Hubert Burdas Bedenken und die Realität dahinter

Hubert Burda, 73, hat sich wieder für das Internet stark gemacht. Das ist nichts Neues. Zu dem Thema hat sich Herr Burda in seiner Branche  geäussert, als die Welt der Verleger noch heil war und es dafür nur ein warmes amüsiertes Lächeln gab.

Beim European Publishers Council ging es ihm um die Chancengleichheit im Netz. Um massive Wettbewerbsnachteile europäischer Medienunternehmen bei der Internetnutzung im Vergleich mit  Facebook oder Google. Diese Wettbewerbsnachteile müssten abgebaut werden.

Gleiches Recht und faire Chancen im Wettbewerb sind keine unangemessenen Forderungen. Nur eben bereits unrealistische, wenn man die Gegenwart realistisch betrachtet. Wir haben es „im Internetbusiness“ mit

  • einer amerikanisch geprägten technischen Infrastruktur,
  • amerikanischen Spielregeln
  • marktbeherrschenden Stellungen von US Firmen in Schlüsselstellungen

zu tun. Die Gründe dieser Entwicklung sind allgemein bekannt. Das Internet ist eine amerikanische Entwicklung, die Technik wurde dort zuerst voran getrieben, die Innovationskultur war und ist ausgeprägter entwickelt. Das hat zu dieser Situation geführt – eben weil das Thema in Deutschland wie in Europa zu lange als „Neuland“ kritisch beäugt, auf Distanz gehalten oder möglichst vertagt wurde.

Betrachtet man in diesem Kontext die peinliche Hilflosigkeit Europas in der NSA Krise, wird die Abhängigkeit vom goodwill der USA noch deutlicher. Warum sollte eine Volkswirtschaft eine derart wichtige Vormachtstellung reduzieren?

Burdas Bedenken – angebracht aber zu kurz gedacht.

„Wenn Europa im Consumer Internet abgeschlagen bleibt, wird sich dies bald auch auf die Automobilindustrie, den Biotechnologiesektor oder die Medizintechnik auswirken, wo diese Schlüsseltechnologien verstärkt zur Anwendung kommen.“

Wenn es das nur wäre, könnte man seufzen, obwohl bereits diese Aussicht alles andere als erfreulich ist. Es kann deutlich schlimmer kommen und es kann nicht nur die Wirtschaft – b2b wie b2c – betreffen, sondern alle Bereiche unserer Gesellschaft.

Diese „Schlüsseltechnologien“ können u. a. auch die Nachfrage zunehmend kanalisieren. Das sie dies heute noch nicht passiert, liegt nicht daran, das es sich um Zukunftsmusik handelt, sondern daran, das die Konzerne vor lauter Möglichkeiten und globalen Chancen nicht dazu kommen, alle Potenziale gleichzeitig zu erschliessen. Big Data ist nicht zuletzt eine enorme technische Herausforderung.

Branchen killen – ein kleiner Ausblick

Das Beispiel Tourismus

Stellen wir uns vor, was Social Media mit der Tourismusbranche machen kann – einer Branche, die nicht gerade angeschlagen ist oder mir schlechter Zukunftsaussicht hadert. Zu Burdas Unternehmen gehört auch Holidaycheck – eine Bewertungsplattform für touristische Angebote. In der Tourismusbranche kennt man – auch dank Holidaycheck – die Auswirkungen von Social Media auf Kaufentscheidungen.

Ein Unternehmen wie Facebook kann relativ schnell – durch seine Möglichkeiten im Profiling und die Kenntnisse der Bedürfnisse seiner User –

  • eine Plattform wie Holidaycheck obsolet machen. Das könnte möglicherweise dem Hause Burda missfallen.
  • die Vertriebs- und Vermarktungswege der ganzen Branche umgehen und aushebeln – durch den direkten Zugang zum Kunden. Das muss aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung uns allen missfallen.

Wie kann Facebook eine Branchen wie die Tourismusbranche aushebeln? Facebook könnte

  • mit einem besseren Timing
  • die für den Kunden relevanteren Produkte in Verbindung
  • mit den Empfehlungen des sozialen Umfelds vermarkten.

Bevor andere Anbieter überhaupt zum Zug kommen. Oder dieses know how entsprechend meistbietend vermarkten. Das würde dann zu Lasten der Reisebüros, der Onlinevermarkter und anderer Vermarkten, aber auch zu Lasten der Reiseanbieter gehen, die entweder diesen Kanal nutzen und bezahlen oder strategische Wettbewerbsnachteile erleiden.

Einem Unternehmen, das dieses Potenzial hat, bieten sich verschiedene Optionen:

  • die Nutzung für Marketingdienstleistungen (Werbung) – das ist status quo und am einfachsten zu realisieren. Die Tourismusbranche wird kaum strukturell tangiert. Das Unternehmen verdient relativ gesehen wenig, hier macht es die Masse.
  • die Nutzung von Vermarktungsdienstleistungen (Affiliatemarketing) – das ist relativ anspruchsvoller und noch nicht status qo. Die Tourismusbranche wird in seiner Vermarktungsstruktur stärker tangiert und das Unternehmen verdient schon etwas mehr. Die Reiseanbieter werden stärker von dieser Vermarktungsstruktur abhängig, weil Onlineanbieter und Reiseanbieter weniger effizient arbeiten können.
  • die selektive Nutzung von Produkten und Anbietern. Eigene Produkte oder selektive Bevorzugung von Partnern verändert die Branchenstruktur. Global Player können sich damit „über Nacht“ strukturelle Wettbewerbsvorteile in regionalen Märkten sichern. Reiseanbieter werden zunehmend abhängig.

Wenn Sie dieses Szenario für überzogen halten, werfen Sie doch bei Gelegenheit einen Blick auf den LEH. Dort hat  ein vergleichbarer Prozess unter schwierigeren Rahmenbedingungen stattgefunden.

Wie relevant ist das?

Die Wertschöpfung der Tourismusbranche in Deutschland liegt mit 9,7% der Bruttowertschöpfung in Deutschland über der der Fahrzeugindustrie. Es geht hier also weniger um lousy pennies als um Big Business und sehr, sehr viele Arbeitsplätze.

Was wären die Folgen, wenn es General Motors gelänge, VW, DB, Audi und BWM mal in drei bis fünf Jahren auf die Hälfte ihrer wirtschaftlichen Bedeutung zurück zu fahren? Skurrile Vorstellung, nicht zuletzt weil es sich um sehr unterschiedliche Produkte handelt. Im touristischen Szenario ist die Produktqualität und Bandbreite schlicht die gleiche.

Ob und wann ein Unternehmen wie Facebook auf die Idee kommt, sein Potenzial in einer Branche zu nutzen, die allein in Deutschland in 2012 eine Wertschöpfung von knapp 100 Mrd € erzielt hat, ist offen. Die volkswirtschaftliche Bedeutung bezieht sich auf eine Vielzahl von Branchen. Die Entwicklung eigener oder europäischer Konzepte und deren Vorlauf lassen es geraten sein, diese Möglichkeit nicht auszuschliessen oder auf eine ferne Zukunft zu verschieben sondern sich zeitnah darauf einzustellen.

Gefährdete Branchen?

Unerfreulicher Weise sind nicht nur Medienunternehmen oder Tourismusbranche gefährdet von diesen „neuen Schlüsseltechnologien“ tangiert zu werden. Letztlich zieht sich das quer durch alles b2c Branchen und auch b2b wird davon tangiert. Einige Berufszweige könnten sehr bald nur noch nostalgische Gefühle produzieren.

Handlungsalternativen?

Die Fahrzeugbranche und deren Bedürfnisse waren schon unter Kanzler Schröder „Chefsache“. Unter Kanzlerin Merkel und ihren Nachfolgern wird dies kaum anders sein. Diese Schlüsseltechnologien – um Herrn Burda zu zitieren – tangieren mehr als „nur“ den Wohlstand den die Fahrzeugbranche schafft. Diese Schlüsseltechnologien tangieren deutlich mehr Branchen als sie unbeeinflusst lassen.

Was unseren Wohlstand gefährdet sind wir selbst. Die Unternehmen, die zögerlich warten, die Politik, die das Thema nicht anpacken will, weil sie es nicht versteht oder die Priorität nicht erkennt.

