Social Media und Politik: Facebook – Informationsquelle mit eingebautem Risiko

Haben Sie die letzte Bitkom Studie zur Nutzung von sozialen Netzwerken gelesen? Vermutlich nicht oder möglicherweise nicht ganz akribisch. Die Ergebnisse sehen auch alles andere als spektakulär aus. Alles im erwarteten Rahmen. Es sei denn man blickt etwas genauer hin und macht sich Gedanken darüber, was diese Fakten auch aussagen. Sehen Sie sich doch einfach mal die folgenden Ergebnisse der repräsentativen Studie der Bitkom an.

 

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Facebook als Informationsquelle?

Analysieren wir die Informationen aus der Studie auf das Thema mediale Bedeutung als Nachrichtenquelle, erkennen wir in der letzten der 3 Grafiken das die Information über das Tagesgeschehen (Nachrichten) für die Social Media User wichtiger ist als zum Beispiel die Information über Unternehmen, Marken oder Produkte.

Relevanz

Wenn 38% der 25 Mio Facebook Nutzer sich via Facebook über das Tagesgeschehen informieren, ist Facebook eine wichtige Informationsquelle über das Tagesgeschehen – und damit auch über politisch relevante Inhalte –  für knapp 10 Mio. Menschen in Deutschland.  Als intensiv genutzte Informationsplattform ist Facebook damit sehr relevant wenn es um Meinungsbildung geht. Betrachten wir die Nutzung von Facebook in der Altersgruppe der 14 – 29 jährigen dürfte dort die Bedeutung von Facebook als Anlaufstelle für Informationen zum Tagesgeschehen am höchsten sein.

Facebooks Manipulation hat Potenzial

Facebook manipuliert bereits heute unseren Informationsstrom – den Newsfeed. Dies soll dafür sorgen, das gut vernetzte User nicht von einem Informationsoverkill überflutet und verprellt werden. Die Selektion der Inhalte, die direkt wahrgenommen werden können – also im Newsfeed direkt stehen – findet nach facebook anhand unseres Verhaltens statt. Beachten wir Informationen aus einer bestimmten Quelle einfach nicht – d. h. reagieren wir nicht auf sie – werden Informationen dieser Quelle aus den Hauptmeldungen ausgelagert und sind dann nur noch über den kleinen Reiter „sortieren“ im Newsfeed erreichbar.

Was individuell klappt, dürfte auch für Gruppen, Regionen und ähnliches realsierbar sein. Wie lange wird es wohl dauern, bis unsere lieben NSAläuse – Auchtung: vorweihnachtliches Wortspiel mit Nikolaus – auf diese Idee verfallen. Der besondere Charme daran – Facebook hat die technische Grundlage ja schon geschaffen und NSA den Zugang zu den Daten.

NSA 2.0

Wie charmant ist denn die Idee die Jugend der Welt / einer Region Ihres Misstrauens auf diesem Weg zu infiltrieren? Aber im Ernst, das ist doch auch eine Form von Social Media:

  • aufmerksam zuhören und
  • Inhalt entsprechend verpackt bereitstellen über die geredet werden soll.

Betrachtet man ein Risikopotenzial dieser Qualität und wie unsere politische Führung schon mit einem deutlich weniger heiklen Fall wie dem NSA Abhörskandal umgeht, bleibt eigentlich nur noch die Flucht in die Satire.

Also liebe Mitbürger und Social Media Kollegen. Die NSA hört uns nicht ab um uns auszuspionieren. Nein, die wollen nur wissen, was sie uns wie als Inhalt servieren müssen, damit wir uns in die Richtung orientieren, die sie uns als Mehrheitsmeinung und Realität aufzeigen.

Was sagte Tucholsky so treffend: Satire darf alles. Anmerkung meinerseits dazu: nur nicht Realität werden.

Ein letzter Scherz zum Schluss: Kennen Sie den Unterschied zwischen BILD und Facebook. Nein, nicht die Reichweite. Bei BILD wissen wir sicher wer uns sagt, was wir als die Realität verstehen sollen.

Frohes Fest und eine fröhlichere Bescherung.

 

[info]Hinweis auf das Seminar Social Media in der Poltik[/info]

 

Social Media in der Politik – das teAM der CDU

Social Media in der Politik wird zu gern auf zwei Themen verengt – das Beispiel Obama und der zyklische Gebrauch in Wahlkampfzeiten. Nun sind Beispiele aus der US Politik nicht ohne weiteres auf Deutschland übertragbar. Deshalb ist ein ähnlich wirkender Ansatz  in Deutschland um so interessanter.

