Facebook Newsfeed – Manipulation durch Social Media

Es darf uns eigentlich nicht überraschen, wenn die Möglichkeiten der Manipulation, die Social Media nun mal bietet, auch genutzt werden.

Interessant in diesem Fall ist eigentlich nur, das die Nutzung der Möglichkeiten die ganze Stimmung von Bevölkerungsschichten zu beeinflussen, durch ein wissenschaftliches Experiment etwas öffentlicher gemacht werden.

Das Experiment

Im Rahmen eines Experiments wurde getestet ob eine dezente Manipulation des Newsfeeds durch etwas mehr positive Inhalte aus dem Freundeskreis sich in der jeweiligen Stimmung des Social Media Users, gemessen an dessen Postings niederschlägt.

Details dazu bei Spiegel online

Das Ergebnis

Diese und eine andere Studie belegen, das Emotionen durch kleine Veränderung am Newsfeed beeinflusst werden können. Die Veränderungen, die als Ergebnis der Studie genannt werden, klingen gering, sind aber das Ergebnis einer minimalen Verschiebung / respektive unterschiedlichen Gewichtung von Postings über einen sehr kurzen Zeitraum.

Vertrauensbruch

Das diese Studie ohne Wissen der Betroffenen statt fand und das man den Newsfeed dieser User ohne größere Skrupel manipuliert hat, zeigt welchen Wert Facebook der informellen Selbstbestimmung beimisst und wie wichtig dem Unternehmen das Vertrauen seiner Nutzer wirklich ist. Misstrauen dem Unternehmen wird bei diesem Verhalten empfehlenswert. Wenn Facebook sich bereit erklärt hat für den eigenen Erkenntnisgewinn und die Forschung zu manipulieren, wie sehr wird man sich dann gegenüber politischer Einflussnahme durch Regierungen verwehren?

Unerfreuliche Erkenntnisse …

Die Forschung hat die Wirkung von Manipulation via Newsfeed auf emotionaler Ebene belegt. Wenn geringe Veränderungen in einem kurzen Zeitraum messbare Auswirkungen auf die Stimmung der Betroffenen haben, stellt sich für mich die Frage, welche Auswirkungen eine permanente Beeinflussung des Newsfeeds auf das Thema politische Wahrnehmung haben kann. Auch hier kann mit minimalem Aufwand eine andere Realität inszeniert werden.

Die Wissenschaft hat das Thema Manipulation von Newsfeeds für Forschungszwecke entdeckt und genutzt. Da diese Manipulation von den Betroffenen nicht wahrgenommen werden kann und das Unternehmen, das diese Manipulation tätigt, ausserhalb öffentlicher Kontrolle steht, haben wir hier ein Missbrauchspotenzial  das sowohl aufgrund seiner Reichweite und Leistungsfähigkeit wie durch die diskrete Nutzungsmöglichkeit auffällt.

Sollten wir im Licht anderer Erkenntnisse über die Nutzung digitaler Informationsbeschaffung wirklich davon ausgehen, das ein so diskretes wie Instrument globaler Manipulation nicht genutzt wird oder genutzt werden wird. Wir haben darauf keinen Einfluss und wir werden davon nur erfahren, wenn jemand plaudert.

Ein gesundes Misstrauen ist mehr denn je angebracht. Darauf zu hoffen, dass Facebook als Unternehmen uns vor dieser Form der Beeinflussung schützen kann oder würde, halte ich für mehr als naiv. Um so wichtiger wäre eine klare und konsequente Haltung unserer Regierung und ein klarer und konsequenter europäischer Standpunkt, der Versuchungen dieser Art sicher einen Riegel vorschiebt. Beides ist nicht erkennbar und auch nicht ohne weiteres zu erwarten.