Erschwerend kommt dazu, das Deutschland hier längst nicht mehr allein handeln kann – wenn es denn handeln wollte. Wir brauchen eine Europäische Lösung. Für ein Internet, dessen Neutralität wir selbst sichern können. Für Regeln, die auch marktgemachte Monopole bändigen. Ansonsten werden wird Europa durch die Hintertür auf einem strategisch wichtigen Feld rekolonialisiert. China hat dieses Risiko für sich selbst ausgeschlossen – wenn auch teilweise aus ganz anderen Gründen.

Also, lieber Herr Burda, bleiben Sie hartnäckig, laut und deutlich weiter am Ball. Für die Medienbranche, aber eben nicht nur. Es ist nötig. Die Realität wird ansonsten unerfreulicher als uns das lieb sein kann. Und vielleicht wecken Sie ja den einen oder anderen Kollegen oder Politiker.

Content meets Commerce – eine empfehlenswerte Präsentation von Olaf Kolbrück

Olaf Kolbrück ist als Journalist für das Thema Internet und eBusiness bekannt. In seiner empfehlenswerten Präsentation  Content meets Commerce befasst er sich mit den Reaktionen der Verlage auf die Herausforderungen des Internets.

 

Olaf Kolbrück zeigt in der Präsentation auf, wie Verlage bereits heute Content in Verbindung mit Commerce nutzen und einsetzen und wie Content als Zubringer für Produkte und Angebote fungiert.
Die Präsentation ist schon deshalb empfehlenswert, weil sie aufzeigt, wie man die Herausforderung des Internets bereits meistern kann.
eCommerce ist allerdings nicht nur eine inhaltliche und technische Herausforderung für Verlage. Sie befinden sich hier in einem Wettbewerb mit den Betreibern von Social Network Plattformen. Für diese – insbesondere für Facebook – dürfte das Thema eCommerce nicht weniger relevant sein. Und Google wird an diesem Thema auch partizipieren wollen.

Die unterschiedlichen Ausgangssituationen im Wettbewerb

Als Vorteil gegenüber Google und Social Media Plattformen steht den Verlagen der Content zur Verfügung den sie bereits haben, bzw. die Kompetenz und Kapazität um Content zu produzieren.
Die Social Media Plattformen wiederum beherrschen die Plattformen auf denen die sozialen Interaktion zu den Produkten und Angeboten stattfindet.
Google hat – lässt man Google+ einmal außen vor – vor allem die Möglichkeit aktuelle, aktive Nachfrage über Suchanfragen auszufiltern und Anbietern zur Verfügung zu stellen.

Der Wettbewerbsvorteil der Verlage

Verlage haben dann einen Wettbewerbsvorteil wenn sie
  • Content bieten können, den andere Srtukturwettbewerber (wie Facebook) so nicht bieten können und
  • wenn sie dadurch eine eigene, unabhängige Reichweite aufbauen können, die nicht umgangen werden kann .
Content, der externe Social Media Plattformen für die Verbreitung benötigt, spielt dem Wettbewerber in die Hände. Der kann in einem solchen Fall auf seiner Plattform eCommerce-Angebote passend zu diesem Content einblenden, wie auch passend zur Kommunikation über diesen Content.
Die Krux dieser Situation: wenn einzelne Verlage ihren Content in Facebook einstellen oder via Facebook vermarkten, kann das individuell ein Vorteil sein.

Technische, kommunikative und finanzielle Herausforderungen

Um auf Dauer Wettbewerbsfähig zu sein, müssen die Verlage über die Qualität ihres Contents und eine sehr direkte Einbindung von Produkten erfolgreich sein. Das erfordert eine hohe kommunikative Reichweite und technische Standards und Schnittstellen um Produkte unterschiedlichster Anbieter integrieren oder den User nahtlos direkt zum Produkt weiter leiten zu können.
Die Attraktivität dieser Inhalte muss groß genug sein, damit die User dorthin kommen um sich zu informieren. Und die soziale Leistungsfähigkeit dieser Plattformen muss groß genug sein, um die Kommunikation über die Inhalte und Produkte dann auch auf dieser Plattform zu halten.
Es wäre ein Pyrrhussieg, wenn man die User auf der eigenen Plattform informiert, die Kommunikation über Angebote aber auf Facebook stattfindet. Damit würde man diesem Strukturwettbewerber (Facebook) den passenden Impuls liefern um diese Produkte und Angebote für den Anbieter preiswerter einblenden zu können. Die Verlage hätten die Arbeit für den Content, Facebook in diesem Beispiel die Chance daraus Werbeumsätze zu generieren.

Sind die Verlage in der Lage Kommunikation zu halten?

Unterstellen wir die Kompetenz in den Verlagen, einen wettbewerbsfähigen Content zu generieren. Unterstellen wir den Verlagen auch die Fähigkeit attraktive Onlineplattformen für Content zu erstellen. Sind sie aber auch noch in der Lage diese Inhalte und diese Plattformen nachhaltig ohne die Hilfe externer Social Media Plattformen wie Facebook an den Leser zu bringen? Teilweise sicherlich. Kommen wir dann auf den Punkt der sozialen Kommunikation, wird es finsterer. Kaum ein Verlag ist in der Lage ein wettbewerbsfähiges soziales Netzwerk an seine Onlinepräsenz anzubinden und aktiv zu halten. Damit wird immer ein Teil des Erfolges über dies soziale Kommunikation in den Taschen von Facebook landen können.
Die Wettbewerbssituation wird für die Verlage dann noch schwieriger, wenn sich ein Strukturwettbewerber wie Facebook einzelne Verlagen nutzen oder das Thema Content selbst angehen wird.

Was bedeutet die soziale Kommunikation für den Commerce und den Content?

Es geht um das berühmte Empfehlungsmarketing, die kommunikative Reichweite, die damit aufgebaut und gepflegt werden kann und auch die Kaufempfehlung aus dem Freundeskreis. Für Commerce sind diese Punkte von hoher Bedeutung. Es ist nun mal ein Unterschied ob ich 5 oder 500 User in meinen Shop bekomme. Für das Contentkonzept, das Olaf Kohlbrück aufzeigt bedeutet die soziale Kommunikation nicht weniger. Ist sie in Händen der Verlage, lässt sich auf diesem Weg die Zukunft leichter sichern. Ist sie es nicht, gerät auch dieser Weg zu einem steinigen und in eine wachsende Abhängigkeit von externen sozialen Plattformen.

Die Beispiele der Präsentation sprechen für sich.

Wie weit sind die Erfolgsbeispiele aus der Präsentation in Social Media aktiv? Werfen wir zuerst einen Blick auf die soziale Reichweite der Beispiele in Facebook
  • Zooplus steuert in Facebook auf 40 Tausend Likes zu.
  • Zalando steuert auf 360.000 Likes zu
  • Otto ist mit seiner Fanpage auf dem Weg zur halben Million
  • Stylebook steuert auf die 15 Tsd. Likes zu
  • Instyle hat die 30.000 Likes Marke übersprungen
  • Joy ist kurz vor 40.000 Likes.

Der Content und die soziale Kommunikation der Shops wie der Medienmarken sind bereits weitgehend zu Facebook gewandert.  Die Community Angebote der Medienplattformen sind eher weniger aktuell und wettbewerbsfähig.

Content als Interessentenlieferant hat Zukunft

Die Frage ist nur, wer wie weit davon profitiert und wer wie viel darin investieren muss. Die Verlage werden auf dem eingeschlagenen Kurs bestenfalls den Teil des Kuchens erhalten, der one2one realisierbar ist. Wenn sie nicht die soziale Kommunikation zurück gewinnen – und dafür spricht wenig – sind das eher die Krümel als der Löwenanteil. Die Verlage selbst wissen, das durch die Einbindung von redaktionellen Inhalten in die soziale Kommunikation deren Reichweite deutlich erhöht werden kann (sofern man diese Methode beherrscht). Diesen grösseren Teil des Kuchens kann aber der Betreiber der Social Media Plattform  –  im Beispiel wie in der Realität Facebook –  leicht für sich erschliessen und wirtschaftlich nutzen. Dafür bleiben ihnen die Kosten des Contents.

Ein Beispiel macht dies deutlich:

In einem Verlagsmedium werden Schuhe redaktionell vorgestellt. Die Schuhe sind direkt zu einem Shop verlinkt. Die soziale Kommunikation findet in Facebook statt.

