Facebook fordert Google heraus – der nächste Zug im Spiel der Giganten

Warum Facebook und Google Wettbewerber sind

Google und Facebook kennen wir als die Marktführer in ihren jeweiligen Segmenten. Beide Unternehmen finanzieren sich durch Werbung für Endverbraucher, leben also von der Einblendung von Werbung. Da beide Unternehmen aber in völlig anderen Segmenten des Internetbusiness aktiv sind, erscheint eine direkte Wettbewerbssituation nicht auf den ersten Blick plausibel, wenn wir den Wettbewerb um Werbebudgets einmal ausklammern.

Nachfolgend wird die Ursache der Wettbewerbssituation, die Ausgangssituation der beiden Beteiligten und deren Möglichkeiten skizziert, diesen Wettbewerb zu gestalten.

Googles Stärke beruht auf der Einblendung der passenden Werbung zu einer Suche. Daneben bietet Google den Betreibern von Websites die Möglichkeit relativ einfach über die Einblendung von Werbung passend zum Seiteninhalt Umsätze zu generieren. Googles Vorteil liegt in seiner enormen Reichweite und der Verknüpfung der Suche mit anderen Leistungen. Google versucht seine Kenntnis von den Interessen eines Nutzers durch dessen Suchen zu verbessern.

Facebooks Stärke ist ebenfalls die Einblendung der passenden Werbung – allerdings passend zum jeweiligen Nutzer. Durch die Informationen aus dem Profil kann Werbung passend zu den Interessen des Nutzers eingeblendet werden – unabhängig davon, ob dieser gerade aktuell nach einer Information sucht oder nicht. Facebooks Vorteil ist die Informationsfülle, die Internetnutzer in ihren Profilen und ihrem Kommunikationsverhalten zur Verfügung stellen und die Nutzung des sozialen Umfelds der Mitglieder  für ein automatisiertes Empfehlungsmarketing.

Die unterschiedlichen Ausgangssituationen

Google ist bereits heute in nahezu allen Ländern der Marktführer in der Suche und ein hochprofitables Unternehmen. Ein weiteres Wachstum lässt sich nur über neue Produkte erzielen. In allen anderen Bereichen neben der Suche ist Google hinter dem Erfolg der Suche zurück geblieben. Wettbewerbsfähige, internetbasierte Werbeprodukte, die weitere Ertragsströme generieren, fehlen bislang. Der Aufbau einer wirtschaftlich nutzbaren Datenbank über die Interessen der Googlenutzer ist anspruchsvoll und nicht unkritisch. Die verschiedenen vielfältigen Versuche von Google, das Potenzial des Sozialen Webs zu erschließen, sind bislang nicht erfolgreich gewesen.

Facebook steht erst am Anfang seiner Ertragsentwicklung. Die Mitgliederentwicklung machte das soziale Netzwerk bislang in jedem Land in dem Facebook aktiv ist, zum Marktführer. Facebook hat über die Profile, den user generierten Content, die Vernetzung der User und die Feeds eine enorme Menge an Daten. Angebote und Nutzer zusammen zu führen, ist für Facebook auf 4 Ebenen leichter.

  1. Die Informationsqualität über Interessen und Präferenzen ist durch den User selbst höher und aktueller.
  2. Die Nutzung der sozialen Kommunikation erschließt einen Informationskanal, der höhere Glaubwürdigkeit hat, als Werbung und automatisiert nutzbar ist.
  3. Innerhalb eines Social Networks lassen sich auch innovativere Marketingleistungen jenseits von Werbung einsetzen.
  4. Die Integration des Marketings von Unternehmen in das Soziale Netzwerk und den Infrastrukturcharakter von Social Network Marketing bindet Budgets und Unternehmen fest an Facebook.

Der aktuelle Zug: Facebooks Open Graph Suche

Im direkten Wettbewerb zwischen Facebook und Google befindet sich Facebook in einer komfortableren Situation, nicht zuletzt auch weil Facebook Google leichter auf dessen Kerngebiet angreifen kann, als dies Google gegenüber Facebook derzeit kann. Während Google in der Vergangenheit eine ganze Reihe von bislang nicht erfolgreichen Initiativen gestartet hat, um auch im Bereich der Social Networks erfolgreich zu sein, hat Facebook bislang keinen direkten Angriff auf die Domaine von Google gestartet. Facebooks Open Graph Suche ist der erste Zug des Netzwerkgiganten, der direkt auf die Kernleistung von Google zielt.

