Medienkrise: Die fetten Zeiten sind vorbei

Zwei Indizien für ein Ende der fetten Jahre der Medien anbei als Grafiken. Beide stehen zwar für US-Verhältnisse, die Situation hier zu Lande ist aber analog zu sehen.
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Der Rückgang der Zahl der Beschäftigten ist sicher mit auch durch den technischen Fortschritt verursacht. Das Internet und seine verändernde Wirkung auf das Medienverhalten sind allerdings ebenso Teil des technischen Fortschritts wie Computerdruck oder moderne Redaktionssysteme, nur mit dem Unterschied, das hier der Markt sich ändert und nicht interne Abläufe und Kostenstrukturen.
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Betrachtet man das Ungleichgewicht von Nutzungsintensität und Bedeutung als Werbemedium zeigt sich bei den Tageszeitungen in dieser Grafik ein hoher Anpassungsbedarf. Berücksichtigt man dabei, das die Erträge in internetbasierten Werbekanälen deutlich geringer sind als in printbasierten, ist der Anpassungsdruck vor dem Tageszeitungen stehen, ein extrem hoher.

Medienkrise: Paid Content – woran der Wunsch der Medienhäuser scheitert

Die Diskussion der Medienhäuser dreht sich in zunehmender Intensität um die Möglichkeiten paid content im Internet durchzusetzen. So verständlich und legitim dieser Wunsch ist, seinem Erfolg stehen einige Fakten entgegen, die zu beeinflussen nicht in der Macht der Medienhäuser ist. Nein – es geht hier nicht nur um die geringe grundsätzliche Bereitschaft der Internetnutzer für Content zu bezahlen. Es geht um die Strukturen, die es für den Nutzer nicht nötig machen, für diesen Content zu bezahlen.

Die aktuellen Strategien und ihre Achillesfersen

Die Verwertungsgesellschaft

Eine zweite Gema zu Gunsten der Medienhäuser ist ein Ansatz, der schon als Gedanke zum Scheitern verurteilt ist. Eine staatlich verordnete Sondersteuer zu Gunsten einer Branche, die nicht in ihrer Existenz bedroht ist und nur daran leidet, das sie nicht aus eigener Kraft ein Problem zu lösen vermag, ist nicht nur schlecht darstellbar. Es wäre  nicht nur ein Novum sondern als Präzedenzfall die Einladung zur Selbstbedienung für jede andere Branche, die gern besser verdient hätte, dazu aber aus eigener Kraft nicht in der Lage ist.

Die Einbindungsstrategie

Der Versuch das eigene Problem auch zum Problem der Allgemeinheit oder zumindest zum Problem anderer Internetunternehmen zu machen ist im Fall Google schon gescheitert und wird auch bei anderen Marktteilnehmern nicht auf Gegenliebe stoßen. Warum sollte die Telekom oder ein anderer Provider das Problem der Medienhäuser lösen wollen? Doch nur wenn sich damit sehr gut verdienen ließe. Womit für die Medienhäuser wieder nur die lousy pennys (Hubert Burda) blieben.

Freemium

Das Geschäftsmodell Freemium ist für Verlage nicht uneingeschränkt zu empfehlen. Hier treffen die Risiken (teil-) digitalisierter Geschäftsmodelle und die daraus resultierenden zusätzlichen Wettbewerbsstrategien und Methoden der Markterschließung aufeinander und hebeln diesen Ansatz permanent aus. Die Fälle in dienen Freemium funktioniert basieren nun mal auf ganz bestimmten Voraussetzungen, die von den Verlagen für ihr Geschäftsmodell erst noch geschaffen werden müssten.

Die strukturellen Probleme der Verlage

Die Verlage / Medienhäuser sehen sich einem Bündel an Strukturen und Einflüssen gegenüber, die jeweils in der Lage sind, ihren Ansatz von paid content zu unterlaufen.

