AdAudience als Wettbewerber von Google?

Zu kurz gedacht ist der Zusammenschluss von Gruner + Jahr EMS, IP Deutschland, SevenOne und Tomorrow Focus als Anti-Google-Werbeallianz. Der Versuch dieser Vermarkter am Werbekuchen von Google etwas mehr zu partizipieren, ist nachvollziehbar und allemal besser als über die Werbeübermacht Google zu jammern. Der Wettbewerbssituation wird diese einseitige Ausrichtung der Anti-Google-Allianz  – auf den Wettbewerber Google – nicht gerecht. Wer im Wettbewerb führen will, muss überholen und nicht hinterher hinken.

Warum AdAudience Google nicht einholen kann

Im Wettbewerb zwischen Google und AdAudience geht es nicht zuletzt auch um einen Systemwettbewerb:

  • Google blendet Werbung entweder passend zu einer Suchanfrage oder zum Inhalt einer Website ein.
  • Die Werbung via AdAudience kann nur passend zum Inhalt der Website und zu den Zielgruppen, die diese Website nutzen, eingeblendet werden.

Qualitativ hat Google einen Systemvorteil. Aufgrund der Suchanfragen kann Google den individuellen Suchenden mit dem zu seiner Suche passenden Angebot verbinden. Dieser Qualität hat AdAudience direkt wenig entgegen zu setzen.

Spitze Zielgruppen von AdAudience sind als Waffe gegen das keyword Matching von Google nur bedingt tauglich. Die spitzeste Zielgruppe ist das einzelne Individuum. So spitz werden die Zielgruppen von AdAudience nicht werden. Bei Google ist das systembedingt aber bei Suchabfragen so.

Wo der Kunde schon aktiv sucht – ist Google auch künftig im Vorteil.

Und da, wo der Kunde nicht aktiv sucht? Googles Handicap – die Einblendung von Werbung passend zur Zielgruppe, kann von AdAudience nur durch zielgruppenorientierte Werbung in den großen Websites und Portalen genutzt werden. Google dagegen ist überwiegend in kleinen Websites mit seiner Werbung präsent. Die haben zwar keine ausgefeilte Analyse ihrer Nutzergruppen, oft aber ein spitzes Thema und sorgen auf diesem Weg für spitze Zielgruppen. Hier steht es eher pari, als das AdAudience auf einen systembedingten Vorteil hoffen kann.

Wie Google die Allianz der Vermarkter wirtschaftlich noch weiter abhängen kann

Googles nächste Ertragsfelder sind für AdAudience nicht erreichbar. Drei Viertel der eCommerce relevanten Suchen in Google sollen einen regionalen Bezug haben. Das ist logisch und leicht nachvollziehbar. Google nutzt diesen lokalen Schwerpunkt werblich bislang nur rudimentär. Die Technik dafür ist allerdings vorhanden. Der Markt muss nur bearbeitet werden. All business is local business stimmt auch hier.

AdAudience wird sich schwer tun, Google in die lokalen Märkte zu folgen.

  • Dafür fehlt der Allianz einerseits das nötige Inventar, also die breite Basis an Websites mit lokalem Bezug. Die Werbeschaltung auf der Basis von IP-Informationen wäre hier ein Lösungsansatz, der dieses gravierende Manko etwas reduzieren könnte.
  • Gravierender ist das dazu auch das Vermarktungstool fehlt, das Google bereits etabliert hat.

Betrachtet man das Potenzial der regionalen und vor allem lokalen Werbung, das für Online Werbung noch nicht erschlossen ist, wird nicht nur der Werbekuchen für Online Werbung noch deutlich wachsen, sondern auch und vor allem Googles Anteil daran.

Fazit: Geht Google local sieht AdAudience hinterher und der Abstand zwischen Google und dem Rest der Vermarkter wird sich erhöhen.

Die größere Gefahr für AdAudience & Co. kommt nicht von Google

Das Targeting Gap

AdAudience will im Wettbewerb durch spitzere Zielgruppen punkten. Damit wird sich die Allianz im Wettbewerb gegen Google schwer tun. Zugleich erwächst der Allianz ein Wettbewerber, der genau auf diesem Feld über eine deutlich bessere Ausgangssituation verfügt.

Zur Erinnerung: In dieser Wettbewerbssituation geht es darum, Zielgruppen zu erreichen, die noch nicht aktiv nach Produkten, Dienstleistungen und Angeboten suchen.