Die Userin A die direkt kaufen will, kommt ganz komfortabel direkt in den Shop und kann dort kaufen, wenn ihr die Schuhe und der Preis immer noch zusagen

Die Userin B, die erst über diese Schuhe mit Freundinnen diskutiert, kann über das passende Angebot in der sozialen Plattform zum Produkt geleitet werden. Vielleicht zum gleichen Shop, vielleicht in einen anderen. Sicher aber zu preiswerteren Konditionen.

Die Userin C, die in den sozialen Medien oder über die soziale Kommunikation von den Schuhen – oder dem Bericht darüber erfahren hat, kann direkt durch die Plattform zum Produkt geleitet werden.

 In den Fällen B und C haben wir es mit ganzen Freundeskreisen zu tun. Im Fall A mit einer Einzelperson.

Die Situation der Produktanbieter

Betrachtet man die Situation der Produktanbieter, ist es realistisch davon auszugehen, das diese nicht auf Social Media verzichten werden, auch wenn Verlage eine „Direkt-Verlinkung“ aus dem Content anbieten. Damit stehen die Costs per Visitor aus beiden Quellen im Wettbewerb. Raten Sie, wer die günstigere Kostenstruktur nutzen kann – der Verlag der gezwungen ist hochwertigen Content anzubieten und technisch in eine Direktverlinkung mit möglicherweise noch zu schaffenden Schnittstellen zu investieren oder die Plattform, die das Tagging des Contents und der Kommunikation mit Datenbanken von Anbietern matchen muss.

Fazit

Die Präsentation von Olaf Kolbrück ist kurz, prägnant und sehr zutreffend. Das Problem liegt auf der Seite der Verlage. Sie werden eher nur in Ausnahmefällen in der Lage sein, diese Chance wirklich umfassend und nachhaltig zu nutzen. Liegt die soziale Kommunikation nicht mehr in ihren Händen – und das ist eher der Normalfall als die Regel – bleibt ihnen nur der kleinere Teil des Kuchens und das wachsende Risiko, das Strukturwettbewerber das Thema Content genauso aufgreifen und nutzen werden, wie die Anbieter selbst.

 

[imn-medien]

Das Ertragsproblem der Medienhäuser im Internet

Ursache der Ertragsprobleme der Medienhäuser

Zeit einen subjektiven und distanzierten Blick auf die Ursachen zu werfen.

  • Der wirtschaftliche Wert der Medien basierte lange auf dem Wert der Nachricht. Verlässliche Nachrichten waren ein knappes Gut. Man bezahlte gern und gut dafür.
  • Zum Wert der Nachricht kam als zweite Ertragsgrundlage der Wert als Distributionskanal für kommerzielle Informationen. Dem eigentlichen Inhalt wurde Werbung beigefügt und damit ließ sich über lange Jahre ganz gut leben, weil es zu diesem Verbreitungsweg keine Alternativen gab und die auch dieser Weg lange Zeit ein knappes Gut war.

Auf diesen beiden Grundlagen ließ sich lange Zeit sehr gut verdienen. Gewinne waren bei einigermassen durchdachten Konzepten faktisch garantiert.

Evolutionäres Verhalten hilft nicht bei disruptiven Veränderungen

Nachrichten sind längst kein knappes Gut mehr und die Distributionskanäle für kommerzielle Informationen schossen rechts und links der etablierten Medien aus dem Boden wie Pilze, sind meist deutlich preiswerter, oft präziser und vor allem strukturell leistungsfähiger, weil interaktiv.

Das Internet und seine Möglichkeiten treffen die traditionellen Medien auf beiden Ebenen – Wert der Information und Wert als Distributionskanal – im Kern ihrer Substanz. Als wäre dies nicht Problem genug, verschärft die Dynamik der Entwicklung die ganze Situation noch.

Welche Antworten haben die Medienhäuser auf diese Herausforderung?

Die Übertragung bestehender Geschäftsmodelle hat Tücken

Der Versuch das hochrentable Geschäftsmodell früherer Zeiten auf das Internet zu übertragen, erinnert an den Versuch einem Rennsportwagen einen Kohletender anzuhängen. Im Netz bietet sich den Medienhäusern nur  einen Bruchteil des Ertrags, den sie bislang gewohnt sind und auf den sie sich betriebswirtschaftlich eingestellt haben. Die Anpassung der Unternehmensstrukturen an diese neue Situation erfordert Geld, die Investition in die neuen Medien ebenfalls. Man gibt also Geld dafür aus, künftig deutlich weniger zu verdienen. Je erfolgreicher man dabei ist, desto schneller wird man – relativ gesehen – weniger verdienen.

Neue Geschäftsmodelle erfordern mehr Dynamik und Innovation

Für beides sind die traditionellen Medienhäuser lange Zeit nicht  bekannt gewesen. Bevor man sich mit dem Thema Social Media befaßte, waren die ersten großen Claims verteilt. Was bislang als Antwort blieb war der Zukauf und die darauf folgende Erkenntnis, das man mit dieser Art von Geschäftsmodell seine Schwierigkeiten hat. Dies liegt sowohl in den unterschiedlichen Unternehmenskulturen, in gänzlich unterschiedlichen Entwicklungsstadien der jeweiligen Unternehmen als auch in den völlig unterschiedlichen Potenzialen.

Contentkanäle statt Ertragspotenziale – ein strategischer Irrtum

Wo sich Medienhäuser auf die Suche nach neuen Contentkanälen statt nach neuen Ertragspotenzialen machen, ist das Scheitern nahe. Wo Content im Netz nicht angemessen, geschweige denn vergleichbar bezahlt wird, machen neue Kanäle für teuer generierten Content nicht wirklich Sinn, denn diese werden die absehbaren Verluste von Print auf Dauer nicht ausgleichen können. Die Suche nach Ertragspotenzialen jenseits der direkten Vermarktung des Contents durch Werbung setzt das Eingeständnis voraus, das von den glücklicheren alten Zeiten zu wenig überdauern wird, um darauf allein eine Zukunft zu bauen.

Wege aus der Krise

Sicher gibt es keinen Königsweg, der für alle Situationen paßt. Trotzdem lassen sich Thesen erkennen, mit denen auseinander zu setzen hilfreich sein kann um Landmarken für individuelle Wege aus der Krise zu finden.

1. Halbherzigkeit schadet

Wir haben es mit sehr schnellen wie grundlegenden Veränderungen zu tun, die den Kern des Geschäftsmodells treffen. Sanfte, evolutionäre Anpassungen mögen generell der bessere Weg sein, sofern die Zeit und die Mittel dafür gegeben sind. Die Rahmenbedingungen geben diesen sanften Methode eher nicht die nötige Zeit.

Wer zu ertrinken droht, sollte aber besser nicht darauf warten, das ihm Kiemen wachsen.

Kurzsichtigkeit erfordert schnellere Reaktionen

Die Geschwindigkeit in der Entwicklung der neuen Medien erfordert eine um so weiter gehende strategische Sicht. Wer schnell unterwegs ist, braucht eigentlich einen größeren Sicherheitsabstand. Den aber gibt die Dynamik in der Entwicklung nicht her. Im Gegenteil – sie verringert die Weitsicht. Um so aufmerksamer und schneller muss im Unternehmen reagiert werden, ohne dabei hektisch zu werden. Das ist alles andere als einfach.

Wenn die Sicht schlechter wird, sollten Reaktionen schneller werden.

Konsequenz ist grausam, Inkonsequenz tödlich

Wenn ein Geschäftsmodell als absterbend erkannt wird, sollte man die Kuh nach Kräften melken und echte Alternativen aufbauen. Der berühmte alte Wein in neuen Schläuchen – oder neue Contentkanäle für alte Inhalte – sind definitiv keine Alternativen, lediglich halbherzig und innovationsfern. Das der dramatische Wettbewerbsdruck auch in konventionellen Geschäftsmodellen der Medien noch einmal für einen neuen Schub sorgen kann, indem man intellektuellen Ballast aus fetten Jahre über Bord wirft, sollte nicht darüber hinweg täuschen, das daraus keine blühende Zukunft sprießen wird.

Neue Kernkompetenzen gesucht

Wo die Kernkompetenz im Content und in seiner konventionellen Distribution liegt, ist Umdenken gefordert. Die künftige Kernkompetenz wird – meiner Einschätzung nach – eher in der Erschließung von Zielgruppen und deren Nutzung als umfassendes Ertragspotenzial für eine breite Palette von Angeboten liegen. Das dabei auch hochwertiger redaktioneller Content weiter seine Berechtigung haben kann, ist für mich unbestritten. Die neue Kernkompetenz beinhaltet die Fähigkeit Ertragspotenziale so zu erschliessen, das jedem User das für seinen aktuellen Bedarf passende Angebot vorgestellt werden kann. Der Weg dorthin ist fraglos noch weit und beginnt damit die Sichtweise auf das eigene Geschäftsmodell + vom Reichweitendienstleister, der lediglich Werbung einblendet hin zum intelligenten Vermarkter von Ertragspotenzialen, der seinen Kunden die individuelle Nachfrage erschliesst – der Gegenwart anzupassen.

