Social Networks und Baggerwiesen Рdas existenzielle Problem der Partnerb̦rsen

Am Wochenende schrieb der Focus über einen gescheiterten Versuch der Holtzbrinckgruppe für seine Online-Partner-Börse Parship einen Käufer zu finden. Das Problem: Parship hat aus der Sicht des Focus seinen Zenit überschritten. Der nachfolgende Vergleich mit StudiVZ ist nicht wirklich schmeichelhaft und vielleicht auch nicht ganz zutreffend, führt aber trotzdem in eine richtige Richtung.

Existenzielle Risiken von Partnerbörsen

Parships Anspruch als Partnerbörse ist sicher elitär.  Die Qualität seiner Leistung mag ich nicht beurteilen, da ich seit sehr langer Zeit glücklich in festen Händen bin. Die Bedeutung der Social Network Plattformen für die Partnersuche im weitesten Sinne kenne ich allerdings aus dem Betreiberblickwinkel.

Das Geschäftsmodell der Online-Partnerbörsen steht in der Nachfolge der klassischen Partnervermittlung. Man versucht mit möglichst vielen relevanten Kriterien passende Kandidaten zusammen zu führen und einander vorzustellen. Dieser Methode stehen die Social Network Plattformen – quasi als Nachfolge der Real-Life-Baggeerwiesen – gegenüber.

Wo die Möglichkeit besteht eine große Anzahl potenzieller Partner aufgrund mehr oder weniger aussagefähiger Profile kostenfrei ansprechen zu können, sinkt nach meiner Einschätzung der Bedarf an einem kostenintensiveren Vermittler, der einem diese Aufgabe erleichtern kann, aber dafür mit einem deutlich geringeren Pool an potenziellen Partnern aufwarten kann.

Partnerbörsen – das ist jetzt meine ganz persönliche Einschätzung – haben mit einem permanenten Risiko zu kämpfen. Ihre Existenz basiert eher auf einem Leistungsdefizit bestehender Social Network Plattformen, als auf einem eigenen stabilen Fundament. Je mehr es bestehende Social Network Plattform erleichtern interessante neue Menschen kennen zu lernen, desto mehr wird das Geschäftsmodell der Partnerbörsen obsolet. Derzeit schwächen die vorhandenen Social Network Plattformen noch, was diesen Punkt angeht, aber der Wettbewerb mit Facebook – der schon entschieden ist – zwingt zunehmend sich eine hübsche Nische mit einer Existenzberechtigung zu suchen. Facebook hilft dabei bestehende Freunde zu pflegen, aber es hat Schwächen wenn es darum geht interessante und relevante neue Leute kennen zu lernen.

Fazit

Je mehr diese Schwäche von anderen Social Network Plattformen aufgegriffen und mit sinnvollen Möglichkeiten und Angeboten genutzt wird, desto schwerer wird es für die Betreiber von Partnerbörsen sich in einem so veränderten Umfeld wirtschaftlich zu behaupten. Wer eine Online Partnerbörse wie Parship zu Geld machen will oder damit Geld verdienen will, sollte sich auf diese Aussichten möglichst schnell und kreativ einstellen.

Chancen

Risiken sind immer auch nur eine Seite der Medaille. Wo Risiken sind, lassen sich auch Chancen finden. Die intelligente Nutzung von Social Network Plattformen kann – bei entsprechender Social Media Kompetenz und Architektur auch ein Beschleuniger für das Vermittlungsangebot sein.

 Dementi

Aktuell dementiert Holtzbrinck, das Parship rote Zahlen schreibt.

Auch Holtzbrinck lernt dazu – VZs vor dem Verkauf?

Ein Ende absehbar?

In der FTD wird darüber berichtet, das der Holtzbrinck Verlag sein Digitalgeschäft unter die Lupe nimmt. In dem Zusammenhang wird auch der Verkauf der VZ Gruppe nicht mehr ausgeschlossen.

