Social Media für Unternehmen

Social Media 2015 – die Party ist vorbei, die eigentliche Arbeit fängt erst an.

Social Media für Unternehmen
Social Media für Unternehmen

In Business Insider las ich einen interessanten Artikel von Fred Wilson mit dem Titel The ‚Social Media Phase Of The Internet‘ Is Over. Fred Wilson ist Venture Capitalist und aus seiner Sicht mag diese Aussage richtig sein. Die frühe Phase von Social Media – ich nenne es die Selbstläuferphase – ist definitiv – und nicht nur seit 2014 vorüber. Die Social Media Phase des Internets steht allerdings eher am Anfang als am Ende.  Natürlich reicht es heute nicht mehr eine Plattform in den Markt zu werfen um die Massen an sich zu ziehen. Diese (Aufbau-) Phase ist Geschichte.

Social Media – Was folgt der Aufbauphase?

Die Aufbauphase von Social Media ist gekennzeichnet vom Aufbau einer Infrastruktur – in Form von Plattformen durch die Betreiber von Social Media Plattformen und in Form von Reichweite bei den Unternehmen die Social Media nutzen.  Heute finden wir unter dem Dach von Social Media eine relativ breite Palette an Plattformen und Tools, sowie von Unternehmen die Social Media in irgend einer Weise nutzen.

Was wir weniger finden ist eine vergleichbar umfassende Nutzung der Vorteile die Social Media den Unternehmen bieten kann. Noch ist die Nutzung von Social Media weitgehend auf die Informationsverbreitung begrenzt. Beim Blick auf unsere Möglichkeiten Social Media für einen sinnvollen, nachhaltigen Dialog zu nutzen, fällt das Angebot an geeigneten Plattformen schon geringer aus. Die Möglichkeiten einer Facebook Page sind hier genauso rudimentär wie andere Angebote. Die Möglichkeit eine funktionsfähige Community aufzubauen, in der wir Menschen über die jeweiligen persönlichen sozialen Netzwerke hinweg verbinden, und zusätzliche Mehrwerte und Nutzen für Unternehmen und Social Media Nutzer schaffen können, ist noch weiter jenseits der Leistungen der großen Social Network Plattformen für Unternehmen angesiedelt.

  • Versuchen wir Teile des Marktes (in Form von Social Media Nutzern) dauerhaft für das eigene Unternehmen  über sinnvolles Engagement zu aktivieren fehlt den meisten Standardangeboten die nötige Leistungsqualität.
  • Der Aufbau eines zielführenden Profilings gehört immer noch in die Rubrik Zukunftsmusik.
  • Die Einbindung von Social Media in CRM Prozesse ist bestenfalls im werden.
  • Die Kooperationsmöglichkeiten die die großen etablierten Social Media Plattformen ihren Nutzern und Unternehmen bieten, sind bestenfalls rudimentär.

Social Media wird bereits heute von vielen Unternehmen genutzt. Betrachtet man das Leistungspotenzial von Social Media – nicht das der großen Social Media Plattformen – ist nicht zu übersehen, das lediglich eine kleine Bandbreite dieses Potenzials genutzt wird. Nimmt man die Nutzungsformate von Social Media zur Verdeutlichung hinzu, finden wir bei Werbung, Informationsverbreitung die meisten Unternehmen, bei Dialog einige und bei Brand Community und Themencommunity sehr wenige und in vielen Branche gar keine Unternehmen, die diese leistungsfähigeren Formate von Social Media nutzen. Das dies auf längere Sicht zu Wettbewerbsnachteilen führen kann, ist nur ein Aspekt dieses Verhaltens. Je einseitiger Social Media von Unternehmen genutzt wird, desto geringer der Unternehmensnutzen, gemessen an den Möglichkeiten permanente Wettbewerbsvorteile mit und durch Social Media zu erzielen.

Was kennzeichnet die Nutzungsphase von Social Media durch Unternehmen?

Beantworten wir diese Frage am Beispiel prägender Faktoren einer nachhaltigen Social Media Nutzung.

Strategie: die Unternehmen setzen eine Social Media Strategie ein, die die Veränderung von Geschäftsmodellen und -prozessen berücksichtigt und auf konkrete Unternehmensziele ausgerichtet ist. Diese Strategie ist auch darauf angelegt die Investitionen in Social Media nachhaltig zu gestalten, zu sichern und wirksame Wettbewerbsvorteile zu etablieren.