Thorsten Rietbrock, Leiter teAM Deutschland
Thorsten Rietbrock, Leiter teAM Deutschland

Die CDU hat seit einigen Jahren mit dem teAM eine eigene Struktur installiert, die einen Schwerpunkt in der Nutzung von Social Media hat. Neben der Recherche im Netz habe ich mich in einem Interview mit Thorsten Rietbrock, dem Leiter des teAM Deutschlands, über die Hintergründe, Aufgaben und Erfahrungen im Bundestagswahlkampf 2013 informiert.

Fakten zum teAM

  • Seit 2005 aktiv
  • Seit 2009 öffentlich bekannt
  • Zentrales Team mit Vernetzung in alle Wahlbezirke
  • Volunteerbasiert
  • Ãœber 25 Tausend Teammitglieder (Unterstützer).
  • Altersstruktur entspricht Altersstruktur der CDU
  • Teammitglieder sind weit überwiegend CDU Mitglieder (2009 waren 92% der Teammitglieder auch CDU Mitglieder)
  • Der Teamaufbau für den Wahlkampf hat sich – gegenüber 2009 – enorm beschleunigt.
  • 300 teAMs – in allen 299 Wahlbezirken waren teAM Mitglieder als Ansprechpartner und Verbindung präsent. Ein teAM kümmerte sich um wahlkreisunabhängige Unterstützer.

Aufgaben und Funktionsweise

Die generellen Aufgaben des teAM Deutschlands im Bundestagswahlkampf 2013 waren

  • die Unterstützung der Wahlkampfaktivitäten von Angela Merkel durch Organisation und man power in der Vorbereitung und Durchführung und
  • die direkte Unterstützung des Wahlkampfs vor Ort mittels Motivation, Information, Profiling, Vernetzung.

Online – offline

Social Media wurde zentral vom Team Berlin bespielt. Dort kümmert man sich auch um die eigene teAM-Plattform. Der Schwerpunkt des teAMs Deutschland lag im Wahlkampf vor Ort, insbesondere im Strassenwahlkampf.

Der Aufgabenschwerpunkt der Bundestagswahl 2013 hat sich gegenüber dem Bundestagswahlkampf 2009 von der Generierung von Volunteers auf die Mobilisierung von Mitgliedern und Wählern der CDU verschoben.

Die teAM Plattform

Neben der Unterstützung online durch die Bereitstellung von Informationen, fertigen Posts und Tweets, eigenen Social MediaAktivitäten lag der Arbeitsschwerpunkt online darin eine  Arbeitsplattform für den Wahlkampf zur Verfügung zu stellen und Wahlkämpfer zu vernetzen. Zugleich diente diese Plattform als Arbeits- und Organsationsplattform in der nicht zuletzt auch Kompetenz- und Beteiligungsprofile zur Verfügung stehen.  Diese Plattform wurde für den Einsatz auf der Strasse durch eine mobile App – die Merkel-App unterstützt in der das teAM eingebunden war.

merkelapp

Das teAM war 2013 tiefer in die allgemeine Wahlkampforganisation eingebunden als 2009 und hat sich stärker als Dienstleister für den Wahlkampf vor Ort etabliert. Die Eckpunkte dieser Rolle als Dienstleister waren dabei

  • ein dezentraler Ansatz,
  • eine direkte und schnelle Informationsmöglichkeit für CDU Wahlkämpfer
  • eine breite Palette an Mitwirkungsmöglichkeiten für potenzielle Wahlkämpfer,
  • Ein möglichst hoher, individueller Informations- und Kommunikationsstand für die einzelnen Mitglieder und Aktivisten
  • Vielfältige Beteiligungsmöglichkeiten für Mitglieder
  • Hoher, individueller Informationsstand über die Ressourcen, Beteiligungsmöglichkeiten und -wünsche von Mitgliedern.