Wo der Kunde noch nicht aktiv sucht, werden die Social Network Plattformen bei der Einblendung von Werbung für spitze Zielgruppen systembedingt die Nase vorn haben, weil sie über die bessere Informationsbasis verfügen. Um den systembedingten Unterschied platt zu erklären: Da wo AdAudience sich über die Bildung von spitzen Zielgruppen und das Management einer ganzen Matrix davon Gedanken machen lässt, können die Social Network Plattformen direkt auf die bekannten Interessen und Vorlieben ihrer Mitglieder zugreifen, um diesen – individuell oder mit einem Feintargeting jenseits von AdAudience – die entsprechenden Produkte und Angebote vorzustellen. Die Profile der Mitglieder und deren Verhalten – z. B. in Form von Fangruppen und ähnlichem – bieten einen strategischen Informationsvorsprung.

Spitze Zielgruppen

  • erfordern eine hohe Informationsqualität über User, die bei „normalen Websites“ selten anfällt
  • beinhalten kostensteigernde Streuverluste, die bei Google nicht anfallen
  • liegen qualitativ hinter dem was Profil- und Verhaltensinformationen der Social Network Plattformen leisten können

Auch in der Reichweite können die Social Network Plattformen ohne größere Mühe mit AdAudience mithalten. AdAudience spricht davon, das man eine Reichweite von 75% der Internetnutzer in Deutschland habe. Nach agof 2009/III nutzen aktuell 43,4 Mio. Menschen in Deutschland das Internet (WNK). 75% davon sind 32,6 Mio Internetnutzer. Betrachtet man einfach mal die kumulierte Reichweite nach unique users der Social Network Plattformen, die in der agof gemessen werden, ergibt sich – auch ohne Facebook und Xing – ein etwas höherer Wert. Die beiden folgenden Ebenen – die regionalen Größen wie jappy – und die lokalen Plattformen wie bei uns, Ednetz, etc. sind in ihrer Summe und auch in der Bedeutung für die lokalen Märkte nicht zu unterschätzen.

Natürlich gibt es dafür noch kein gemeinsames Buchungstool. Das ist aber eher ein lösbares, technisch überschaubar Problem. Insgesamt gesehen, kann sich hier für AdAudience ein sowohl qualitativ wie quantitativ leistungsfähiger Wettbewerber entwickeln.

Ein lahmendes Pferd gewinnt kein Rennen

Werbung im Internet ist die Verbindung zweier unterschiedlicher Welten. Die Interaktivität und der Anspruch des Konsumenten sowie das Leistungsvermögen des Mediums trifft auf ein Kommunikationsinstrument das dieser Leistungsfähigkeit weitgehend nicht gerecht wird.

Online Werbung findet mehr oder weniger ausgeprägt als Belästigungswerbung statt. Ihre „Beliebtheit“ resultiert nicht aus ihre Leistung sondern aus einem Mangel an Alternativen.

Hubert Burda – altersbedingt eher der Printwelt zuzurechnen – hat in seiner Branche schon sehr früh auf das Thema Internet aufmerksam gemacht. Burda hat auch frühzeitig und prägnant das Wort gegen die Dominanz von Google ergriffen und für die wirtschaftliche Qualität der Online Werbung das geflügelte Wort der „lousy pennies“ geprägt. Burda hat aus seinen Erfahrungen mit den „lousy pennies“ und der wirtschaftlichen Perspektive der Online Werbung und auch dem Beispiel holiday check die Erkenntnis gewonnen, das zukunftsträchtige und erfreulichere Ertragspotenziale eher via eCommerce zu erzielen sind.

Sobald es für die Betreiber von Sites, Portalen und Plattformen eine adäquatere Form der Refinanzierung durch intelligente eCommercelösungen – jenseites von Affiliate Marketing –  gibt, wird als erstes die Online Werbung darunter leiden.

Fazit: AdAudience ist nichts, worüber man sich bei Google schlaflose Nächte machen muss. Die höchste Effizienz dieser Allianz dürfte in der Rationalisierung liegen.

Veröffentlicht von

Wilfried Schock

ist seit 1980 im Marketing unterwegs und hat seit 2006 seinen Schwerpunkt in Social Media. Heute bildet er Social Media Manager aus, entwickelt Methoden rund um das Thema Social Media Strategie und digitale Geschäftsmodelle und berät Unternehmen in diesen Feldern.

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