Umorientierung tut Not

Um es ganz platt zu sagen: die Medienunternehmen werden mehr wie Google oder besser wie Facebook arbeiten und Ihren Usern künftig das passende Angebot zum individuellen aktuellen Bedarf anbieten können müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Das Problem dabei ist, das sie den Aufbau eigener Social Networks zu spät, gar nicht oder nur halbherzig betrieben haben und ihren Kunden jetzt in Form von Facebook der ganz große Bypass für die Unternehmenskommunikation zur Verfügung steht.

Zukauf als Lösung?

Der Kauf von Unternehmen mit funktionierenden neuen Geschäftsmodellen ist im Einzelfall sicher hilfreich, für die Medienbranche insgesamt aber keine Lösung. Diese Methode der Anpassung erfordert zu viel Zeit und führt eher dazu, das die Branche gegenüber Innovationstreibern weiter zurück fällt.

Auch wenn Facebook bei einem Börsengang nicht mit mehr als hundert Milliarden bewertet werden wird – die Dimension dieses Wettbewerbers hat die Möglichkeiten deutscher Medienunternehmen durch Zukauf im Markt zu bleiben längst überschritten.

Das Beispiel der zugekauften deutschen Social Networks – VZs, wkw, Lokalisten – zeigt nur zu deutlich, das die Medienunternehmen ihre Einkauf nicht wirklich zielführend nutzen konnten.

Vorhandene Chancen besser und schneller nutzen

In der intelligenteren Nutzung bestehender Medienmarken finden sich nach meiner Einschätzung eher relevante Chancen um in einer Vielzahl von Nischen in der Summe ein ausreichendes Ertragspotenzial für die Zukunft zu sichern. Die Zeit dafür ist allerdings nicht endlos. Je mehr Unternehmen den direkten Weg zum Kunden via Social Networks gehen, desto dünner wird die Luft für den Aufbau eigener wettbewerbsfähiger Angebot.

 

Medienkrise: Die fetten Zeiten sind vorbei

Zwei Indizien für ein Ende der fetten Jahre der Medien anbei als Grafiken. Beide stehen zwar für US-Verhältnisse, die Situation hier zu Lande ist aber analog zu sehen.
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Der Rückgang der Zahl der Beschäftigten ist sicher mit auch durch den technischen Fortschritt verursacht. Das Internet und seine verändernde Wirkung auf das Medienverhalten sind allerdings ebenso Teil des technischen Fortschritts wie Computerdruck oder moderne Redaktionssysteme, nur mit dem Unterschied, das hier der Markt sich ändert und nicht interne Abläufe und Kostenstrukturen.
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Betrachtet man das Ungleichgewicht von Nutzungsintensität und Bedeutung als Werbemedium zeigt sich bei den Tageszeitungen in dieser Grafik ein hoher Anpassungsbedarf. Berücksichtigt man dabei, das die Erträge in internetbasierten Werbekanälen deutlich geringer sind als in printbasierten, ist der Anpassungsdruck vor dem Tageszeitungen stehen, ein extrem hoher.

Medienkrise: Paid Content – woran der Wunsch der Medienhäuser scheitert

Die Diskussion der Medienhäuser dreht sich in zunehmender Intensität um die Möglichkeiten paid content im Internet durchzusetzen. So verständlich und legitim dieser Wunsch ist, seinem Erfolg stehen einige Fakten entgegen, die zu beeinflussen nicht in der Macht der Medienhäuser ist. Nein – es geht hier nicht nur um die geringe grundsätzliche Bereitschaft der Internetnutzer für Content zu bezahlen. Es geht um die Strukturen, die es für den Nutzer nicht nötig machen, für diesen Content zu bezahlen.

Die aktuellen Strategien und ihre Achillesfersen

Die Verwertungsgesellschaft

Eine zweite Gema zu Gunsten der Medienhäuser ist ein Ansatz, der schon als Gedanke zum Scheitern verurteilt ist. Eine staatlich verordnete Sondersteuer zu Gunsten einer Branche, die nicht in ihrer Existenz bedroht ist und nur daran leidet, das sie nicht aus eigener Kraft ein Problem zu lösen vermag, ist nicht nur schlecht darstellbar. Es wäre  nicht nur ein Novum sondern als Präzedenzfall die Einladung zur Selbstbedienung für jede andere Branche, die gern besser verdient hätte, dazu aber aus eigener Kraft nicht in der Lage ist.

Die Einbindungsstrategie

Der Versuch das eigene Problem auch zum Problem der Allgemeinheit oder zumindest zum Problem anderer Internetunternehmen zu machen ist im Fall Google schon gescheitert und wird auch bei anderen Marktteilnehmern nicht auf Gegenliebe stoßen. Warum sollte die Telekom oder ein anderer Provider das Problem der Medienhäuser lösen wollen? Doch nur wenn sich damit sehr gut verdienen ließe. Womit für die Medienhäuser wieder nur die lousy pennys (Hubert Burda) blieben.

Freemium

Das Geschäftsmodell Freemium ist für Verlage nicht uneingeschränkt zu empfehlen. Hier treffen die Risiken (teil-) digitalisierter Geschäftsmodelle und die daraus resultierenden zusätzlichen Wettbewerbsstrategien und Methoden der Markterschließung aufeinander und hebeln diesen Ansatz permanent aus. Die Fälle in dienen Freemium funktioniert basieren nun mal auf ganz bestimmten Voraussetzungen, die von den Verlagen für ihr Geschäftsmodell erst noch geschaffen werden müssten.

Die strukturellen Probleme der Verlage

Die Verlage / Medienhäuser sehen sich einem Bündel an Strukturen und Einflüssen gegenüber, die jeweils in der Lage sind, ihren Ansatz von paid content zu unterlaufen.

Nachrichten und Content im Ãœberfluss

Nachrichten sind kein knappes Gut und Content ist im Überfluss vorhanden. Nur außergewöhnliche Qualität hat eine Chance bezahlt zu werden. Um aktuell über das wichtige  Tagesgeschehen informiert zu sein, genügt es das Radio laufen zu lassen oder sich die Nachrichten im Fernsehen anzusehen. Solange diese Kanäle das Informationsbedürfnis abdecken, muss für paid content im Internet ein deutlich höherer Nutzen geboten werden. Zerstreuung und Unterhaltung sind auch mit user generated content möglich.

Print ist nicht gleich Internet

Bei Printprodukten wie Zeitungen und Magazinen erwerbe ich – technisch bedingt – ein Produkt, das mich nur zu einem mehr oder weniger großen Teil wirklich interessiert. Ich kaufe, weil mich ein, zwei Artikel ansprechen. Den Rest blättere ich zwar durch, aber wegen ihm habe ich das Exemplar meiner Zeitung oder meines Magazins nicht erworben. Im Internet fällt diese technische Argumentation weg. Warum sollte ich dort etwas kaufen, von dem ich den Großteil gar nicht haben will, wenn es möglich ist, nur das zu kaufen, was mich interessiert. Das erfordert redaktionelle Inhalte individuell zusammensetzen zu können und auch eine andere Form der Kommunikation, nicht zuletzt auch der Partizipation.

Bezahlen muss einfach sein

Einfache Bezahlformen mit einer weiten Verbreitung sind immer noch Mangelware. Für jeden Artikel die Kreditkarte zücken ist lästig. Sich bei verschiedenen Anbietern zu registrieren um kurz mal einen Artikel lesen zu können, steht in keinem Verhältnis. Insbesondere wenn der Zeitaufwand der Registration länger ist als die Lesedauer des Contents.

Digitalisierte Prozesse ändern Geschäftsmodelle und Wettbewerbsstrukturen

Digitale Güter können nicht nur preiswerter oder kostenlos angeboten werden. Sie eignen sich auch als Instrument der Markterschließung und des Aufbaus von Reichweite. Das führt zu komplett neuen Wettbewerbssituationen, was die Anzahl der Wettbewerber wie auch die Qualität des Wettbewerbs betrifft.