Erfahrungen, Erkenntnisse, Beispiele

Reichweite und Organisationsdurchdringung

Rechnet man zur CDU die Schwesterpartei CSU und Organisationen wie die Junge Union und Senioren Union hinzu, ist das für einen Wahlkampf zu mobilisierende Potenzial an Mitgliedern deutlich jenseits von 650.000 Menschen. Eine Informationsstruktur, die auf Parteistrukturen – mit Bundespartei, Landesverbänden, Kreisverbänden und Ortsverbänden basiert, ist einer schnellen und ergonomischen Information des Mitglieds nicht immer ausreichend gewachsen. Wo eine parallele Organisationsstruktur zur bestehenden Parteistruktur für Irritationen sorgen kann, beschleunigt und verbessert eine zentrale Informations- und Arbeitsplattform den Informationsstand und die Informationsqualität, ohne ein zentrales Steuerungsinstrumtent sein zu wollen. Die Akzeptanz einer solchen Plattform wächst durch deren Qualität und Nutzenstiftung, basiert auf Freiwilligkeit und Ãœberzeugung und benötigt entsprechend Zeit. Da dieses System auf die Wahlkampfsituation ausgerichtet ist, muss diese Akzeptanz immer wieder neu erarbeitet werden. Dies geschieht von Wahlkampf zu Wahlkampf immer schneller.

Die Netzplattform

Informationsqualität ist individuell: Jeder Wahlkämpfer bewegt sich in seinem eigenen sozialen Kontext und benötigt dafür passende Informationen und Argumentationshilfen und nicht jeder Wahlkämpfer kann auf jedem Gebiet perfekt informiert sein. Die Netzplattform des teAMs nutzt ein Profiling, das die passenden Information für jeden Wahlkämpfer zur Verfügung stellt.

Thorsten Rietbrock beschreibt die Wirkung der Plattform für die Informations- und Argumentationsqualität im Wahlkampf an dem Beispiel eines jungen Wahlkämpfers, der für die Themen seines überwiegend jungen sozialen Umfelds informativ und argumentativ unterstützt wird. Da der gleiche junge Wahlkämpfer zugleich ein soziales Jahr im Altenheim leistet, erhält er für die Themen, die ältere Mitbürger besonders informieren ebenfalls die Informationen und Argumente um bei Fragen kompetent und sicher antworten zu können. Besser informierte Wahlkämpfer fühlen sich sicherer, sind motivierter und aktiver. Die Plattform hilft über die Vernetzung der Wahlkämpfer und die mobile App auch in Fällen in denen der einzelne Wahlkämpfer nicht ausreichend informiert ist, den bestmöglichen Ansprechpartner für den Wähler zu finden.

Die Netzplattform des teAM dient darüber dem Erfahrungsaustausch und der Ideenbörse für Wahlkampfaktivitäten.

Ein weiterer und wesentlicher Effekt der Plattform ist das individuelle Engagementsprofil. Rietbrock beschreibt macht diesen Vorteil an einem simplen Beispiel fest. Nicht jeder fühle sich im Strassenwahlkampf sicher. Manches Mitglied würde sich gern auf andere Weise, entsprechend seinen Stärken, beteiligen. Die Plattform macht dies für den örtlichen Wahlkampf nutzbar. „Wenn jemand einfach lieber einen Kuchen backen würde oder lieber etwas sportlich machen, steht dieses Wissen jetzt vor Ort einfacher zur Verfügung.“ Dies ermöglicht nicht nur individuellere Aktivitäten vor Ort, es bietet auch mehr Menschen die Möglichkeit einer passenden Mitwirkung.

Wahrnehmung in der CDU

Die Wahrnehmung des teAMs in der Partei war im Strassenwahlkampf und hier insbesondere bei den Veranstaltungen von Angela Merkel positiv weil direkt erkennbar. Rietbrock beschreibt das so: „Wenn da ein ganzer Bus mit teAM Mitgliedern kommt und die Veranstaltung vor Ort zu unterstützen, wird das sehr positiv erkannt und aufgenommen.“ Deutlich weniger wurde in 2013 die positive Wirkung der teAM Netzplattform bewusst wahrgenommen. Wenn etwas funktioniert ist das eher kein Grund für feedback, als wenn es nicht funktioniert und strukturelle Verbesserungen im Hintergrund werden nicht so sehr wahrgenommen wie inszenierte Aktivitäten wie z. B. Linie 150.

Social Media Nutzen für Wahlkampforganisationen

Das teAM hat sich in einem seiner Aufgabenschwerpunkt bewusst als Dienstleister im Dienst der allgemeinen Wahlkampforganisation verstanden und hier Social Media Tools und Methoden rund um Information, Motivation, Erfahrungsaustausch, Inspiration und nicht zuletzt Ressourcenoptimierung eingesetzt. Schwerpunkt der Arbeit des teAMs war im Bundestagswahlkampf die Aktivierung der eigenen Basis.