Facebooks Open Graph Suche

Facebook erweitert seine interne Suche um die Inhalte aller Open Graph nutzenden Seiten, wenn dies das Mitglied will. Damit gewinnt die Suche in Facebook eine neue Qualität und bedroht die Alleinstellung von Google. Das Mitglied in Facebook muss für eine weitergehende Suche immer weniger Facebook verlassen bzw. Google aufsuchen. Das trifft ins Kern des Geschäftsmodells von Google und wird als „Kriegserklärung“ von Facebook verstanden.

Mangels Masse – sprich Präsenz und Social Media Reichweite – kann Google nicht in gleicher Weise auf den Zug von Facebook antworten und den Netzwerkgiganten ebenfalls in dessen Kerngeschäft bedrohen.

Googles Alternativen

Google wird diesen Zug von Facebook sehr genau beobachten. Das Unternehmen verfügt über ein Reservoire an analytischer Kompetenz, das seines Gleichen sucht, auch wenn sich daraus nicht automatisch auch die Kompetenz für Social Media ergibt. Ganz unbeantwortet wird man diesen neuen Zug nicht lassen können, wenn man sich weiter als Marktführer halten und die Ertragsqualität sichern will. Wie genau Google auf diese direkte Herausforderung antworten wird, weiss nur Google allein. Nachfolgende Zeilen dienen der puren Spekulation und des Trainings der kleinen grauen Zellen.

Die Bedrohung von Googles Kerngeschäfts ist seriös. Auf den ersten Blick klingt die Bedrohung des Kerngeschäfts von Google durch die Open Graph Suche vielleicht noch nicht dramatisch. Letztlich sind es ja nur die Facebook Mitglieder, deren Suche durch Facebook „umgeleitet“ werden kann. Allerdings hat Facebook in den wichtigen Industrieländern einen beachtlichen Marktanteil an den Internetnutzern. Die Facebook Nutzer zeichnet zudem eine sehr intensive Nutzung ihres Netzwerks aus. Wenn Facebook sich als primäre Startseite ins Netz etabliert hat und qualitativ ausreichende Suchergebnisse auch von ausserhalb des Netzwerks liefert, bleibt dies nicht ohne Auswirkungen auf Googles Kerngeschäft.

Um den Wettbewerb aktiv mit zu gestalten bieten sich Google verschiedene Handlungsebenen, wie z. B. diese Ansätze:

  • Qualität der Werbeeinblendung: um mit Facebook strukturell gleich zu ziehen, braucht Google eine Informationsqualität, die der von Social Networks entspricht oder noch besser ist. Dafür bieten sich ganz grundsätzlich zwei unterschiedliche Ansätze einer „globalen Interessens- und Bedarfsdatenbank“.
    • suchebasierte DB: der Aufbau einer Datenbank über die Suche der Nutzer, mit deren Zuordnung über einen Googleaccount.
    • nutzerbasierte DB: der Aufbau einer Datenbank über ein Google Profil, das von den Nutzern selbst erstellt wird und dem Nutzer über die Zuordnung von passenden Angeboten und Informationen hilft.
  • Social Media Ansatz: Googles eigene Social Media Ansätze sind nicht von ausreichendem Erfolg gekrönt. Der Aufbau eines eigenen globalen Social Networks ist gescheitert. Die Idee, die Social Networks über die gemeinsame Nutzeridentität und die plattformübergreifende Kommunikation haben sich nicht wirklich dynamisch entwickelt und eignen sich nicht als adäquate Antwort auf Facebooks Zug. Damit ist aber der Ansatz der Nutzung bestehender nationaler, regionaler und lokaler Social Networks nicht automatisch obsolet geworden.
    • Integration der Social Media Wettbewerber auf Ertragsebene: nachdem Open ID eine eher zögerliche Entwicklung nimmt, könnte Google versuchen, mit bestehenden Social Network Plattformen über eine Zusammenarbeit auf Ertragsebene – jenseits von Adsense – die Vorteile von Werbung / Marketing in Social Networks zu erschließen. Hier bietet sich für eine innovative Produktpolitik noch ein Ansatz sich zumindest indirekt in Social Media zu etablieren.

Natürlich sind das nicht die einzigen Handlungsalternativen, die Google offen stehen. Alle aufzuzählen und auch nur anzusprechen, würde die Länge eines Blogartikels deutlich überschreiten. Zudem muss Google nicht sofort reagieren. Es reicht eine substantielle Antwort auf Facebooks Herausforderung, bevor sich diese wirklich auswirkt.

Lesenswert: Warum Facebook das Internet beherrscht

Ein interessanter Artikel in SocialMediaToday befasst sich mit den Argumenten, warum Facebook mit der Einführung von OpenGraph das Internet beherrscht oder zu beherrschen beginnt.

