Mehrwertkonzepte statt Social Media – Irrweg der Banken und Sparkassen?

Sparkassen und Banken setzen beim Wettbewerb um Kunden und in der Kundenbindung auf sogenannte Mehrwertkonzepte. Darunter versteht man eine Ergänzung der eigentlichen Leistung durch Zugaben unterschiedlichster Art. In der Jugendsprache spricht man da von „pimpen“, also dem aufhübschen eines ansonsten weniger attraktiven Angebots.

Das Thema Zusatznutzen oder Mehrwert ist gerade bei Produkten mit hoher Vergleichbarkeit und niederem Status aktuell. Bankgirokonten erfüllen diese Anforderungen besonders gut, eignen sich also auch besonders gut dafür die Fragestellung zu beantworten, ob Mehrwertkonzepte mehr Sinn machen als Social Media.

Kriterien für eine Beurteilung

Die Frage nach der Wirksamkeit einer Vorgehensweise ist zuerst eine Frage nach den Kritierien, anhand derer man ein Vorgehen beurteilen will. Um Mehrwertkonzepte mit Social Media zu vergleichen, empfehlen sich

  • Neukundengewinnung, der Beitrag der Methode auf die Fähigkeit neue Kunden zu gewinnen
  • Kundenbindung, die Auswirkung auf die Kundenbindung
  • Wirtschaftlichkeit, das Verhältnis von Aufwand zu anzunehmender oder direkt messbarer Wirkung

als Kriterien für einen direkten Vergleich.

Wie sieht ein Mehrwertkonzept für Girokonten in der Praxis aus?

BW extend – das Mehrwertkonto der BW-Bank zeigt die Mehrleistung eines Mehrwertgirokontos auf einen Blick. Für jüngere Zielgruppen gibt es das Mehrwertkonto extend auch in einer Lifestylevariante als extend orange. Extend Orange ist als Mehrwertkonzept auf präziser auf eine Zielgruppe ausgerichtet als die meisten an Allgemeinheit oder mehrere Zielgruppen gerichtete Konzepte und läßt deshalb eine stärkere spezifische Nutzenstiftung vermuten.

Die Mehrleistung am Beispiel von extend orange

Das eigentliche Produkt Girokonto wird durch zusätzliche Leistungen – entweder Bankdienstleistungen oder Leistungen von fremden Unternehmen – aufgewertet. Dem Kunden wird mit dem Girokonto verbunden ein zusätzliches Leistungspaktet  angeboten, für das er in aller Regel einen Aufpreis zu zahlen hat. Das kann dann so aussehen: beim Produkt Girokonto XY stehen den zusätzlichen Kosten des Produktes mögliche Vorteile in mehrfacher Höhe entgegen. Wenn man beispielsweise bei einem Partner der Bank ein Produkt kauft, erhält man gegen Vorlage der Bank Card einen Rabatt oder eine zusätzliche Leistung. Das ist für die Bank meist interessanter als eigene Produkte im Paket billiger abzugeben. Dem teilnehmenden Partner verkauft man diesen Rabatt als dessen Gegenwert für die Verkaufsförderung, die die Bank für ihn durch dieses Produktbündel betreibt.

Bei extendorange – unserem Lifestyle Mehrwertgirokonto für junge Zielgruppen – erhalten die Nutzer dieses Mehrwertkonzeptes meist 10% Rabatt auf nicht reduzierte Ware. Die Partner für dieses zielgruppenspezifische Programm sind entsprechend des Geschäftsgebiets der Bank aus dem regionalen Bereich und am angenommenen Konsumverhalten der Zielgruppe orientiert.

Nutzenstiftung von Mehrwertkonzepten am Beispiel Mehrwertkonten

Mehrwertkonzept und Kundenbindung

Eine für den Kunden funktionierende Nutzenstiftung ist die Voraussetzung damit Mehrwertkonzepte zumindest in der Kundenbindung Wirkung entfalten können. Was muss konkret gewährleistet sein, damit ein Kunde von einem Mehrwertkonzept wie extend orange profitieren kann?