Was kann Social Media überhaupt für einen Wahlkampf bewirken?

Social Media nur für Wahlkampfsituationen einzusetzen wird gerne grundsätzlich in Frage gestellt, weil Social Media eigentlich von permanenter Natur ist. Da auch ein temporärer Einsatz Vorteile – gegenüber der Nichtnutzung – bringt, macht es mehr Sinn Social Media zumindest temporär als gar nicht zu nutzen.

Eine temporäre interne Nutzung kann – ausreichende Organisationsdurchdringung vorausgesetzt – die Leistungsqualität und Leistungsquantität einer Wahlkampforganisation erhöhen. Schnelle und individuell nützlichere Information, individuellere Partizipationsmöglichkeiten, gegenseitige Motivation und nicht zuletzt ein höheres Gemeinschaftsgefühl heben nicht nur die Motivation der Beteiligten, sie erhöhen auch deren Kreis und führen so in der Summe zu einem quantitativ und qualitativ höheren Leistungsvermögen einer Wahlkampforganisation.

Weniger abstrakt und deutlich plastischer formuliert: eine Organisation, die diese Methoden erfolgreich und breit nutzt, wechselt im Wettbewerb vom Vorderlader auf das Repetiergewehr. Natürlich lässt sich mit einem Vorderlader auch   Wirkung erzielen, Repetiergewehre gelten allerdings aufgrund höherer Feuerkraft als leistungsfähiger.

Social Media – das Potenzial für Wahlkampf und Meinungsbildung

Social Media ist nicht nur in Wahlkampfzeiten hilfreich. Die ganze Wirkung erzielt eine strategische Nutzung auf Dauer – ausgerichtet auf den permanenten politischen Wettbewerb. Ansonsten wird das Rad zum Teil immer wieder neu erfunden werden und Effizienz auf der Strecke bleiben.

Das Internet gewinnt für die politische Meinungsbildung eine zunehmend wichtige Bedeutung. Social Media als eine der am häufigsten genutzten Internetanwendungen spielt hier eine besondere Rolle:

Politische Meinungsbildung und Medien

Nur Social Media bietet die Möglichkeit

  • einen direkten Zugriff auf die User zu haben und
  • in deren sozialen und Kommunikations-
  • umfeld präsent zu sein.

Zukunftsperspektive teAM

Der Bundestagswahlkampf ist vorbei. Welche Zukunftsperspektive hat das Modell des teAMs der CDU? Die Entscheidung darüber ist in der CDU noch nicht gefallen. Auf jeden Fall hat sie darin Erfahrungen gesammelt, Social Media für die Mobilisierung der eigenen Mitgliederbasis einzusetzen. Damit ist sie anderen Parteien zumindest temporär einen Schritt voraus. Im nächsten Wahlkampf werden bei einem temporären Einsatz die Karten neu gemischt und die CDU würde wohl etwas erfahrener aber trotzdem wieder „weiter hinten“ ansetzen müssen. Auf Dauer ist diese Vorgehensweise nicht effizient. Spätestens wenn der politische Wettbewerb nachzieht, sollte diese zyklische Methode in Frage gestellt werden.  Es ist nun mal wenig klug in Friedenszeiten das Militär ganz abzuschaffen, wenn sicher ist, das man bald wieder darauf zurück greifen muss. Strukturelle Wettbewerbsvorteile sind eben kurzfristig kaum auszugleichen. Eine strukturell höhere Mobilisierungsfähigkeit von Mitgliederbasis und Wählern halte ich für einen besonders ausgeprägten Wettbewerbsvorteil. Das Social Media in der Politik mehr kann, als eine Mitgliederbasis zu mobilisieren, lässt erwarten, das mit dieser Nutzung noch nicht das Ende der Fahnenstange für den Einsatz von Social Media in der Politik erreicht ist.

 

[info]Hinweis auf das Seminar Social Media in der Poltik[/info]

 

 

Social Media in der Politik – jenseits von twittern und posten.