Die wichtigsten Argumente, warum Facebook das  –  soziale – Internet beherrschen (wird / kann):

  • damit werden Websites einfach mit dem sozialen Netz verbunden und die Nutzung dieser Website wird dynamisch mit dem social Web in Form von Facebook interagieren.
  • der Like-Button strukturiert das Internet für private soziale Netzwerke wie für ganze Plattformen.

Beide Argumente sprechen sicher für einen großen Schritt in Richtung Verknüpfung über Websites und walled gardens hinweg. Der Like Button kann zugleich das Thema Bookmarking qualitativ wie quantitativ auf eine neue Ebene bringen. Das beides innerhalb von Facebook stattfindet, gibt der Plattform eine stärkere Sonderstellung als sie dies bereits aufgrund ihrer schieren Größe hat. Facebooks Quantität wird jetzt durch eine neue Qualität gestützt.

Für das Marketing ergibt sich aus der Einbindung des Open Graph in die eigene Website eine bessere Nutzung von Facebook für Social Network Marketing, insbesondere was den Aufbau eigener Online Communitys innerhalb von Facebook betrifft.

Die These von der Dominanz von Facebook wird am Beispiel von Youtube untermauert. Dort kann man sich mit seinem Facebook account einloggen. Durch Open Graph wird die Aktivität eines Nutzers auf Youtube jetzt auch auf dem persönlichen sozialen Graph dieses Users auf Facebook abgebildet.

Die These, das durch die Kombination eines sich schnell verbreitenden Facebook Connects plus OpenGraph Protokoll und einer intensiven Nutzung von I-Like-Buttons, sich die Nutzung des Netzes dahin gehend verändert, das Facebook zum zentralen Ausgangspunkt der Internetnutzung werden kann – und damit Google ablöst – ist nicht von der Hand zu weisen.

Von einer Beherrschung des Internets würde ich trotzdem noch nicht reden. Allerdings fehlt auf dem Weg zu einer wirklich beherrschenden Position nicht mehr viel. Googles Bastion – die Suche – ist die einzig wirkliche Gegenkraft gegen Facebooks Dominanz. Sollte es Facebook gelingen, eine gute Web – Suche innerhalb  von Facebook zu etablieren, wäre Google wirklich gefährdet.

Like-Button: Facebook kündigt den Open Graph an

Mehr Informationen für die Facebook Profile

Facebook die neue Nr. 1 in Deutschland

Mit dem von Zuckerberg auf der f8 Developer Konferenz so bezeichneten Open Graph – abgeleitet von Social Graph- will Facebook seine Reichweite ins Netz hinein erweitern. Weitere Informationen dazu.

Die Strategie dahinter macht durchaus Sinn. Schon eBay hat große Teile seines Umsatzes nicht über die eigene Site erzielt sondern über die Einbindung in externe Sites. Die Erweiterung der Reichweite von Facebook über andere Sites folgt also einem erfolgreichen Beispiel.

Welche Nutzenstiftung für wen?

Die Business Ebene: Erfolg scheint für dieses Vorhaben insgesamt vorprogrammiert zu sein. Die Nutzer von Facebook werden bei ihren Reisen quer durch das Netz ein sehr viel feineres und vielseitigeres Profil ihrer Vorlieben produzieren, als das dies innerhalb einer Social Network Plattform möglich sein wird.  Das Web ist eben immer noch vielseitiger als eine einzelne Plattform. Vor allem aber werden die kommerziellen Nutzer von Facebook – also Unternehmen, die Facebook als Plattform für ihr Marketing nutzen – sehr viel mehr von ihrem Marketing in Facebook hinein transportieren können, wenn die Aktivitäten von Facebook-Nutzern auf externen Websites in den sozialen Graphen dieser Nutzer einfließen. Wenn man den Ankündigungen Glauben schenkt, erwartet den Facebook-Nutzer auch bei seinem ersten Besuch einer externen Site ein auf ihn abgestimmtes Angebot – abgeleitet durch die Vorlieben, die sein sozialer Graph liefert. Zitat des Chefentwicklers: „A user should be able to show up and never having visited the site before have the site personalized for them based on their social preferences.“ Zuckerberg versichert das man zwar keine individuellen Daten über einzelne User liefern würde, aber aggregierte Daten.

User-Ebene: Nun erfahre ich also, was meine Facebook-Freunde alles im Netz für gut finden. Das kann bei einigen sehr interessant sein. Mit zunehmender Anzahl – und vor allem auch mit einer zunehmenden Anzahl von Freunden, die gar keine Freunde sind – wird daraus eine Informationslawine, die auch die wenigen interessanten Informationen von Wert überdeckt.