Informationsgewinnung: Social Media bietet eine sehr umfassende Möglichkeiten Informationen über Bedarf, Verhalten, Einstellungen und Meinungen von Social Media Nutzern zu generieren. Dieses Profiling ermöglicht nicht nur schnellere Informationsgewinnung und eine höhere Marktorientierung des Unternehmens – was aus Grund für die Social Media Nutzung an sich schon ausreichend wäre. Auf der Basis dieses Wissens können Unternehmen erstmals in großem Umfang proaktiv agieren und sowohl Neukundengewinnung, Verkauf und Kundenbindung auf einer höheren Leistungsebene betreiben. Flapsig ausgedrückt, können wir Angebote individuell, rechtzeitiger und passgenauer unterbreiten, bevor ein Wettbewerber ohne diese Fähigkeit den Bedarf überhaupt erkennen kann.

Partizipation: sinnvolle Beteiligungsmöglichkeiten ermöglichen es Teile des Marktes zu aktivieren und so nachhaltige Wettbewerbsvorteile zu generieren. Wenn Marktteilnehmer die bislang passiv auf Impulse des Unternehmens reagiert haben, aktiv im Sinne des Unternehmens agieren, kann und wird dies die Markt- und Wettbewerbsverhältnisse deutlich verändern.

Der Schritt in eine nachhaltig erfolgreiche Social Media Nutzung erfordert – wie nicht zuletzt die beiden Beispiele Informationsgewinnung und Partizipation demonstrieren – neben einer entsprechende Strategie auch eine entsprechende Infrastruktur, die dies leisten kann. Um nachhaltige Wettbewerbsvorteile zu etablieren oder nachhaltige Wettbewerbsnachteile zu vermeiden, sind Faktoren wie diese beiden unverzichtbar. Die Standardplattformen unterstützen die Voraussetzungen dafür mehr oder weniger unzureichend bis gar nicht.

Dazu kommt, das die Social Media Strategien vieler Unternehmen sich eher in einem Stadium der Orientierung befinden. Gleichzeitig erfahren zugleich mehr und mehr Unternehmen, wie mühsam es ist, eine unstrukturiert aufgebaute Reichweite am Leben zu erhalten. Die Gefahr, dabei den Schritt in eine erfolgreiche Social Media Nutzung zu verpassen, oder in der Social Media Nutzung ganz abgehängt zu werden, wächst dadurch.

Ein Kernelement dieser Nutzungsphase von Social Media durch Unternehmen ist die Fähigkeit der Unternehmen eine Social Media Infrastruktur zu gestalten und zu nutzen, die eine nachhaltige Informationsgewinnung und Partizipation ermöglicht. Wer als Unternehmen dieses Herzstück einer nachhaltigen Social Media Nutzung nicht besitzt und als Instrument beherrscht, wird kaum den Nutzen aus Social Media ziehen können, den Social Media ermöglicht.

Typisch für die Nutzungsphase von Social Media ist auch die Erweiterung des Social Media Einsatzes. Bislang finden wir Social Media vor allem in der Kommunikation von existierenden realen persönlichen sozialen Netzwerken (das ist der reale persönliche Freundes-, Bekannten- und Kollegenkreis) und von virtuellen persönlichen sozialen Netzwerken (die Menschen, mit denen wir vernetzt sind, die aber nicht unserem realen Freundeskreis angehören).

Social Media at Work ist ein Schlagwort, das für diese Erweiterung des Social Media Einsatzes steht. Die Kommunikationstools von Social Media sollen Information und Kommunikation in Unternehmen verbessern, also Teil und Motor einer effizienteren Zusammenarbeit werden.

Dahinter steckt ein enormes Marktvolumen an dessen Erschliessung bereits einige Softwaregiganten intensiv arbeiten. Was nicht verwundert, weil die erzielbaren Erträge pro Social Media Nutzer in diesem Umfeld ein vielfaches dessen ausmachen, was mit dem privaten Social Media Nutzer bislang zu verdienen ist.