Des Einen Kerngeschäft ist des Anderen give away zur Markterschließung und Generierung von Reichweite.

Betriebswirtschaftliche Strukturen

Die Wertschöpfung im Internet durch Content ist eine völlig andere als bei Print. Die betriebswirtschaftlichen Strukturen im Printbereich werden gerade erst von den fetten Jahren der Vergangenheit auf neue Gegebenheiten angepasst. Die Quantensprung der Wertschöpfung des Contents im Internet ist so gravierend, das er m. E. durch eine reine Anpassung der Strukturen nicht machbar ist. Dies zu versuchen, kostet Qualität im Printbereich und scheitert trotzdem an den anderen Rahmenbedingungen des Internets.

Asymmetrische Ertragsstrukturen

Die Krise der Medienhäuser ist nur dort über paid content zu lösen, wo die Erträge aus dem redaktionellen Inhalt den Löwenanteil der Erträge ausmachen. Wo der Anteil der Werbung gleich hoch oder höher ist, wäre paid content durch die damit einher gehende Reduzierung der Reichweite schnell kontraproduktiv.

Wo das meiste Geld über Werbung verdient wird, ist der Einbruch dort für die Verlage deutlich schmerzhafter. Vor allem aber wird dieser Einbruch nicht auf das Internet begrenzt sein, sondern bevorzugt den traditionellen Bereich der Medienhäuser besonders schmerzhaft treffen. Die Suche nach Alternativen für die Rückgänge der Umsätze aus der Werbung führt zwangsläufig ins Internet. Wer dort durch paid content die eigene Reichweite reduziert hat, tut sich möglicherweise doppelt schwer.

Lesenswert – Warum die Verleger zum Internet schweigen sollten

Markus Beckedahl schreibt auf Carta.info über die Klagen der Verleger. Kurz, bündig, treffend. Was dem noch hinzu zu fügen wäre:

Die Klagen der Verleger über ihre schlechten Erträge im Internet sind auch ein indirektes Eingeständnis dafür, ihren Werbekunden gemessen an der Gegenleistung jahrzehntelang zu viel abgefordert zu haben.

Hier geht es zum Artikel.

Basisstudie zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger in Deutschland

Die neue JIM Studie des medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest ist verfügbar. Sie finden Sie mit anderen wichtigen Studien in diesem Blog und direkt beim mpfs.

Ãœber die Studie

Seit 1998 untersucht der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest mit der Langzeitstudie Jugend, Information, (Multi-)Media den Medienumgang der 12- bis 19-Jährigen in Deutschland. Die Studie basiert auf einer repräsentativen Stichprobe von 1200 Jugendlichen und wurde von ENIGMA GfK in Wiesbaden durchgeführt. Nachfolgend auszugsweise einige wichtige Ergebnisse.

Freizeitverhalten – medial und non-medial

Das non-medial Freizeitverhalten von Jugendlichen hat sich nicht verändert:

  • Mit Freunden treffen (88%),
  • Sport treiben (70%)
  • Chillen (ausruhen und nichts tun) (66%)

sind die wichtigsten Freizeitaktivitäten geblieben, die mehrfach in der Woche ausgeübt werden.

Das mediale Freizeitverhalten der Jugendlichen wird vom Fernsehen und Internet in gleichem Umfang bestimmt. Handy und MP3-Player folgen in geringem Abstand diesen Medien.

Unterschiede in der Nutzung der Medien nach Geschlechtern

Rangreihe der Bedeutung der Medien für Jungen

  1. Internet
  2. Musik hören
  3. Fernsehen

Rangreihe der Bedeutung der Medien für Mädchen

  1. Musik hören
  2. Internet
  3. Handy

Informationsverhalten und Themeninteressen

Informationsinteressen und -themenMit zunehmendem Alter steigt das Interesse an Themen aus dem Zeitgeschehen, persönlichen Problemen, Themen rund um Ausbildungsplatz und Beruf, Politik und lokalen Konzerten.

Für knapp die Hälfte der Themen wird das Internet als bevorzugte Informationsquelle genannt. Dies betrifft insbesondere

eigene Probleme, Musik, Ausbildung und Beruf, Internetthemen, Computer und Konsolenspiele

sowie das Handy und Konzerte vor Ort.

Das Fernsehen punktet beim aktuellen

Zeitgeschehen, Bundespolitik, Sport und Stars. Die Zeitung zeigt ihre Stärke im Lokalen

und der politischen Berichterstattung. Sie ist bei Lokalpolitik das am meisten genannte Informationsmedium,

bei lokalen Konzerten und Bundespolitik kommt die Tageszeitung an

zweiter Stelle. Beim Thema „Mode“ informieren sich Jugendliche an erster Stelle in Zeitschriften.

Internetnutzung

Von 2007 auf 2009 hat sich die Anzahl der Jugendlichen die das Internet täglich oder mehrmals in der Woche nutzen von 77% auf 90% erhöht. Dieser Zuwachs zeigt sich durch alle Altersgruppen, Schularten und bei Jungen und Mädchen.

Das Internet wird primär zur Kommunikation (Instant Messenger, Mail) und für den Austausch in Online Communitys genutzt.

Interessant ist die relative hohe Verbreitung von Web 2.0 Aktivitäten Jugendlicher über die Communitys hinaus.

Online Communitys

Nutzungsentwicklung

Von 2008 auf 2009 ist die intensive Nutzung von Online Communitys noch einmal deutlich angestiegen. Die Zahl der Jugendlichen, die Online Communitys täglich oder mehrfach in der Woche nutzen, stieg von 57% in 2008 auf 72% in 2009. Dieses hohe Wachstum in der intensiven Nutzung binnen eines Jahres zeigt sich in den unterschiedlichen Altersstufen, Schularten und bei beiden Geschlechtern.
Die Nutzung von Communities hat sich im Medien-Alltag stark habitualisiert.
Im Vergleich zum Vorjahr hat sich also nicht nur die generelle Nutzung deutlich erhöht, auch der gestiegene Anteil an Intensivnutzern macht die erhöhte Bindungskraft deutlich.

Verbreitung der Plattformen
Fragt man die Jugendlichen, welche Communities sie nutzen, dann werden durchschnittlich 1,5 Angebote genannt.

  • „SchülerVZ“ (42%)
  • „StudiVZ“ (6 %)
  • „wer-kennt-wen“ (6 %)
  • „Kwick“ (3 %)
  • „ICQ“ (3 %)
  • „SchülerCC“ (3 %)
  • „Lokalisten“(2 %)
  • „MySpace“ (2 %)

„SchülerVZ“ verliert bei den 18- bis 19-Jährigen deutlich an Attraktivität (29 %), diese Altersgruppe wechselt dann verstärkt zu „StudiVZ“ (19 %) oder zu anderen Plattformen wie „wer-kenntwen“ (6 %) oder „MySpace“ (5 %) oder „MeinVZ“ (4 %).

Private Inhalte

Weniger als die Hälfte der jugendlichen Community Nutzer schränken den Zugang zu privaten Informationen ein (46%).

Online Shopping Jugendlicher

Die Hälfte der Jugendlichen (50%) hat bereits Produkte oder Dienstleistungen für sich oder andere im Internet gekauft. Bei den 18-19 Jährigen sind dies bereits 73%.

Die wichtigsten Bezugsquellen sind ihrer Bedeutung nach

  1. ebay (53%)
  2. Amazon (47%)
  3. Otto (12%)
  4. H&M (5%)

Bei den Bezugsquellen gibt es große Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen.

Der Medienkrise folgt die Krise der Kommunikationsagenturen

Die klassischen Medien leiden darunter, das sie im Internet deutlich weniger verdienen als in ihren traditionellen Kommunikationskanälen. Es brechen ganze Ertragsbereiche weg und in den verbliebenen ist das Ertragsniveau deutlich niedriger. Diese Entwicklung wird nicht auf die Medien beschränkt bleiben.

Kommunikationsagenturen stecken in einer ähnlichen Situation wie die klassischen Medien, wenn auch in einem etwas früheren Stadium.

Analoge Probleme….

Reduzierte Volumen

  • eine Achillesferse der Printmedien liegt  in ihrer Abhängigkeit von hohen Anzeigenpreisen,
  • die analoge Achillesferse der Agenturen liegt in der Abhängigkeit von hohen Kommunikationsbudgets.

Mit zunehmender Verlagerung von Werbung ins Internet schrumpfen die Erträge der Medienhäuser wie der Agenturen.