Der Kunde muss über die Vorteile dann informiert sein, wenn er sie nutzen kann. Das heißt, das er entweder vor einem Einkauf nach prüft, ob er bei diesem oder jenem Produkt bei einem Partner seiner Bank einen Rabatt erhält. Dazu muß er sämtliche Partner kennen oder abfragen können und möglichst auch noch deren Produktsortiment kennen. Praktisch setzt das voraus, das er ein Verzeichnis – zum Beispiel in Form eines Booklets – zu rate zieht oder im Internet nachschlägt, bevor er einkaufen geht. Alternativ könnte beim Partnerunternehmen auf den Rabatt für extend orange Kunden hingewiesen werden. In der Praxis ist kaum noch ein Einzelhändler bereit, auf seiner Ladentheke unendlich Werbematerial von Rabattkarten, Couponanbietern, Clubkarten und anderen Vergünstigungskonzepten und Mehrwertstrategien anzuhäufen. Dazu sind weder die Theken groß genug, noch die Wirkung für den Einzelhandel deutlich spürbar.

Der Vorteil muss hoch genug sein, um überhaupt interessant zu sein. Wer ist schon mal bei einem Einkaufsbummel nicht über das berühmte deutsche Wort SALE gestolpert? Welcher Laden hat nicht ständig Angebote? Ein Rabatt von 10% auf nicht reduzierte Ware ist – zumal es sich nicht um sehr kostenintensive Produkte handelt – nicht wirklich spannend.

Mehrwertkonzept und Neukundengewinnung

Woran sollte diese Wirkung für die Neukundengewinnung überhaupt gemessen werden? Letztlich doch daran, wieviele Interessenten dieses Konzept zum Point of Sales bringt und in wie vielen Entscheidungen für oder gegen eine Kundenbeziehung dieses Konzept den Ausschlag gibt.

Damit ein Mehrwertkonzept Interessenten generiert, muss es potenziellen Interessenten bekannt sein. Das setzt eine entsprechende aktive und intensive Kommunikation der Banken und Sparkassen voraus. Bislang ist die ist nicht wirklich auffällig geworden. Ich kann mich zumindest weder an Werbespots noch an Plakate erinnern, in denen für Girokonten damit geworben wurde, das man als Kontoinhaber X% Rabatt bei diesem oder jenem Geschäftspartner bekommt. Vielleicht habe ich das aber auch nur übersehen. Oder es wäre den Banken zu peinlich oder absurd, für das eigene Produkt auf diese Weise werben zu müssen. Ohne ausreichende Bekanntheit und Attraktivität bringt kein Mehrwertkonzept Interessenten in die Bank.

Wie ist es nun mit der Entscheidungssituation? Eher noch übler. Würde ich mich für eine Kundenbeziehung bei einer Bank entscheiden, weil ich beim Döner neben an oder in der Boutique gegenüber Prozente bekomme? Kaum. Ich hoffe, das Verkaufsgespräch des Repräsentanten der Bank oder Sparkasse gleitet nicht auf diese Ebene ab. Oder was sollte man von einer Bank halten, die für die eigene Wettbewerbsfähigkeit ihrer Produkte darauf angewiesen ist, mit Prozenten beim Imbiss oder einer Gratistüte Popcorn im Kino zu werben?

Mehrwertkonzepte und Wirtschaftlichkeit

Die Leistungen eines Mehrwertkonzepts sind nicht direkt messbar. Gut – die Leistungen, die hinter Mehrwertkonzepten stecken, kosten die Bank im besten Fall nichts, könnte man argumentieren. Wenn hinter dem Nichts nur nicht die Arbeitszeit der Mitarbeiter stecken würde, die diese Konzepte entwickeln, umsetzen und betreuen. Vor allem aber blockieren Konzepte dieser Art Ressourcen, die ansonsten anderweitig und möglicherweise sinnvoller eingesetzt werden könnten. Man blockiert wichtige Kriterien, investiert weitab vom eigenen Produkt oder einer soliden Marktbearbeitung und hat kaum Chancen auf eine spürbare Wirkung.

Veröffentlicht von

Wilfried Schock

ist seit 1980 im Marketing unterwegs und hat seit 2006 seinen Schwerpunkt in Social Media. Heute bildet er Social Media Manager aus, entwickelt Methoden rund um das Thema Social Media Strategie und digitale Geschäftsmodelle und berät Unternehmen in diesen Feldern.