wirtschaftlichen Bemühens oder ist das ein selbstironischer Scherz? Ich will es gar nicht wissen, denn sich mit diesem Standard an Affiliate Marketing auseinander zu setzen, gehört in die Kategorie „Vergebliche Liebesmühe“. Wo konzeptionelle Kapazität sich in der Einbindung von „bitte-bitte-Bannern erschöpft, liegt die Annahme „Hopfen und Malz verloren“ einfach zu nahe. Freuen wir uns statt dessen, das dieser Notstand dem bayerischen Bier noch nicht droht und vergessen wir die Dürftigkeit in der in der Süddeutschen redaktionelle Qualität in wirtschaftlichen Erfolg umgemünzt werden soll.

Wo bleibt das positive?

Interessierten Lesern bin ich ein paar weitere kurze Zeilen darüber schuldig, wie die Chancen, die in einem zeitgemäßeren Affiliate Marketing für Medienplattformen liegen, genutzt werden können und mit welchen Wettbewerbsrisiken und -standards sie sich befassen sollten. Diesen Beitrag finden Sie hier.

Social Media und Geschäftsmodelle für Medienunternehmen

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