Wachstum

  • Onlinewerbung wächst zu Lasten anderer Werbekanäle
  • Social Media Marketing wächst zu Lasten konventioneller (online- und offline) Kampagnen.

… analoge Hilflosigkeit?

Die Antwort der Medien auf ihre strukturelle Herausforderung ist bislang nicht überzeugend.

Bei den Medien sehen wir ein breites Bündel an Reaktionen auf ihre Strukturkrise. Vom Feindbild Google und dem Versuch über politische Regelungen Besitzstände zu wahren über eilige Zukäufe, intensive Integrationsbemühungen bis hin zum Versuch ein nicht mehr ausreichend zukunftsfähiges Geschäftsmodell auf ein neues Medium zu übertragen reicht die Bandbreite der Antworten auf die strukturelle Herausforderung.

Wie können die Agenturen auf ihre absehbare Herausforderung antworten?

Auch die Agenturen haben es mit mehreren Herausforderungen zu tun. Neben dem Rückgang der Budgetvolumen müssen sie sich auf eine neue Kommunikationsstruktur in der Unternehmenskommunikation einstellen.

Budgetvolumen

Da der Rückgang der Kommunikationsbudgets nicht abrupt stattfindet, können sich die Unternehmen auf dieses Problem einstellen. Hier handelt es sich primär um ein Problem der Wirtschaftlichkeit.

Kommunikationsstruktur

Kampagnen in sozialen Medien nach bewährten Mustern durchzuführen, ist wenig Erfolg versprechend. Sozialen Medien für die Unternehmenskommunikation zu nutzen ist nicht zuletzt eine Frage des Aufbaus von Infrastrukturen. Natürlich lassen sich auch in sozialen Medien ganz klassisch Kampagnen fahren. Dauerhaft erfolgreiches Social Media Marketing erfordert allerdings einen echten Dialog, auf den nicht nur viele Unternehmen noch nicht eingerichtet sind, aber auch bei vielen Agenturen ist die Unternehmensstruktur für einen dauerhaften Betrieb von Social Media Marketing noch nicht vorhanden.

Chancen und Risiken für die Kommunikationsagenturen

Die goldenen Zeiten sind für viele vorbei. Darüber sollte man sich nicht hinweg täuschen. Es wird weniger verdient werden und zugleich werden die Leistungen für die Unternehmenskommunikation deutlich komplexer werden.

Risiken

Managelnder Erfolg oder fehlende Kompetenz im Social Media Marketing beeinträchtigt die Kundenbeziehung, reduziert die Umsätze und öffnet eine Türe für Wettbewerber.

Chancen

Social Media bietet die Chance durch den Aufbau und Betrieb eines festen Social Media Channels die eigenen Leistung zu einem integralen Bestandteil der Unternehmenskommunikation zu machen.

Handlungsalternativen

Neben dem Aufbau eines eigenen Social Media Leistungsbereichs, bieten sich Kooperationen oder die Einbindung eines externen Dienstleisters an. Der Aufbau eigener Social Media Kompetenz ist unverzichtbar.

Fazit

Wer längerfristig im Geschäft bleiben will, muss sich mit Social Media Marketing befassen.

Am Markt vorbei gedacht – US Zeitungen als Beispiel

Das American Press Institute ermittelte das 60% der Zeitungsmanager in den USA überlegen Content kostenpflichtig zu machen, obwohl 90% von ihnen derzeit ihren Content kostenlos zur Verfügung stellen.

Forrester Research befragte akutell 4711 US Konsumenten nach ihrer Bereitschaft für den Zeitungscontent zu bezahlen. Die Ergebnisse sind eindeutig und unterstützen die Überlegung Zeitungscontent kostenpflichtig zu machen nicht wirklich.

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Der am meisten Erfolg versprechende Ansatz für paid content wäre nach Erkenntnissen von Forrester Research ein medienübergreifender Ansatz.

Ob die Konsumenten in Deutschland bezahlfreudiger sind, steht sicher auf einem anderen Blatt. Darauf wetten würde ich nicht. Die Nutzenstiftung für bezahlten Content im Web muss eben deutlich höher ausfallen, als dies ein simpler Transport von Content von Print auf Online darstellt.

Studien sind das Eine. Die Realität sieht immer wieder überraschend aus. Wir werden zumindest durch das Experiment von Murdoch sehen, wie der Markt wirklich reagieren wird.

Tourismus in der Krise: Urlaub goes internet

Surfer sind reisefreudiger und optimistischer

Reisen ist der Deutschen liebstes Hobby. Auch in Zeiten der Krise. Nach Studien der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) wollen 81% der Internetnutzer trotz der Krise verreisen. Dieser Wert liegt 13% höher als bei der Gesamtbevölkerung. Ähnlich ist es mit der Einschätzung der wirtschaftlichen Lage. Auch hier sind die Surfer optimistischer das sich die Lage nicht verschlechtern wird.

Urlaub goes internet

Die Verhaltensänderung der Deutschen ist mehr als signifikant. Zwei Fakten machen dies eindringlich deutlich. Von 2006 auf 2009 – also nur innerhalb von 3 Jahren – hat sich die Anzahl derjenigen

  • die sich im Internet über Reisen informierten um über 55% erhöht (von 15,3 Mio. auf 23,8 Mio Menschen).
  • die im Internet Reisen buchen um 90% erhöht (von 5,17 auf 9,81 Millionen Menschen).

Der Informationsweg Internet ist damit unverzichtbar – sowohl für Kunden wie für Anbieter. Gleiches gilt für den Vertriebsweg Internet. Diese Zahlen entstammen den Studien der Arbeitsgemeinschaft Online Forschung agof.

Die repräsentative BITKOM Studie von 2008 gibt noch höhere Werte aus. Danach haben sich

  • 47% der Internetnutzer im Internet über Reisen informiert und
  • 24% auch im Internet gebucht.
  • 28% der Internetuser haben sich aufgrund von Empfehlungen anderer Internetnutzer für eine Reise entschieden und
  • 19% der Internetnutzer haben aufgrund von Empfehlungen ihre Reisepläne geändert.

Online Reisemarkt

2008 wurden 24% der Umsätze des deutschen Reisemarktes gebucht.

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Zusammenfassung

Das Internet ist auf dem Weg zum zentralen Informationsmedium wie zum wichtigsten Vertriebsweg. Soziale Medien nehmen nachhaltig und in wachsendem Umfang Einfluss auf Reiseentscheidungen.

Konsequenzen

Ohne eine durchgängige Internet- und  Social Media Strategie wird ein dauerhafter Erfolg im Reisemarkt unwahrscheinlich.

Chancen und Risiken

Die Reisebranche „entdeckt“ zwar zunehmend die Internetnutzung, Social Media ist aber überwiegend unentdecktes Terrain. Die „technische Präsenz“ ist zwar eine Grundvoraussetzung, für den Erfolg dieser Präsenz ist die richtige Nutzung von Social Media entscheidend. Damit lassen sich strategische Wettbewerbsvorteile aufbauen. Aber auch hier gilt: des einen Vorteile sind die Nachteile des anderen.

Digital Strangelove

Präsentation von David Gillespie zum Thema Internet und seiner Veränderungskraft anhand vieler Beispiele. Ihre beeindruckende Bildsprache macht diese Präsentation besonderes sehenswert.
View more documents from David Gillespie.

Lesenswert: „Das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein.“

Manchmal freue ich mich über einen Artikel in einem anderen Blog doppelt. Erstens weil der so gut und auf den Punkt geschrieben ist, das er zweitens mir erspart selbst etwas dazu schreiben zu müssen. Es wird der Sache völlig gerecht, auf den Kollegen zu verweisen und damit ein Kompliment zu verbinden.

Marcel Weiss schreibt in Netzwertig über die Menschen aus Politik und Wirtschaft, die mit diesem Argument („Das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein.“) hausieren gehen, um eigene Versäumnisse zu kaschieren oder Pfründe zu sichern.

Danke, Marcel. Ich kann mir nur den Komplimenten anschließen, die dieser Text verdient hat.

Leseempfehlung: Politische Meinungsbildung im Internet

Karsten Fuelhaas hat ein seinem Blog gestern einen lesenswerten Artikel über politische Meinungsbildung im Internet veröffentlicht. Der Artikel basiert auf einer Studie der Bitkom zur Meinungsbildung im Internet. Kernaussage: 44% der wahlberechtigten Deutschen sind der Meinung das eine Partei ohne den Einsatz des Internets keine Wahl gewinnen kann.