…. zusammengefasst

  • Facebook war bereit für eigene Erkenntnisse und die Forschung die Newsfeed seiner User zu manipulieren.
  • Manipulationen in Richtung emotionaler Stimmung durch Beeinflussung der Wahrnehmung von Postings funktionieren.
  • die Manipulation von Newsfeeds ist von Betroffenen wie von Behörden nicht zu erkennen.
  • Facebooks Manipulationsmechanismus ist intransparent.
  • Facebook ist global aktiv. Das Unternehmen ist damit in der Lage diskret global Menschen zu manipulieren.
  • Der Newsfeed kann nicht nur durch Gewichtung emotionaler Postings sondern auch durch Beeinflussung der Wahrnehmung von Inhalten manipuliert werden – ohne das dies Betroffenen klar wird. Dies kann möglicher Weise die Wahrnehmung von Realität manipulieren.
  • Facebooks Manipulationsmechanismus entzieht sich in allen Ländern in denen Facebook aktiv ist einer nationalen Kontrolle.
  • weder unsere Rechtsprechung, noch unsere Medienwahrnehmung ist auf diese Herausforderung vorbereitet.

Stellen wir uns einfach einmal vor, eine fremde Macht wäre in der Lage unsere wichtigsten Fernsehnachrichten zu manipulieren und denken anschliessend daran, welche Rolle die sozialen Medien für die Verbreitung und Wahrnehmung von Nachrichten haben.  Die Manipulation von TV Inhalten kann relativ leicht erkannt werden. Die Manipulation unseres Newsfeed nicht.

Eine dauerhafte Manipulation der Wahrnehmung größerer Bevölkerungsschichten kann nicht nur politisch in einer bislang neuen Form Einfluss nehmen. Ich halte dies für eine generelle Gefahr für jede freie Gesellschaft.

Unsere Aussichten?

Wie sehen unsere Aussichten aus? Unsere Regierung ist aktuell nicht in der Lage wichtige Grundrechte im eigenen Land zu sichern. Weil sie die Auswirkungen des Internets und der Bedeutung der Macht über die Netze verschlafen hat. Natürlich gäbe es einige Möglichkeiten sich gegen eine Überwachung zur Wehr zu sichern. Diese umzusetzen fehlt erkennbarer Wille. Sollen wir unter diesen Umständen erwarten, das dieses neue Risiko entschlossen angegangen wird?

Eher nein. Wir müssen wohl selbst handeln. Aber was sind unsere Alternativen?

  • wechseln: wir könnten auf Facebook zugunsten einer Plattform verzichten, die sicherer ist.
  • selektiv nutzen: wir können den Newsfeed als Informationsquelle ignorieren.
  • ausmisten: wir können die Inhalte, die wir im Newsfeed haben wollen, so weit als möglich reduzieren und damit Manipulationen erschweren. Also: ungepflegte Kontakte abschalten, unnötige Pages entliken. Je weniger Material wir für Manipulation zur Verfügung stellen, desto schwieriger.
  • reduzieren: keine Nachrichten via Newsfeed. Politische Information nur noch selektiv zulassen.
  • verbreitern: unsere Informationsbasis auf mehrere Beine stellen. Den Newsfeed als sozialen Stream nutzen, aber für andere Inhalte und Nachrichten weitere Quellen nutzen.

 PS

Wenn Sie gegen diese Risiken angehen und Mitstreiter für informative Selbstbestimmung sammeln wollen, ist das sinnvoll, lobens- und unterstützenswert. Aber gründen Sie dafür besser keine Facebook Gruppe.

 

 

 

Social Media Mythos „Content is King“

Wir oft haben Sie den Spruch „Content ist King“ zum Social Media schon gehört? Man nimmt ihn hin, wie schlechtes Wetter. Ohren zu und durch. Wenn Ihnen das als Reaktion zu wenig sein sollte und Sie zu den Standhaften gehören, die hinterfragen und korrigieren, hier die soziale Alternative zur möglicherweise nicht immer angebrachten Bemerkung „Bullshit“.

Wenn Ihre Geduld noch nicht überstrapaziert ist und Sie sich dem sozial in Social Media besonders verpflichtet fühlen und Sie Ihrem Gesprächspartner mit Milde und Pädagogik begegnen wollen, empfehle ich Ihnen als sanftere Alternative die Methode der dezenten Nachfrage, die durchaus bescheiden einher kommen darf.