Transparenz: Gleichzeitig sollte ich mich – sofern ich den Like-Button benutze – fragen, ob ich diese Information allen Menschen mitteile, mit denen ich in Facebook connected bin – befreundet beschreibt die Situation einfach nicht mehr. Dazu eine interessante Information vom Entwickler:

To access his personal friends, you can download /btaylor/friends, and downloading /btaylor/likes will access all the connections he has in the open graph. (There isn’t any word on how a user can block this from happening.)

Damit habe ich dann Zugriff auf ein Interessenprofi meiner Freunde und diese auf meines.

Social Bookmarks: Mit dem Like Button wird auch das Thema social bookmarks neu gestaltet. Facebook bezieht hier – wie bei Twitter – die Funktion in seine Plattform ein. Das ist keine gute Nachricht für Bookmark-Sites.

Spambooster: Wenn ich als Marketer über den Likebutton in meiner eigenen Website Informationen im Sinn von Produktempfehlungen in den sozialen Graphen aller Facebookuser einspielen kann, mit denen ich connected bin, ist das ziemlich verlockend. Ich würde eher nicht von einer dezenten und bescheidenen Nutzung dieser Möglichkeit ausgehen. Das wird den selektiven Umgang mit Facebook-Freundschaften deutlich befördern.

Desinformation durch Informationsflut: Ich werde damit Auslöser der Informationsflut, die ich selbst nicht über mich hereinbrechen lassen will. Oder ich vermittle ein Bild, das nicht wirklich zutreffend ist. Wer automatisierte Angebote im Netz auf der Basis der Vorlieben seines Freundeskreis erhält, könnte möglicher Weise die eine oder andere Überraschung erleben. Vor allem wenn es dazu eine Rückkoppelung in seinen Graphen gibt, die er nicht kontrollieren kann.

Rückwirkung: Allzu oft führt Überfluss zum Überdruss und Völlerei in die Diät. Zu viel an Informationen, die mich so ganz und gar nicht interessieren, erfordern entweder einen sehr smarten Filter, den ich verstehen und steuern kann, oder ich blende diesen ganzen Overkill aus Selbstschutz aus. Das geht zu Lasten der Nutzungsqualität von Facebook. Gleichzeitig werde ich mich mit dieser neuen Qualität der Vernetzung fragen, welche Kontakte ich wie benötige und pflege. Weniger ist mehr oder spezieller ist besser.

Expansion per Kommunikation: Kommunikation über Facebook hinaus soll die Integration von Kommunikationstools in externe Sites ermöglichen. Das würde bedeuten, das ich den Facebook Chat nutzen kann, wenn ich auf der Seite XY bin. Für viele ist das sicher cool. Sie haben etwas interessantes entdeckt und können darüber direkt mit ihren Facebook-Freunden plaudern, ohne dafür zurück zu Facebook zu müssen. Das kann auch für das weitere Wachstum von Facebook einen neuen Schub geben, wenn dieser Dienst Nicht-Nutzern von Facebook die Möglichkeit bietet, nachzusehen, wer von ihren Freunden in Facebook gerade online ist. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden sie sich allerdings trotzdem bei Facebook anmelden müssen, um dann mit ihnen zu chatten.

Risiko Overkill: Facebook ist ein Gigant. Weil er Menschen die Möglichkeit gegeben hat, auf einfache Art miteinander in Kontakt zu bleiben. Das ist etwas sehr sinnvolles. Dafür sind viele auch bereit Werbung in Kauf zu nehmen. Ob diese Form der bislang nie gekannten Transparenz und der Verzicht auf Privatsphäre, verbunden mit einer zunehmenden Informationsflut, die genau zu Lasten des Grundnutzens von Facebook geht, noch viel mit dem Facebook zu tun haben, bei dem sich die Nutzer angemeldet haben, wird sich zeigen.

Metrics: Facebook wird sicher weiter wachsen, was die Anzahl der Profile betrifft. Ob dieser neue Schritt den Erfolg wirklich beflügelt oder ihn bremst, wird sich über die Intensität der Nutzung zeigen. Wir kennen dieses Phänomen nicht zuletzt von StudiVZ. Dort hat zuerst die Nutzungszeit deutlich nachgelassen, dann erst bröselten die Nutzerzahlen. Die Angaben zu den Online Minuten sind bei Facebook sehr unterschiedlich. Nach den Angaben auf der Site loggen sich 50% der 400 Mio. User täglich ein. Insgesamt verbringen die Facebook User mehr als 500 Mrd. Online Minuten monatlich auf der Website. Das würde pro täglichem User mehr als 2500 Onlineminuten monatlich bedeuten.  Jeder Besucher von Facebook verbringt durchschnittlich 6 Stunden und 28 Minuten im Monat auf der Plattform.