Interessant weil symptomatisch ist dabei das Beispiel SPD und Netzsperre. Lavieren und taktieren wird mit wachsender Bedeutung des Internets zunehmend schwerer.

Obama steckt an – community building im Wahljahr 2009

 

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CDU, SPD und FDP treten netzaffiner auf.
War bislang social networking nur auf die eigenen Parteimitglieder begrenzt sieht man plötzlich eine ungeahnte Öffnung in allen Sites.
Am überzeugendsten scheint mir da die Vorgehensweise der CDU mit dem teAM 2009. Wenn man da noch den Spendenaufruf prominenter platzieren würde, wäre das schon beinahe gut kopiert.

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Der Anspruch teAM Deutschland ist schon clever. Man vereinnahmt sprachlich die Republik um die Interessen der eigenen Partei mit denen des Landes als identisch zu bezeichnen. Schade nur, das das nicht mal mehr der CSU in Bayern gelingt. Es ist eher unklug den eigenen Anspruch zu weit von der erlebten Realität entfernt zu platzieren.

Die Sammlung von Unterstützern hat Obama in den Staaten zur Perfektion – und zum Erfolg – weiter entwickelt. Dies auch auf deutsche Verhältnisse übertragen zu wollen ist sinnvoll. Allerdings sind die Möglichkeiten sich im teAM zu engagieren, die dem potenziellen Unterstützer geboten werden, äußerst dürftig. Da hapert es noch am Mut sich auf die Unterstützer wirklich zu verlassen. Hauptsache anmelden und vernetzen und allen sagen, das man das AM im teAM Deutschland toll findet und CDU wählen. Politische Kommunikation kann doch so einfach sein.

Die Hoffnung auf Reichweite scheitert bis dato

In diesem Zusammenhang ist interessant, in welchen sozialen Netzen die jeweiligen Parteien – in welchem Umfang – aktiv sind. MySpace fällt anscheinend komplett aus, vielleicht weil zu sehr auf Unterhaltung fokussiert. Die Fokussierung auf StudiVZ und wer-kennt-wen ist aufgrund der Reichweite der Netze verständlich, übersieht aber den sehr individuellen Grad an Aktivitätsmöglichkeiten. In Facebook hat das teAM Deutschland immerhin 356 Unterstützer, in StudiVZ schon 662 und in wkw finden sich 2 Gruppen mit 449 und 52 Unterstützern. Stand 26.2 09 18 Uhr. Erfolgreiches community building sieht beim Anspruch eine große Volkspartei zu sein eigentlich anders aus.  

Allein die technische Vernetzung ist nicht wirklich optimal:

* Der Link bei StudiVZ führt nur im eingeloggten Zustand direkt zur Gruppe.
* Bei Facebook klappt das schon besser.
* Bei WKW landet man nur auf deren Startseite.

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Betrachtet man die anderen großen Parteien fällt auf, das man dort zwar in die gleiche Richtung unterwegs ist, die Konsequenz mit der dieser Schritt vollzogen wird, etwas geringer ausfällt.

Die Mitmacharena der FDP ist für Mitglieder und Nichtmitglieder geöffnet. Das macht natürlich Sinn, denn mit den Mitgliedern allein bekommt die FDP keinen Stammtisch voll. Beispielhaft ist die Konzentration aufs Wesentliche bei der Mitmachseite der FDP. Man verzichtet sogar darauf einen Grund anzugeben, warum man mitmachen sollte.

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Auch die gute alte Tante SPD vernetzt. „Seit an Seit“ sollen die Freunde der Sozialdemokratie virtuell für die gemeinsame Sache streiten. Ein bessserer Ansatz, weil zumindest schon mal erwähnt wird, was man da virtuell schönes machen kann. Optisch wird ein Publikum angesprochen, das mehr dem Wunschdenken entspricht, als der Wählerschaft der SPD und das sich dann wohl eher verirrt umsehen wird. 

 

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Der Vollständigkeit halber noch die Grünen. Auch da kennt man schon einige / die gleichen soziale(n) Netze und nutzt sie. Mit den Links klappt es auch schon, wenn man mal von StudiVZ absieht.

Verpackung besser, Inhalt fragwürdig, timing verpaßt

Ein Anfang ist gemacht, was Optik und Verpackung angeht. Der Inhalt läßt noch zu wünschen übrig. Wie weit diese Form von Politik-Kommunikation den Wahlkampf überdauert und ob man wirklich Punkte macht, wenn hinter dem Angebot, sich zu beteiligen, keine realen Beteiligungsmöglichkeiten stehen, wird sich zeigen. Community lebt nun mal weniger von der Anmeldung als von der Aktivität und Beteiligung. Das bedeutet natürlich nicht, das jeder der sich anmeldet, auch gleich aktiv seinen eigenen Wahlkampf gestalten will. Es bedeutet, das jeder Unterstützer die Möglichkeit dazu haben sollte – mit aller möglichen Unterstützung durch die jeweilige Partei. Die Anmeldung ist eben nur der erste Schritt. Wenn dahinter die Mogelpackung wartet, verlassen die Akteure schnell wieder die Bühne. Community building ist keine kurzfristige Angelegenheit. Wer sich mit diesem Thema befasst hat und es ernsthaft betreiben will, weiß, das dafür Zeit erforderlich ist. Obama war für die Wahl im November 2008 schon zu Jahresbeginn 07 heftig aktiv. Natürlich mußte er die Vorwahlen bestehen. Das ist den Kandidaten in Deutschland erspart. Dafür agiert er in einem sehr viel stärker Volunteer orientiertem Umfeld und brauchte auch für die Vorwahlen mehr als ein Jahr Vorlaufzeit um ein so schlagkräftiges Unterstützerfeld aufzubauen und die nötigen Mittel für seinen Wahlkampf einzusammeln. Letzteres bleibt den Parteien erspart. Die Vorlaufzeit für den Aufbau einer größeren Unterstützergruppe eher nicht.  

Wenn von Web 2.0 und Marken die Rede ist, graut den Markenverantwortlichen bei dem Gedanken, das sie die Verfügungsgewalt über ihre Marke verloren haben. Das ist in der Praxis immer so gewesen, man wollte es aber ungern auch noch unterstützen. Wer Politik 2.0 betreiben will, sieht sich ähnlichen Herausforderungen gegenüber. Das Mitmachweb 2.0 lebt eben vom mitmachen. Und für’s mitmachen muß es einen glaubwürdigen Grund geben. 

Zur Erinnerung: Die Deutschen sind nicht politikverdrossen. Im Gegenteil. Sie sind politikerverdrossen. Wer jetzt zum Mitmachen einlädt, bekommt die ungeschönte Antwort auf die Frage nach der Attraktivität der eigenen Partei. 

Fazit: Was Obama gestern in den Staaten realisiert hat ist in Deutschland immer noch Zukunftsmusik. Aber es bewegt sich etwas. Möglicherweise in eine Richtung die den Politikern alter Schule weniger gefällt.

Politik, Internet und Social Network Marketing

Auf der DLD 09 vom 25. bis 27. Januar 2009 wurde unter anderem die DLD Internet Politics Study vorgestellt. Die Studie behandelt im ersten Teil die Bedeutung der Online-Wahlkampfkampagnen von Barack Obama für dessen Wahlerfolg über Hilary Clinton und John McCain. Die Studie ist nicht nur aufgrund Ihrer Fakten sondern auch wegen der darin vorgestellten brillanten Clips überaus empfehlenswert. Im zweiten Teil wird die deutsche Politik und das Internet vorgestellt. Der Leser fällt aus den strahlenden Höhen konsequent umgesetzten integrativen Social Marketings in das tiefe Loch deutscher Rückständigkeit. Die Studie können Sie hier herunter laden.

Politik online geht nicht ohne Social Media

Obama in Facebook
Obama in Facebook

Im Titel der Studie findet sich zwar kein Wort über Social Networks oder Social Network Marketing aber bei der Lektüre wird schnell erkennbar, das Politik im Internet nicht funktioniert, wenn sie nicht in Social Networks eingebunden ist. Der Grad dieser Einbindung ist letztlich auch ein Erfolgsmesser. Obamas Kampagnen waren 2.0. – eingebunden in die ganze Vielfalt der vorhandenen Social Networks Medien und aktiv über alle Instrumente kommuniziert – die seiner Wettbewerber waren hier deutlich weniger erfolgreich, obwohl sie die gleichen Instrumente nutzten. Obamas Online Kampagnen standen als Social Networking-Kampagnen im Zentrum seiner Kommunikation, seine Wettbewerber nutzten die gleichen Instrumente als zusätzliche Informationskanäle und verloren – gemessen an der Zahl der Nutzer, Partizipierenden und letztlich auch an der Zahl der Wähler.

