„Internet made in Germany“ – Datenschutz als Standortvorteil?

In Meedia wird Ralph Dommermuth, Gründer und Vorstandschef der United Internet AG, mit Angriffen auf die Datensammelwut von Google, Facebook und Apple im Zusammenhang mit seiner Initiative „Internet Made in Germany“ zitiert.

Es steht mir fern, den Datenhunger von Google, Facebook oder Apple zu verteidigen. Ich teile die Meinung, das diese Unternehmen auf Ihrem Gebiet faktisch Monopolisten sind. Daß amerikanische Unternehmen – und nicht nur Google, Facebook oder Apple – seit Clinton den US-Sicherheitsbehörden – und nicht nur dem FBI – einen Zugang zu ihren Daten einräumen müssen, ist übrigens in den USA geltendes Recht. Sich darüber zu ärgern, ist überaus nachvollziehbar. Das wir das seit Jahren stillschweigend akzeptieren, ist allerdings unser – politisches – Problem.

Diese drei Monopolisten sind im Markt durch ihre Leistungen marktbeherrschend und es bedarf keiner Erlaubnis um Google, Facebook oder Apple mit besseren Angeboten aus dem Markt zu werfen. Denke ich an die Innovationsversuche von GMX und web.de, fällt mir spontan unddu.de ein – der kläglich gescheiterte Versuch eine Social Network Plattform für das große Nutzerpotenzial von web.de und GMX zu etablieren. Mit dem Argument des Datenschutzes als Wettbewerbsvorteil versuchen sich bereits die VZs mit ausgesprochen mäßigem Erfolg.

Sich darüber zu ärgern, das amerikanische Unternehmen sich an geltendes US-Recht und nicht an den deutschen Datenschutz halten ist genauso wenig nachvollziehbar, wie zu erwarten, das deutsche Unternehmen in allen ihren internationalen Niederlassungen deutsche Standards – von der Mitbestimmung über die Urlaubsregelung bis zur Bezahlung – anwenden.

Bislang stand „Made in Germany“ eher für ausgezeichnete Produkte, als für Gesetzestreue als Standortvorteil. Es wäre schon schön, wenn man mehr über die innovativen Inhalte dieser Kampagne erfahren würde, als den Hinweis: wir halten uns als Unternehmen an geltendes Recht. Das war doch hoffentlich immer so. Oder ist das schon die ganze Substanz der Kampagne? Meedia scheint da nichts erwähnenswertes aufgefallen zu sein und als ich „Internet Made in Germany“ suchte (googelte), fand ich diesen interessanten Artikel bei Spiegel Online. Das ist auch deutsche Internetrealität.

 

Cool Media? Verleger fordern freien Zugang zum iPad

Das ich das noch erleben darf: Die europäischen Verleger fordern freien Zugang zum iPad. Sie wollen selbst frei über Preise und Abrechnung bestimmen, ohne das man ihnen von Apple ein Geschäftsmodell vorschreibt. Quelle: turi.

Cool Media: das iPad gehört allen. Deshalb propagieren die europäischen Verlage freien Zugang zu den Produktionsmittel der Zukunft, sofern sie nicht den Verlagen selbst gehören, versteht sich.

Kapitalismus ist b̦se Рwenn man den Markt nicht selbst beherrscht.

Vor nicht allzu langer Zeit ist der Versuch, ein sozialistisches „Geschäftsmodell“ mit Hilfe einer Mauer durchzusetzen, gescheitert. Der Versuch, Geschäftsmodelle auf der Grundlage einer medialen Mauer zwischen der Internetnutzung via iPad und PC aufzustellen, ist nicht wirklich zeitgemäß.

Die Kompetenz der Verlage in Sachen Internet ist bekanntlich beeindruckend. Der Versuch jetzt via iPad Geschäftsmodelle zu etablieren, mit denen redaktioneller Content kostenpflichtig wird, während er auf Websites weiterhin kostenlos angeboten ist, hat möglicherweise etwas verlockendes. Das dabei unterschätzt wird, wie instabil die technische Basis dieses Geschäftsmodells sein kann, hat sich ja nicht zuletzt am Beispiel der BILD-App gezeigt. Eine kleine Korrektur in den Einstellungen des iPad – für die es diverse Apps gibt – und schon ist die Benachteiligung des iPads verschwunden.