Das kann in etwa so aussehen:

„Das ist aber interessant. Liege ich richtig wenn ich Facebook als das Unternehmen sehe, das Social Media am besten beherrscht? Ich meine, das ist deren Geschäftszweck und die haben die größte und aktivste Social Media Plattform?“

Wenn Ihr kompetenter Gesprächspartner gütig zustimmt um Sie in dieser Einschätzung – die nicht wirklich überraschend ist – zu bestätigen, dürfen Sie glücklich lächeln. Das trägt zu einer positiven Stimmung bei und ist gut fürs Karma. Nutzen Sie dann doch den Glücksfall einen echten Experten vor sich zu haben und fragen Sie weiter.

„Wenn Content in Social Media King ist, wie sieht dann eigentlich die Contentstrategie von Facebook aus?“

Sie sollten jetzt nicht unbedingt breiter lächeln. Das könnte missverstanden werden. Wenn Ihr Gesprächspartner nicht spontan antworten sollte, geben Sie ihm den Rest.

„Facebook verbreitet doch gar keinen eigenen Content, hat nicht mal eigene Inhalte. Wie kann ein Unternehmen den größten Social Media  Erfolg realisieren, ohne überhaupt eigenen Content zu nutzen?“

In dem Fall bekommen Sie vielleicht zu hören, das Facebook natürlich etwas ganz anderes ist. Facebook ist ja ein Plattformbetreiber. Was könnten Sie darauf antworten?

Das stimmt. Aber jedes Unternehmen das Social Media nutzt, bietet doch seinen Social Media Kontakten eine Plattform.  Entweder eine eigene oder aber eine gemietete, gekaufte oder kostenlos genutzte wie eine Facebook Page. 

Vielleicht bekommen Sie aber auch zu hören, das Facebook natürlich user generated content nutzt. Das ist ja auch Content. Wenn Sie blond sind und einen naiven Augenaufschlag beherrschen, wäre das jetzt die perfekte Gelegenheit dieses wertvolle Talent auch zu nutzen.

„Ach so. Wenn user generated content auch content ist, brauche ich dann eigentlich noch eigenen Content? Wo user generated content – wie Facebook das zeigt – so viel erfolgreicher ist.“

Dann lernen Sie vielleicht, das man das so nicht sehen kann, weil man ja als Unternehmen auch seine Botschaft verbreiten will. Je nachdem wie viel Ironie Sie Ihrem Gegenüber zumuten wollen und können – manche Menschen reagieren da sensibel, andere nehmen Ironie gar nicht wahr – bleibt Ihnen beispielsweise noch eine Ansatz in dieser Art

„Ah so. Social Media also ist primär zur Verbreitung von Unternehmensbotschaften gedacht. Deshalb der Begriff Social Media Audience. Damit auch alle wissen, das sie brav zuhören sollen. Da sehen Sie mal. Bislang habe ich Social Media ganz falsch verstanden. Vielen Dank für diese hilfreiche Aufklärung.“ 

oder den freundlichen Rat an Ihren Gegenüber sich einfach mal ein bisschen fundierter mit dem Thema zu befassen, bevor man einfach nachplappert.

Falls Sie aber mit der Gegenfrage konfrontiert werden, über was Unternehmen in Social Media kommunizieren sollen, wenn Content gar nicht der King / Bringer / Kracher / das Erfolgskritierium ist, raten Sie dazu, sich einmal zu fragen, warum Unternehmen sich in Social Media überhaupt als Alleinunterhalter gebärden sollen wenn sie nicht gerade Alleinunterhaltung als Geschäftsmodell haben oder aus der Medienbranche sind und sich anschliessen ganz generell mit den Erfolgsgrundlagen von Social Media auseinander zu setzen. Wenn Sie ganz, ganz nett sind, geben Sie Ihrem Gesprächspartner noch als Stichworte Vernetzung, Community Building und Partizipation mit auf den Weg. Dann besteht Hoffnung, das wenigstens eine Person sich ein neues Lieblingsschlagwort für das nächste Bullshit Bingo sucht.

So gesehen hat die etwas direktere Reaktion „So ein Bullshit – muss ich Ihnen das tatsächlich noch erklären“ zumindest den Reiz einer gewissen Zeitersparnis. Ist aber nicht wirklich sozial.