Freemium – ein Hoffnungsschimmer für Verlage?

Freemium ist als das Geschäftsmodell – insbesondere für Verlage – ein Thema. Unter dem Geschäftsmodell  Freemium versteht man, das ein meist größerer Teil der Leistungen / Inhalte kostenlos zur Verfügung gestellt werden, ein anderer als Premiumleistung bezahlt wird.
Ein Beispiel dieses Geschäftsmodells bietet Xing. Zuerst war Xing komplett kostenlos nutzbar, dann waren Funktionen nur noch für Premiumnutzer verfügbar.

Für Verlage scheint dieser Ansatz verlockend zu sein. Die ganze Diskussion des Geschäftsmodells Freemium vernachlässigt allerdings den Wettbewerb. Der spielt in diesem Geschäftsmodell eine besondere Rolle.

Die Freemium-Falle

Erinnern wir uns wie Freemium funktioniert: durch kostenlose Leistungen wird Markt erschlossen, durch bezahlte Leistungen wird Geld verdient. Das klingt gut, funktioniert aber nur sehr bedingt: Wenn der kostenlose Content von Anbieter A den kostenpflichtigen Content von Anbieter B ersetzen kann, ist das Geschäftsmodell schon Makulatur. Welcher Verlag hat Content, den der Kunde dringend braucht und der nicht durch Content eines anderen Anbieters ersetzt werden könnte? Frei nach dem Motto: „Der Premiumteil Deines Geschäftsmodells ist mein freier Content“ wird man sich in der Verlagsbranche wohl eher das Leben noch schwerer machen. Digitale Güter ermöglichen einen entsprechend harten Wettbewerb.


Warum funktioniert Freemium bei Xing?
Xing hat sich durch komplett kostenlose Leistungen zu Beginn einen festen Nutzerstamm erschlossen. Im ersten Schritt war Xing bekanntlich komplett kostenlos nutzbar. Bis das Netzwerk groß genug und wichtig genug war um wertvoll zu werden.
Der Nutzen des Netzwerks und die Bedeutung der darin erschlossenen und gepflegten Kontakte wurden anschließend von genügend Nutzern höher bewertet als der Premiumpreis. Wer Xing wenig nutzt oder einen geringen Nutzen darin sieht, wird bei der eingeschränkten Nutzung des kostenlosen Accounts bleiben. Auch so trägt er – als Teil des Netzwerks – zum Ertrag bei. Sobald aber jemand die gleichen Kontakte in einem Business Network genauso umfassend kostenlos nutzen kann oder die Kommunikationsmauer geöffnet ist, wird das Freemium Geschäftsmodell von Xing Probleme bekommen. Wieviele Xings gibt es und wie viele ähnliche Verlagspublikationen im Internet und außerhalb?

Was bedeuted das für Medienhäuser und deren Freemium-Überlegungen?
Der eigentliche Wert und Nutzen von Xing für seine Premiumnutzer ist der Wert des Netzwerks für seine Nutzer.
Die Verlage haben bislang kein vergleichbares Konzept einer weitergehenden Nutzenstiftung entwickelt. Solange sie sich aber nur am Content und dessen Vermarktung orientieren, bleiben sie in ihrer selbstgewählten Sackgasse stecken. Die Akzeptanz der Tatsache, das der Wert der Nutzenstiftung des Contents der meisten Verlage so gering ist, das niemand bereit ist dafür zu bezahlen, ist schmerzhaft.

Auf der Basis der reinen Contentorientierung ist der Hoffnungsschimmer des Geschäftsmodells Fremium in Tunnel der Finsternis Internet wohl eher das Licht des entgegen kommenden Schnellzugs.

Wie könnten Lösungsansätze ausssehen?

Dazu fallen mir spontan verschiedene Ansätze ein, die alles andere als den Anspruch auf Vollständigkeit erheben.

  • Den Premiumanteil des Freemium Modells aus der digitalen Falle herauslösen. Die Free-Strategie des Freemium-Modells setzt in aller Regel digitale Produkte voraus.
  • Content als Instrument der strategischen Zielgruppenerschließung nutzen. Strategische Nutzung von Zielgruppen orientiert sich an deren ganzheitlichem Bedarf.
  • walled gardens errichten – durch Nutzenstiftung für den Nutzer reizvolle Gärten aufbauen.
  • Die Vorteile des Internets für die eine konsequente Zielgruppenorientierung nutzen und spitze Zielgruppen erschließen und ganzheitlich sichern.

Warum wird nur die schlechteste Alternative gepflegt?
Jammern und auf Regeländerung pochen. Das sieht nicht nur auf dem Fußballplatz sehr merkwürdig aus. Niemand zwingt die Medienhäuser letztlich im Internet aktiv zu sein. Genauso wenig sollten sie erwarten, das man Regeln zu ihren Gunsten ändern wird. Das strahlt weder Kompetenz noch Zukunftsfähigkeit aus.

Historisches zur Erinnerung

Freemium ist als Geschäftsmodell übrigens weder ein Kind des Internets noch neu. Ein gewisser Herr Rockefeller hat es vor geraumer Zeit ganz elegant eingesetzt, indem er sich zuerst das Recht erkaufte, China exklusiv mit Lampenöl zu versorgen – das zu der Zeit niemand nutzte – und dann den Chinesen großzügiger Weise Schiffsladungen von billigen Öllampen schenkte. Was wäre dem Mann nicht alles eingefallen, wenn er über digitale Produkt hätte verfügen können.

Veröffentlicht von

Wilfried Schock

ist seit 1980 im Marketing unterwegs und hat seit 2006 seinen Schwerpunkt in Social Media. Heute bildet er Social Media Manager aus, entwickelt Methoden rund um das Thema Social Media Strategie und digitale Geschäftsmodelle und berät Unternehmen in diesen Feldern.