Nachrichten und Content im Ãœberfluss

Nachrichten sind kein knappes Gut und Content ist im Überfluss vorhanden. Nur außergewöhnliche Qualität hat eine Chance bezahlt zu werden. Um aktuell über das wichtige  Tagesgeschehen informiert zu sein, genügt es das Radio laufen zu lassen oder sich die Nachrichten im Fernsehen anzusehen. Solange diese Kanäle das Informationsbedürfnis abdecken, muss für paid content im Internet ein deutlich höherer Nutzen geboten werden. Zerstreuung und Unterhaltung sind auch mit user generated content möglich.

Print ist nicht gleich Internet

Bei Printprodukten wie Zeitungen und Magazinen erwerbe ich – technisch bedingt – ein Produkt, das mich nur zu einem mehr oder weniger großen Teil wirklich interessiert. Ich kaufe, weil mich ein, zwei Artikel ansprechen. Den Rest blättere ich zwar durch, aber wegen ihm habe ich das Exemplar meiner Zeitung oder meines Magazins nicht erworben. Im Internet fällt diese technische Argumentation weg. Warum sollte ich dort etwas kaufen, von dem ich den Großteil gar nicht haben will, wenn es möglich ist, nur das zu kaufen, was mich interessiert. Das erfordert redaktionelle Inhalte individuell zusammensetzen zu können und auch eine andere Form der Kommunikation, nicht zuletzt auch der Partizipation.

Bezahlen muss einfach sein

Einfache Bezahlformen mit einer weiten Verbreitung sind immer noch Mangelware. Für jeden Artikel die Kreditkarte zücken ist lästig. Sich bei verschiedenen Anbietern zu registrieren um kurz mal einen Artikel lesen zu können, steht in keinem Verhältnis. Insbesondere wenn der Zeitaufwand der Registration länger ist als die Lesedauer des Contents.

Digitalisierte Prozesse ändern Geschäftsmodelle und Wettbewerbsstrukturen

Digitale Güter können nicht nur preiswerter oder kostenlos angeboten werden. Sie eignen sich auch als Instrument der Markterschließung und des Aufbaus von Reichweite. Das führt zu komplett neuen Wettbewerbssituationen, was die Anzahl der Wettbewerber wie auch die Qualität des Wettbewerbs betrifft.

Des Einen Kerngeschäft ist des Anderen give away zur Markterschließung und Generierung von Reichweite.

Betriebswirtschaftliche Strukturen

Die Wertschöpfung im Internet durch Content ist eine völlig andere als bei Print. Die betriebswirtschaftlichen Strukturen im Printbereich werden gerade erst von den fetten Jahren der Vergangenheit auf neue Gegebenheiten angepasst. Die Quantensprung der Wertschöpfung des Contents im Internet ist so gravierend, das er m. E. durch eine reine Anpassung der Strukturen nicht machbar ist. Dies zu versuchen, kostet Qualität im Printbereich und scheitert trotzdem an den anderen Rahmenbedingungen des Internets.

Asymmetrische Ertragsstrukturen

Die Krise der Medienhäuser ist nur dort über paid content zu lösen, wo die Erträge aus dem redaktionellen Inhalt den Löwenanteil der Erträge ausmachen. Wo der Anteil der Werbung gleich hoch oder höher ist, wäre paid content durch die damit einher gehende Reduzierung der Reichweite schnell kontraproduktiv.

Wo das meiste Geld über Werbung verdient wird, ist der Einbruch dort für die Verlage deutlich schmerzhafter. Vor allem aber wird dieser Einbruch nicht auf das Internet begrenzt sein, sondern bevorzugt den traditionellen Bereich der Medienhäuser besonders schmerzhaft treffen. Die Suche nach Alternativen für die Rückgänge der Umsätze aus der Werbung führt zwangsläufig ins Internet. Wer dort durch paid content die eigene Reichweite reduziert hat, tut sich möglicherweise doppelt schwer.