Die Bundestagswahl 2013 ist vorerst vorüber und der Wählerwillen hat uns ein Ergebnis beschert, das noch für Tage und Woche Thema sein wird. Koalitionsbedarf und Koalitionsspiele sind aber nicht das Thema, das ich hier anspreche. Social Media in der Politik ist als Thema zwar nicht so sehr im Blickpunkt der Öffentlichkeit und der veröffentlichten Meinungen, aber zumindest aus meiner Sicht nicht weniger interessant.

Nein, es geht nicht darum, welcher der politischen Akteure mehr Fans auf Facebook hat, oder mehr Follower bei Twitter. Auch nicht darum, wer mehr postet, tweetet oder ähnliches. Das ist meist eh für die Katze. Sorry, lieber Vierbeiner. Zumindest war 2013 mehr Social Media als 2009.

Willkommen im Social Media Neuland

Die Kanzlerin hat es auf den Punkt gebracht. Es ist immer noch Neuland und darin tapsen unsere Parteien zunehmend aktiver umher. Mit mehr oder weniger Resonanz. Ein Blick auf die Social Media Aktivitäten der verschiedenen Parteien hält mich spontan davon ab, diesen Ansatz für einen Beitrag zum Thema Social Media in der Politik zu wählen. Blenden wir den aktuellen Lärm einfach mal aus, lehnen uns entspannt zurück, vergessen war was macht oder nicht macht und fragen uns – ganz ohne wtf – was Social Media in der Politik eigentlich leisten kann. Und bitte – akzeptieren Sie meine Entschuldigung für meinen Humor. Aber mit Humor lässt sich vieles einfacher ertragen.

Kommunikationskanalarbeiten = Social Media?

Natürlich können wir Social Media auch als Kommunikationskanal für Statements und Wahlkampfslogan nutzen. Das ist nicht verboten. Wir könnten an die dezenten Plakatwände, die zu Wahlkampfzeiten die Landschaft oder das Stadtbild verstellen, auch Räder montieren und sie grölend durch die Gegend schieben. (Bitte, bitte, das ist ein Scherz, nicht nachmachen.) Das würde hoffentlich verboten.

Nein, ich überspringe diesen Punkt einfach mal. Da wäre Gernot Hassknecht einfach kompetenter.

Das Social Media Potenzial in der Politik

Menschen erreichen ist sicher eines der Leistungspotenziale von Social Media. Aber das können wir mit Plakaten auch.

Web 2.0 – das MitmachWeb

Es ist das mitmachen, das Social Media von anderen Medien unterscheidet. Wer sich in Social Media mit etwas verbindet, will zumindest die Möglichkeit haben, aktiv zu werden. Sonst könnte er es auch sein lassen und sich über alle anderen Kanäle berieseln zu lassen.

Schon hart, wenn man diese platte Formulierung heute noch nutzt. Sorry für alle, die jetzt schmerzverzerrt auf den Monitor starren. Für die anderen: ja, mitmachen können ist Sinn der Sache. (Natürlich ist es nicht verboten weiter Plakate ins Internet zu kleben.)

PolitWeb 2.0 – MitmachWeb in und für Politik

Die Digitale Wasserscheide für Parteien und Politiker existiert und sie ist einfach zu erkennen. Kann der Social Media User sich sinnvoll und seriös einbringen?

Parteien, die das nicht wirklich wollen, werden vermutlich trotzdem nicht auf Social Media verzichten.

Politische Partizipation und Social Media

Wer an APO und an einen Angriff auf die repräsentative Demokratie denkt, sollte sich besser Rainer Brüderle anschliessen, sein Facebook Profil löschen und ein gutes Glas Wein zu sich nehmen. Das kann durchaus auch ein Pfälzer Tröpfchen sein, muss aber nicht. Für den Rest wird es jetzt vielleicht sogar spannend.

Da draußen in sozialen Netz gibt es eine neue politische Spezies. Na ja. Ganz so neu ist sie nicht, aber neu verkauft sich immer gut. Diese „neue“ Spezies vegetiert ungeniert im Freiraum zwischen Parteimitglied und Wähler. Im politischen Niemandsland sozusagen.

  • Menschen, die der eigenen Partei ein wenig näher stehen, als „nur“ Wähler zu sein, aber nicht daran denken sich einer Partei anzuschliessen. Nennen wir diese Gruppe einfach mal die potenziellen Aktivisten.
  • Menschen, die über Themen und Einstellungen einer Partei etwas näher stehen, als anderen, ohne sich ihr zugehörig zu fühlen. Oder sie deshalb zwangläufig zu wählen. Nennen wir diese Gruppe einfach mal die potenziellen Interessenten oder Wähler.