Selten blamiert sich eine ganze Branche so konsequent: Wir haben den Trend der Zeit verpasst und verschlafen weiter ungeniert die Zukunft, deshalb brauchen wir Sonderrechte und gehören unter wirtschaftlichen Artenschutz. Ist das die ernsthafte Bitte um Hartz IV für Verlage – sprich Subventionen – oder nur ein weiteres peinliches Beispiel von Kommunikation ohne nachzudenken?

Übrigens: Was wohl die europäischen Verlage sagen würden, wenn andere Branchen von ihnen einen freien Zugang zu ihren Medien fordern würden, bei der die Nutzung ihrer Verlagspubliktionen nicht von den Geschäftsmodellen und Preisvorstellungen der Verlagshäuser eingeschränkt würde?

Letztlich fordern die europäischen Verlage von Apple, das man dort sein erfolgreiches Geschäftsmodell verändert, weil die Verlage selbst nicht in der Lage sind ein ausreichend erfolgreiches eigenes Geschäftsmodell für das Internet aufzubauen.

Apple unterläuft die Verlagswelt – Facebook kann mehr

Im Augenblick entzündet sich Kritik an Apple und dessen Erfolg. Wer die Geschichte von Apple als dem ewigen Nischenanbieter kennt, wird sich womöglich die Augen reiben. Dabei ist Apple für die Medienwelt – und nicht nur für sie – eher ein kleineres Ärgernis als ein ernsthaftes Problem.

Wer bei Apple über die Marktmacht durch den Marktanteil bei iPad bei Tablett PCs jammert, stört sich über einen Stein auf seinem Weg und übersieht möglicherweise den Berg dahinter. Ein Blick auf die strategischen Optionen und aktuellen Aktivitäten von Facebook relativiert das „Ärgernis“ App Store. Apple demonstriert nicht mehr oder weniger als die konsequente Nutzung seines Marktpotenzials bei Tablett-PCs – einem insgesamt gesehen immer noch überschaubaren Markt.

Bei Facebook erkennen wir ein Marktpotenzial das deutlich größer ist als das von Apples iPad, iPhone und iTunes und mehr Branchen betrifft als lediglich die Verlagswelt.  Die Optionen von Facebook sind nicht geringer als die von Apple. Sie fallen nur derzeit noch nicht auf, weil die dafür erforderlichen Instrumente gerade erst entstehen. Ein Ausblick auf Facebooks Optionen und die Schritte zu deren Umsetzung finden Sie hier.

Was, wenn der Wettbewerb wirklich ernst wird?

Die Verlagswelt sieht sich – am Beispiel Apple, vor allem aber in der Herausforderung durch das Internet – einem Innovationswettbewerb gegenüber, der zugleich die Züge eines asymmetrischen Wettbewerbs zeigt. Mit dieser Situation scheint die Verlagswelt überfordert zu sein.

Innovative Produkte und Leistungen für das Internet? Bislang ist sind zumindest die deutschen Verlage  damit nicht bekannt geworden. Man versucht verzweifelt alte Geschäftsmodelle auf das Netz aufzupfropfen.

Die neuen Wettbewerber sind Unternehmen, die sich Marktpotenziale über technische basierte Reichweiten (Apples iPhone und iPad) oder über kommunikativ-soziale Reichweiten (Facebook und andere Social Network Plattformen) gesichert haben und nun beginnen diese Reichweiten wirtschaftlich zu nutzen. Wie das Beispiel Apple und die ersten Ansätze von Facebook aufzeigen, wird Werbung bei der Monetarisierung dieser Reichweiten nicht mehr lange die wichtigste Rolle spielen. Dann werden nicht nur die Verlage eine neue Qualität des Wettbewerbs kennen lernen. Es ist nur zu hoffen, das wir aus anderen Branchen innovativere und erfolgversprechendere Antworten auf diese Herausforderungen zu sehen bekommen. Die europäischen Verlage leiden nach meiner persönlichen Einschätzung weniger unter Wettbewerb als unter der Qualität ihrer Antworten auf diesen Wettbewerb.