Meinungen bilden und Mehrheiten schaffen mit Social Media

Meinungen bilden und Mehrheiten schaffen mit Social Media

Auch wenn wir Social Media in Zusammenhang mit politischen Themen vor allem

  • in Form der Präsenzen politischer Parteien
  • als Aktivitäten für oder gegen ein konkretes Projekt

begegnen, ist damit das Potenzial von Social Media für die Politik alles andere als ausgeschöpft.

Die beiden aktuellen Erscheinungsweisen sind im ersten Fall eher grundsätzlicher und im zweiten Fall eher aktueller – anlassbezogner Natur und zählen für mich in die Kategorie „Social Media für die Lagerbildung“.

Social Media und Lagerbildung

Beiden Situationen gemeinsam ist, das sie eher als Ausdruck einer Lagerorientierung wirken. Im Fall der Parteipräsenz sammelt man die eigene Klientel oder die eigenen Mitglieder in Social Media, im Fall der Aktionspräsenz sammelt man Befürworter oder Gegner eines Projektes.

Beide Methoden sind sinnvoll und gelegentlich auch zielführend, vor allem wenn man es vermag die eigenen Anhänger zu aktivieren und zu motivieren und darüber die Freundeskreise der eigenen Anhänger zu erreichen.

Ist das politische Ziel die Meinungsbildung oder das Schaffen und halten von Mehrheiten in einem längerfristigen Prozess ist eine alternative Vorgehensweise möglicher Weise zielführender.

Social Media und Meinungs- und Mehrheitenbildung im Vorfeld und für langfristige Projekte

Wer für ein wichtiges Projekt – vor allem aber auch für ein Projekt mit langfristiger Natur – Mehrheiten schaffen und sichern will, sollte Social Media möglichst früher und deutlich breiter angelegt einsetzen um eine frühzeitige Lagerbildung zu verhindern und dabei eine argumentative gestaltbarere Situation schaffen, in der sich auch Unentschiedene wohl fühlen und informieren können.

Der Ansatz, die eigene Position nur früher in Social Media zu etablieren, würde auf wesentliche Wirkungen verzichten. Der Zeitgewinn in Social Media kann zwar wertvoll sein, der geringere Wirkungshebel dieser Vorgehensweise macht aber einen Teil der möglichen Wirkung zunichte.

Der wesentliche Unterschied dieses Ansatzes liegt darin, das man sich auf diesem Weg sowohl den Zugang zu Usern sichert, die die eigene Meinung teilen als auch zu Usern, die dabei sind, sich eine Meinung zu bilden. Und man sieht die Veränderung und kann deutlich besser gestaltend eingreifen, als in einer Lagersituation.

Dieser Ansatz ist gekennzeichnet durch eine Plattform, in der sich das gesamte Thema abbildet, also sowohl Argumente und Meinungen gegen wie für ein Anliegen oder ein Projekt ihre Platz haben. Der Vorteil dieser Methode liegt darin, das man auf diesem Weg auch den direkten Zugang sowohl zu Usern hat, die sich noch gar keine feste Meinung gebildet hat, wie zu Usern deren Meinungsbildung in eine Richtung verläuft, die dem eigenen Anliegen konträr gegenüber steht.

Die Vorteile dieser Methode:

  • Nur wenn wir mit diesen Usern in ein Gespräch kommen, können wir auf die Meinungsbildung Einfluss nehmen.
  • Mit dieser Methode erreichen wir unentschlossene User und User in der frühen Meinungsbildungsphase besser.
  • Wir können auf diesem Weg Veränderungen direkter erfassen.
  • Wir können mit dieser Methode Veränderungen leichter in Gang setzen, als mit der Lagermethode, insbesondere, wenn wir diese Methode auf der eigenen Plattform einsetzen können.

Plattformstrategie und Meinungsbildung

Weitgehend unbekannt sind die Möglichkeiten auf Meinungsbildung einzuwirken, wenn man die technischen Möglichkeiten einer Plattform umfassender nutzen kann. Dazu ist allerdings einiges an Insiderkenntnissen und technischen Gestaltungsmöglichkeiten erforderlich, die den Umfang eines Blogposts weit übersteigen.

Wer sich hier in die praktische Nutzung vertiefen und Funktionsweisen kennen lernen will, dem ist ein entsprechendes Seminar oder Coaching zu empfehlen.

Connected Consumers Studie: Interaktives Marketing ist Trumpf

Die Studie

Altersstruktur der Studienteilnehmer
Altersstruktur der Studienteilnehmer

Razorfish befragte 1000 US-Konsumenten zu ihrer Internetnutzung und darüber wie sie sich online mit Marken befassen. Die Studie konzentrierte sich dabei auf „connected consumers“, also Internetnutzer,

  • die über einen Breitbandzugang verfügen,
  • mehr als US$ 150 online für Reisen, Bücher, Geschenke u. ä. in den letzten 6 Monaten ausgegeben haben,
  • Communitys Sites besuchen
  • und digitale Medien wie Fotos, Musik, Videos produziert oder konsumierten.

Die Studie wurde August 2009 durchgeführt.