Social Media Ziel Interessenten sammeln und aktivieren

Social Media bietet die besten Voraussetzungen relevante Themen inhaltlich durch echte Kommunikation – statt Verlautbarungen - zu besetzen und damit die Interessenten und potenziellen Wähler zu erschliessen. Das ist allerdings keine Kampagnenaufgabe sondern – zumindest bei wichtigen, permanenten – Themen auch eine permanente Aufgabe. Hier gilt es Grund zu gewinnen und zu halten. Themen vor Wahlen anzusprechen, sie aber nicht dauerhaft zu besetzen, ist auf Dauer nicht erfolgreich.

Social Media Ziel Aktivisten integrieren und aktivieren

Social Media bietet die besten Voraussetzungen um potenzielle Aktivisten für die eigenen Ziele zu erreichen und zu aktivieren. Die Möglichkeit sich temporär für gemeinsame Ziele zu engagieren, ohne Parteimitglied zu sein, schafft einer Partei ein ungleich grösseres Reservoir an nicht zuletzt auch überzeugenderen Wahlkämpfern als es die eigene Parteibasis bieten kann.

Der Fairheit halber: Die CDU hat in Sachen Partizipation und Aktivisten ein wenig mehr gemacht, als andere und in ihrem Wahlkampf auch ein Mehrfaches an Nichtwählern reaktiviert als andere Parteien.

Das Nichtwählerthema

Nichtwähler sind alle nicht politikuninteressiert und auch keine permanenten Nichtwähler.

  • Von den 18,2 Millionen Nichtwählern der Bundestagswahl 2013 waren über 2,5 Mio. der letzten Bundestagswahl 2009.
  • Von den 18,8 Millionen Nichtwählern der Bundestagswahl 2009 wählten bei der Bundestagswahl 2013 immerhin 3,2 Millionen Wahlberechtigte wieder.

Es gibt also nicht nur permante Nichtwähler sondern auch temporäre. Innerhalb der Nichtwähler dürften für jede Partei latente Wählerreserven zu finden sein, sei es in Form von Wechselwählern oder reaktiverten früheren Wählern.

Welche Bedeutung hat die Reaktivierung von Nichtwählern?

Nehmen wir den Klassenbesten in diesem Thema – die CDU/CSU.

  • bei der Bundestagswahl 2013 hatte sie 14.913.921 Wähler.
  • die reaktivierten Nichtwähler machen mit 1,52 Millionen mehr als 10% des Ergebnisses der CDU – CSU aus.

Ohne die Nichtwählerstimmen läge die CDU CSU bei den Zweitstimmen lediglich bei 30,6% der abgegebenen gültigen Wählerstimmen (statt bei 41,5%).

Hätte die FDP nur halb so viel an die Nichtwähler verloren, wäre sie über die 5% Hürde gekommen. Das Problem der FDP waren damit weniger  „Leihstimmen“ die an die CDU CSU zurück gingen, als die Stimmverweigerung früherer FDP Wähler, die sich dafür entschlossen haben, nicht mehr zu wählen.

Eine interaktive Grafik zu diesem Thema finden Sie hier. 

Social Media für die Politik – die eigentliche Aufgabe

Die gute Nachricht – man kann mit Social Media dazu beitragen, Wahlen zu gewinnen. Das ist meine Ãœberzeugung, die früher oder später auch empirisch belegt werden wird. Die schlechte Nachricht – dazu gehört mehr als klassischer Wahlkampf und Kampagnendenken, wie die zwei kurz beschriebenen Aufgaben zeigen.

  • Themen besetzen, Interessenten gewinnen und aktivieren: eine permanente Aufgabe, die auch eine permanente organisatorische Struktur mit der nötigen Kommunikationsleistung erfordert. Facebook und Twitter sind als Plattformen dafür  lediglich als Verteilerstationen und Kommunikationswege geeignet.
    • Die Meinungsführerschaft zu politischen Themen ist eine Frage der Wettbewerbsfähigkeit und wird auf Dauer nicht ohne erfolgreiche Social Media Strukturen zu gewinnen und zu halten sein. Dieser permanenten Aufgabe gerecht zu werden, wird für die kleineren Parteien schwieriger als für die beiden großen.
    • Hier haben alle Parteien ein enormes Entwicklungs- und Wachstumspotenzial.
  • Aktivisten gewinnen und integrieren – eine Aufgabe deren Schwerpunkt im Wahlkampf liegt.
    • Die Chance, die sich hier für Wahlkämpfe bietet, ist auch eine extreme Herausforderung. Wenn ein Potenzial an Aktivisten erschlossen wurde und in einem Wahlkampf effizient genutzt werden soll, muss ein mehrfaches dessen gemanagt werden, was Parteien aus der eigenen Parteibasis an Wahlkämpfern zur Verfügung steht.
    • Hier hat die CDU schon einen ersten Schritt getan.