Dieser Schritt ist an sich nicht überraschend. Ãœberraschend ist eher, wie lange es dauerte, bis man diese Konsequenz mit in die Handlungsalternativen aufnahm. Gegen Facebook findet man bei den VZs kein Mittel und an Erfolg versprechenden Ideen für Geschäftsmodelle jenseits der Werbung ist von den VZs wenig zu sehen. Das Investment asap zu liquidieren um zu realsieren, was noch möglich ist, klingt nach einer logischen Alternative, wenn da nicht die Frage aller Fragen wäre? Wer will die VZs kaufen und wieviel ist von einem Verkauf noch zu erwarten, wo die beiden entscheidenden Punkte – Wachstum und Ertragspotenzial – wenig begeisternd sind. Wenn die VZs abgestossen werden können, dann letztlich nur über den Preis.

Wie sehen die Handlungsalternativen für Holtzbrinck aus?

Weiter wie bisher wird zumindest eine immer weniger realistische Handlungsalternative. Die VZs verlieren stetig an Boden und Attraktivität und erweisen sich als hilflos gegenüber dieser Entwicklung. Das es anderen Social Network Plattformen ebenso ergeht, ist für Holtzbrinck sicher kein Trost. Zudem zeigt ein etwas genauerer Blick auf die Branche, das es eben auch Plattformen gibt, die auch in den Zeiten von Facebook deutsche Social Network Plattformen weiter wachsen können. Ein Blick auf die letzen Ergebnisse in agof und die Suche nach KWICK! in den Ergebnissen führt zu einem solchen Beispiel.

Eine Trendwende bei den VZs erfordert allerdings einen enormen Kraftakt und die dafür nötige Kompetenz. Ob der Anteilseigner die Geduld dafür hat, ist jetzt mit einem deutlichen Fragezeichen zu versehen. Das es den VZs an Ideen für einen Turnaround fehlt, hat man dort deutlich genug unter Beweis gestellt. Dort noch einmal das Management auszuwechseln, ist sicher eine Voraussetzung für eine Trendwende, aber eben kein Erfolgsgarant, wie sich mehrfach gezeigt hat. Die nötige Kompetenz für einen Turnaround dürfte alles andere als leicht zu finden sein. Und ob der Markt die dafür nötige Zeit noch gibt, steht auf einem anderen Blatt.

Handel statt handeln

Insgesamt hat Holtzbrinck seine Gewinne im digitalen Geschäft weniger mit dem Betrieb von Plattformen als mit dem rechtzeitigen Einstieg und vor allem Verkauf erzielt. Bei den VZs wird sich dies bei einem Verkauf eher umgekehrt darstellen. Zu spät und zu teuer gekauft und zu spät und zu billig verkauft. Es steht also tatsächlich eher zu erwarten, das man lieber heute als morgen verkaufen würde, um noch möglichst viel von diesem Investment zurück zu bekommen. Die Zeit spielt hier deutlich gegen Holtzbrinck.

Lycos R.I.P

Fischmarkt meldet in einem knappen Artikel das Ende von Lycos. Besonders bemerkenswert ist die Formulierung von Christoph Mohn und die Ergänzung von Fischmarkt:

„Obwohl Lycos Europe – gemessen an der Reichweite – zwischenzeitlich größtes europäisches Internet-Portal war, ist es uns nicht gelungen, unsere Geschäftsmodelle in steigendem Maße zu monetarisieren“, stellt Christoph Mohn fest. Unsere Geschäftsmodelle zu monetarisieren? Was dieser Satz bedeutet, ist klar: Es gibt keine Idee, wie mit Lycos jemals Geld zu verdienen wäre.

Irgendwie klingt dieser Text sehr nach Wiederverwertbarkeit. Streiche Lycos, setze…….

Bei den social networks kämpft der Marktführer StudiVZ / SchülerVZ  mit dem gleichen Problem. Stellt sich die Frage ob man im Hause Holtzbrinck so lange wartet, wie im Hause Bertelsmann, bevor man ebenfalls die Notbremse zieht. Und letztlich – als Konsequenz dieser Situation – wie viel Facebook heute noch bereit ist für den Verlustbringer aus dem Hause Holtzbrinck zu bezahlen.