Die wichtigsten Ergebnisse

Nachrichtenquellen

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Die „traditionellen“ News Websites dominieren eindeutig als Nachrichtenquelle. Die Nutzer dieser Studie legen Wert auf eine Quelle, die sie kennen.

Nutzungsverhalten

Nutzungsverhalten
Nutzungsverhalten

Intensives – also häufig oder ständig praktiziertes Nutzungsverhalten:

  • ein Viertel sieht sich häufig oder regelmäßig Werbevideos auf Youtube an,
  • marken- oder produktspezifische Blogs werden von etwas mehr als einem Viertel häufig oder regelmäßig gelesen,
  • zwei Drittel suchen aktiv nach Marken bzw. Informationen über Marken im Netz.
  • ein Viertel spielt markenbezogene Browsergames
  • mehr als ein Drittel schreiben produkt- oder markenbezogene Kritiken
  • mehr als ein Viertel geben Marken feedback über ihre Produkte.
  • ein Fünftel schreibt in Blogs über Produkte, Marken und Services.

Meinungsbildung

Meinungsbildung online
Meinungsbildung online

Die Meinungsbildung über Marken, Produkte und Dienstleistungen wird in hohem Maß online geprägt und verändert.

Direkter Einfluss auf Kaufentscheidungen

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Veränderungen in der Meinung aufgrund von Onlineerfahrungen haben sehr direkte Auswirkung und weitgehende Auswirkungen auf Kaufentscheidungen.

Gesponserte Events und ihre Wirkung

  • 26,1% gaben an an Events teilgenommen zu haben, die von Marken gesponsort wurden.
  • 25,3% davon gaben an, diese Marken meist oder regelmäßig weiterempfohlen zu haben.
  • 67% gaben an, das Produkt oder die Leistungen auch gekauft zu haben.

Wettbewerbe und Verlosung und deren Wirkung

  • 70% gaben an bereits an einem Wettbewerb oder einer Verlosung einer Marken teilgenommen zu haben.
  • 43,6% davon gaben an, diese Marke meist oder regelmäßig weiterempfohlen zu haben.
  • 43,9% gaben an, die Marke oder das Produkt auch gekauft zu haben.

User generated content für Wettbewerbe

  • 24% produzierten eigenen Content für Wettbewerbe von Marken.
  • 63,3% gaben an, diese Marken dann immer oder meistens weiter zu empfehlen.
  • 61,7% gaben an, diese Marken immer oder meistens auch zu kaufen.

Markenfreunde in sozialen Netzen

  • 40,1% gaben an sich schon mit Marken in ihrem sozialen Netzwerk angefreundet / vernetzt zu haben.
  • 62,1% davon gaben an, diese Marken selbst immer oder meistens weiter zu empfehlen.
  • 60,2% davon geben an, diese Marken immer oder meistens zu kaufen.

Gründe der Freundschaft mit einer Marke

  • 32,9% sind Kunde
  • 36,9% erhoffen sich davon Vorteile
  • 6,2% werden Freunde, weil sie Fans der Marke kennen
  • 18,2% werden durch interessante oder unterhaltsame Inhalte dafür

Marken auf Twitter

  • 25,5% folgen oder folgten Marken auf Twitter.
  • 66,3% gaben an, diese Marken weiter zu empfehlen
  • 65,5% gaben an, diese Marken auch zu kaufen.

Warum Konsumenten Marken auf Twitter folgen

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Ãœber Twitter lassen sich diesen Ergebnissen nach insbesondere Nichtkunden erreichen.

Neukundengewinnung via Internet

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Erkenntnisse

Fazit

Die Präsenz im Internet ist für Marken die permanente Präsenz im Markt. Das Internet gewinnt durch diese permanente Präsenz bei den intensiven Nutzern dieses Mediums eine prominente Bedeutung für Meinungsbildung und Kaufentscheidungen, die von keinem anderen Medium erreicht werden kann.

Der Dialog mit anderen über Marken, mit den Marken selbst und nicht zuletzt die Produktion von Inhalten, die Marken und deren Produkte betreffen, stellen Marken und die Unternehmen dahinter vor neue qualitative wie quantitative Herausforderungen. In dieser Herausforderungen liegen Risiko und Chance eng beieinander.

Klassische Kommunikationsmuster entsprechen den Kommunikationsvorstellungen und -wünschen derjenigen die das Internet intensiv nutzen zumindest nicht mehr in ausreichendem Maß.

Dialog und interaktives Marketing sind nicht nur aus Unternehmenssicht unverzichtbar, sie sind auch von den aktiven Internetnutzern gewollt und erwartet.


Leseempfehlung: Politische Meinungsbildung im Internet

Karsten Fuelhaas hat ein seinem Blog gestern einen lesenswerten Artikel über politische Meinungsbildung im Internet veröffentlicht. Der Artikel basiert auf einer Studie der Bitkom zur Meinungsbildung im Internet. Kernaussage: 44% der wahlberechtigten Deutschen sind der Meinung das eine Partei ohne den Einsatz des Internets keine Wahl gewinnen kann.

Interessant weil symptomatisch ist dabei das Beispiel SPD und Netzsperre. Lavieren und taktieren wird mit wachsender Bedeutung des Internets zunehmend schwerer.