Der Medienkrise folgt die Krise der Kommunikationsagenturen

Die klassischen Medien leiden darunter, das sie im Internet deutlich weniger verdienen als in ihren traditionellen Kommunikationskanälen. Es brechen ganze Ertragsbereiche weg und in den verbliebenen ist das Ertragsniveau deutlich niedriger. Diese Entwicklung wird nicht auf die Medien beschränkt bleiben.

Kommunikationsagenturen stecken in einer ähnlichen Situation wie die klassischen Medien, wenn auch in einem etwas früheren Stadium.

Analoge Probleme….

Reduzierte Volumen

  • eine Achillesferse der Printmedien liegt  in ihrer Abhängigkeit von hohen Anzeigenpreisen,
  • die analoge Achillesferse der Agenturen liegt in der Abhängigkeit von hohen Kommunikationsbudgets.

Mit zunehmender Verlagerung von Werbung ins Internet schrumpfen die Erträge der Medienhäuser wie der Agenturen.

Wachstum

  • Onlinewerbung wächst zu Lasten anderer Werbekanäle
  • Social Media Marketing wächst zu Lasten konventioneller (online- und offline) Kampagnen.

… analoge Hilflosigkeit?

Die Antwort der Medien auf ihre strukturelle Herausforderung ist bislang nicht überzeugend.

Bei den Medien sehen wir ein breites Bündel an Reaktionen auf ihre Strukturkrise. Vom Feindbild Google und dem Versuch über politische Regelungen Besitzstände zu wahren über eilige Zukäufe, intensive Integrationsbemühungen bis hin zum Versuch ein nicht mehr ausreichend zukunftsfähiges Geschäftsmodell auf ein neues Medium zu übertragen reicht die Bandbreite der Antworten auf die strukturelle Herausforderung.

Wie können die Agenturen auf ihre absehbare Herausforderung antworten?

Auch die Agenturen haben es mit mehreren Herausforderungen zu tun. Neben dem Rückgang der Budgetvolumen müssen sie sich auf eine neue Kommunikationsstruktur in der Unternehmenskommunikation einstellen.

Budgetvolumen

Da der Rückgang der Kommunikationsbudgets nicht abrupt stattfindet, können sich die Unternehmen auf dieses Problem einstellen. Hier handelt es sich primär um ein Problem der Wirtschaftlichkeit.

Kommunikationsstruktur

Kampagnen in sozialen Medien nach bewährten Mustern durchzuführen, ist wenig Erfolg versprechend. Sozialen Medien für die Unternehmenskommunikation zu nutzen ist nicht zuletzt eine Frage des Aufbaus von Infrastrukturen. Natürlich lassen sich auch in sozialen Medien ganz klassisch Kampagnen fahren. Dauerhaft erfolgreiches Social Media Marketing erfordert allerdings einen echten Dialog, auf den nicht nur viele Unternehmen noch nicht eingerichtet sind, aber auch bei vielen Agenturen ist die Unternehmensstruktur für einen dauerhaften Betrieb von Social Media Marketing noch nicht vorhanden.

Chancen und Risiken für die Kommunikationsagenturen

Die goldenen Zeiten sind für viele vorbei. Darüber sollte man sich nicht hinweg täuschen. Es wird weniger verdient werden und zugleich werden die Leistungen für die Unternehmenskommunikation deutlich komplexer werden.

Risiken

Managelnder Erfolg oder fehlende Kompetenz im Social Media Marketing beeinträchtigt die Kundenbeziehung, reduziert die Umsätze und öffnet eine Türe für Wettbewerber.

Chancen

Social Media bietet die Chance durch den Aufbau und Betrieb eines festen Social Media Channels die eigenen Leistung zu einem integralen Bestandteil der Unternehmenskommunikation zu machen.

Handlungsalternativen

Neben dem Aufbau eines eigenen Social Media Leistungsbereichs, bieten sich Kooperationen oder die Einbindung eines externen Dienstleisters an. Der Aufbau eigener Social Media Kompetenz ist unverzichtbar.

Fazit

Wer längerfristig im Geschäft bleiben will, muss sich mit Social Media Marketing befassen.