Entwicklungsland Deutschland

Angela Merkel in Facebook
Angela Merkel in Facebook

Die Lage der Politik im Internet wird mit der Frage begonnen ob die Deutschen schon bereit für Social Media Kampagnen sind. Die Deutschen nutzen das Internet, die Deutschen nutzen zunehmend Social Media und wer die Geschwindigkeit dieser Entwicklung im Netz kennt, weiss, das wir auf diesem Gebiet kaum mehr als ein, zwei Jahre hinter den USA zurückliegen. Die jüngeren Deutschen nutzen bereits heute das Internet etwa so intensiv wie TV. Einen Wahlkampf ohne Fernsehen kann sich keine politische Partei vorstellen. Nicht zuletzt deshalb hat man sich ja den Zugang zu den öffentlich-rechtlichen Sendern gesichert. Die Frage, ob die deutsche Parteien für Social Media reif sind, beantwortet sich in der Studie selbst. Es zählt nicht nur die quantitative Aktivität sondern auch die qualitative Aktivität, noch wichtiger ist die Aktivität der angesprochenen Zielgruppen. Obama gewann letztlich auch weil er deutlich mehr Menschen erreichen und aktivieren konnte als Clinton oder McCain.

Politisches social networking ist in Deutschland schwieriger

Es gibt für die Parteien keinen garantierten Zugang zu den Social Networks. Der Aufbau eigener Social Networks ist für die politischen Parteien für 2009 längst kein Thema mehr. Der Zug ist schon vor 2008 abgefahren. Obama hatte die Grundlagen seines Erfolgs im Web im Frühjahr 2007 gelegt und bedient sich der Vernetzung mit bestehenden Networks und der Nutzung aller verfügbarer Tools. Auch den Parteien in Deutschland bleibt nur die Nutzung der bestehenden Social Networks um Menschen zu erreichen und zu überzeugen. Hier sieht es aktuell schlechter aus, als die DLD Studie dies dokumentiert.

Kein ausreichender Zugang zur Kommunikation

In Deutschland ist die Lage bei den Social Networks deutlich heterogener aus als in den Staaten. Mit Facebook und MySpace läßt sich in den USA eine enorme Reichweite aufbauen und beide Netze sind für die politische Nutzung offen. In Deutschland stellen Facebook und MySpace gemessen an ihrer Reichweite in den USA nur einen Bruchteil der Kommunikationsleistung zur Verfügung, alles andere als ausreichend um darauf eine funktionierende Online Strategie aufzubauen. Die großen Netze (VZs und Wer-kennt-wen) sind – gemessen an den Kommunikationsmöglichkeiten von FB und MySpace – als Kommunikationsplattformen technisch nicht so leistungsfähig und konzeptionell nicht frei für Dritte verfügbar. Die VZs gehören zur Holtzbrinck, WKW zu RTL. Beide Netze leiden unter Aktivitätsschwund und dem Fehlen geeigneter Nutzungsmöglichkeiten durch Parteien, bzw. deren Integration. Entweder man schafft Aktivität durch bestehende Mitglieder oder das jeweilige Netz ist verschlossen. Und damit sieht es bei allen Parteien sehr düster aus. Ãœber dürftigste Ansätze kommt derzeit keine Partei hinaus. Um junge Wähler und Erstwähler zu erreichen, müsste eine erfolgreiche Kommunikationsstrategie zudem auch die kleineren regionalen Netze einbeziehen, also in deutlich mehr als einem Dutzend Social Networks aktiv sein.

Risiko Social Media

Aktivieren durch Dialog
Aktivieren durch Dialog

Den Parteien steht auch die typisch deutsche Reaktion auf Neuheiten im Weg. Wir fragen zuerst nach dem Risiko, dann vielleicht nach der Chance. Politik in Social Networks hat Risiken, weil sie davon abhängt die Menschen zu erreichen und zu aktivieren. Das ist allerdings auch bei der Politik an sich der Fall. Nur eben mainifestiert sich Unzufriedenheit und Politikverdrossenheit in Social Media für alle sichtbar und nachvollziehbar. Damit umzugehen ist alles andere als einfach. Sich diesem Risiko auszusetzen bedarf Mut oder die Erkenntnis der Notwendigkeit.

Fazit

Die Situation in Deutschland ist wesentlich komplexer und heterogener und erfordert daher mehr Management und Kenntnis. Davon ist bei den Parteien hierzulande bislang nicht viel zu erkennen.

Digital Influence Study

Mit dieser Studie erhalten Unternehmen erstmals Informationen darüber, welchen Einfluss das Internet auf das Verhalten und die Entscheidungen von Konsumenten in den europäischen Schlüsselmärkten hat.

Die zentralen Erkenntnisse der Studie:

Nr. 1: Das Internet ist das mit Abstand wichtigste Medium im Leben
europäischer Konsumenten. Unternehmen unterschätzen jedoch diesen
Einfluss.

* Das Internet ist inzwischen doppelt so einflussreich wie das Fernsehen.
* Immer mehr Konsumenten holen sich ihre Nachrichten aus dem
Internet anstatt aus traditionellen Printmedien.
* Die Bedeutung der Online-Medien und die Marketingmaßnahmen der Unternehmen stehen in einem deutlichen Missverhältnis.

Nr. 2: Die Nutzung des Internets durch Konsumenten lässt sich in fünf klar
abgegrenzte Verhaltenskategorien untergliedern. Daraus können
Verhaltensmuster für verschiedene Branchen abgeleitet werden, die von
Kommunikations- und Marketingexperten für die Konzeption entsprechender
integrierter Kampagnen genutzt werden können.

Nr. 3: Konsumenten nutzen das Internet für unterschiedliche Entscheidungen auf
unterschiedliche Weise. Die Unterschiede ergeben sich aus der Bedeutung
der Entscheidung für das Leben der Konsumenten und aus der Spannbreite
der verfügbaren Wahlmöglichkeiten.

Nr. 4: Obwohl Konsumenten der Ãœberzeugung sind, dass ihnen das
Internet einen erkennbaren Nutzen bietet, haben sie noch immer starke
Vorbehalte, die es auszuräumen gilt.

Die Studie zeigt, wie Benutzer in ihrer Rolle als Konsumenten über das Internet mit Unternehmen und anderen Benutzern interagieren. Anhand dieser Informationen können Marketing- und Kommunikationsexperten besser entscheiden, wie sie Online-Diskussionen und -Interaktionen für ihre Kommunikation nutzen können.

Fleishman Hillard und Harris Interactive untersuchten in dieser Studie vom Juni 2008 welche Rolle das Internet im Leben der Konsumenten in Deutschland, Frankreich und Großbritannien spielt. Für diese Studie wurden fast 5.000 Internetnutzer in Deutschland, Großbritannien und Frankreich befragt. Ziel war es, Verhaltensmuster bei der Nutzung unterschiedlicher Medien (Print, TV, Internet etc.) und der Beteiligung an Online-Gemeinschaften (Social Networks) zu untersuchen. Zudem sollte mit der Studie der Einfluss des Internets auf bestimmte Entscheidungen analysiert werden – etwa in den Bereichen Politik, Gesundheit, Reisen, Finanzen oder beim Kauf bestimmter Produkte.

Im Rahmen dieser Studie wird der „Einfluss“ eines Mediums definiert als eine Kombination aus der Zeit, die Konsumenten mit ihm verbringen, und der Bedeutung, die sie diesem Medium für ihr tägliches Leben beimessen. Um verschiedene Medien miteinander zu vergleichen und so die absoluten und relativen Auswirkungen jedes Mediums zu identifizieren, wurden verschiedene Indizes entwickelt. Der Internetindex,
auch Digital Influence Index genannt, dem diese Studie ihren Namen verdankt, gibt an, welchen Einfluss der befragte Konsument dem Internet einräumt.

Auch diese Studie kann keine detaillierten Handlungsanweisungen für alle Branchen und Unternehmenssituationen bieten zeigt aber für einige Branchen und für konkrete Verhaltens- und Entscheidungssituationen der Konsumenten umsetzbarte Ansätze auf.

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