Deutlich bremsend wirkt sich dabei allerdings aus, das viele Anbieter externer Social Media Services für die interne Kommunikation und Zusammenarbeit im Unternehmen ihre Datenbanken in den USA haben und damit die Sicherheit dieser Daten dadurch fragwürdig ist, das Dienste in den USA generell die (besseren) Möglichkeit haben auf solche Datenbanken unbemerkt zugreifen zu können.

Auch Facebook soll in diese Richtung Leistungen bieten, wird zum Beispiel von Spiegel Online bis AllFacebookDE spekuliert.

Handlungsbedarf prüfen

Vor einem Einstieg in die Social Media Nutzung aber auch als Orientierung und Überprüfung einer vorhandenen Social Media Nutzung macht es Sinn, einige grundsätzliche Fragen dazu zu stellen um weitere Investitionen in Social Media auf eine solidere Basis zu stellen und die eine oder andere Sackgasse zu umgehen. Verstehen Sie die nachfolgenden Fragen als Anregung dazu, sich mit dem Stand und Standard der eigenen Social Media Aktivitäten auseinander zu setzen.

  • Berücksichtigt unsere Social Media Strategie das Veränderungspotenzial von Social Media für unser Geschäftsmodell? Kennen wir diese Auswirkungen mit ausreichender Sicherheit?
  • Ist unsere Social Media Strategie klar auf konkrete Unternehmensziele ausgerichtet? Oder ist unsere Social Media Strategie mit zu vielen (unklaren) Zielen überfrachtet?
  • Entspricht unser genutztes Social Media Format unseren Unternehmenszielen? Kennen wir die Wettbewerbsrisiken aus unserem Social Media Format?
  • Sind die Bestandteile unserer Social Media Strategie auf ihre Wechselwirkungen und Kompatibilität untereinander und mit dem gewählten Social Media Format geprüft? Wie haben wir Kompatibilitätsprobleme gelöst und wie ist diese dokumentiert?
  • Wie sichern wir die Investition in den Aufbau von Reichweite und die Aktivität unserer Reichweite in Social Media?

Diese Fragen sind alles andere als einfach zu beantworten und sie reichen als Social Media Audit auch nicht aus und sollten als Anstoss sich mit dem Thema zu befassen auf einige der Grundsatzfragen rund um das Thema Social Media Strategie hinweisen. Jedes Fragezeichen bei diesen wenigen Fragen ist allerdings ein sicheres Warnsignal dafür, das diese Strategie nicht ganz zu Ende gedacht ist.

Handlungsoptionen

Sollten Sie die Prüfung des individuellen Handlungsbedarf vor ungeklärte Fragen stellen, empfehle ich Ihnen,

Was kommt nach der Nutzungsphase von Social Media?

Nach dem Ende der Party und nach reichlich Arbeit wird sich zeigen, was von dieser Investition in Social Media Bestand hat. Social Media steht eben nicht nur für ein freundliches kommunizieren sondern auch für einen extremen Verdrängungswettbewerb. Nur wenige Unternehmen werden es schaffen sich in Social Media die aktive Unterstützung des Marktes zu sichern. Der Rest der Unternehmen wird mit einem permanenten Wettbewerbsvorteil zurecht kommen müssen.

Social Media wird zu diesem intensiveren Verdrängungswettbewerb führen, weil die Unternehmen hier in einem umfassenden Wettbewerb um die Aufmerksamkeit und das Engagement „ihrer“ Social Media Nutzer stehen. Da

  • weitaus mehr Unternehmen um Aufmerksamkeit und Engagement kämpfen als Zeit und Bereitschaft sich für ein Unternehmen oder eine Marke zu engagieren vorhanden sind, und
  • Social Media digitale Gene hat,

wird es zwangsläufig deutlich mehr Verlierer als Gewinner geben. Nur wer seine Social Media Strategie auch auf diese Situation ausgerichtet und entsprechend gestaltet hat, hat eine Chance zur glücklichen Minderheit – den Profiteuren von Social Media – zu gehören.

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Veröffentlicht von

Wilfried Schock

ist seit 1980 im Marketing unterwegs und hat seit 2006 seinen Schwerpunkt in Social Media. Heute bildet er Social Media Manager aus, entwickelt Methoden rund um das Thema Social Media Strategie und digitale Geschäftsmodelle und berät Unternehmen in diesen Feldern.