Wenn Sie sich stärker mit den Thema befassen wollen, empfehle ich Ihnen ein allgemeines Seminar zum Thema Social Media in der Politik oder eine individuelle Diskussion über die konkreten Möglichkeiten für Ihre Situation.

 

[info]Hinweis auf das Seminar Social Media in der Poltik[/info]

 

 

 

 

 

 

Social Media und Politik jenseits der Verengung auf den Wahlkampf

Wir haben Wahlkampf. Ja, tatsächlich. Nicht nur auf Plakaten lächeln und Menschen freundlich an, die unser Bestes wollen. Auch in Social Media begegnet uns das alle 4 Jahre wieder Phänomen. Alle Parteien nutzen Social Media – wenngleich mit überschaubarem Erfolg. Eine Obama-Wirkung in Social Media erfordert neben etwas Charisma vor allem Kompetenz und Verständnis für das Medium.

Alle 4 Jahre wieder turnen Polit-Kampagneros durch Social Media.

Eigentlich ist es ja müssig. Social Media und Politik passt heute in Deutschland so gut zusammen wie zwei linke Highheels an die Hufe eines gemütlichen Stallochsen. Der Grund dafür ist simpel. Repräsentative Demokratie wird in Deutschland so verstanden: wir wählen alle 4 Jahre und  ansonsten machen dann die Profis was sie für richtig halten. Wenn die Bevölkerung mit dem Ergebnis zufrieden ist – gut. Wenn nicht, verabschieden sich eben immer mehr in eine Politiker- und Parteienverdrossenheit.

Was passiert in Social Media mehr als das man es als weiteren Lautsprecher nutzt und Social Media crossmedial mit Inhalten bespielt. Mit überschaubarem Erfolg.

CDU:

  • 472 Tsd. Mitglieder –
  • 36.971 Facebook Fans und
  • 2.929 die über die Inhalt der CDU in Facebook sprechen.

CSU

  • 150 Tsd. Mitglieder
  • 15.332 Facebook Fans und
  • 1.128 Fans, die über die Inhalte der CSU in Facebook sprechen.

SPD

  • 474 Tsd. Mitglieder
  • 42.786 Fans in Facebook und
  • 5.914 Fans, die über die Inhalte der SPD in Facebook sprechen.

Ersparen wir uns darüber nachzudenken, warum die etablierten Parteien in Facebook nur einen kleinen Teil der eigenen Parteimitglieder, geschweige denn der Wähler erreichen. Es ist zu offensichtlich: es macht weder Spass noch Sinn den Like-Button zu betätigen. Der Social Media User hat nichts davon. Bessere Information, Partizipation?

Social Media und Politik Рso k̦nnte es aussehen

Nur zur Erinnerung:

  • Social Media funktioniert nur in der Einbindung der Social Media User. Alles andere ist simples, traditionelles Marketing in einem Medium.
  • Social Media basiert also auf Partizipation. Nicht zuletzt reden wir – manchmal etwas spöttisch – vom „Mitmach-Web“.
  • Partizipation muss konzeptionell gewollt und technisch möglich sein.

Eine nachhaltig erfolgreiche Social Media Nutzung für politische Ziele setzt also auf eine ausreichende Beteiligung und auf attraktive – und funktionierende – Beteiligungsmöglichkeiten – sowohl in inhaltlicher als auch in technischer Sicht.

Die Strategie

Ziel einer Social Media Strategie Politik sind der Aufbau von Reichweite und ein messbares Ergebnis in Form einer politischen Wirkung. Eine Wirkung kann hier z. B. die Veränderung einer Grundstimmung und Einstellung von Zielgruppen sein.  Der Weg zum Aufbau von Reichweite und von Strukturen die ein messbares Ergebnis ermöglichen ist mehrstufig und teilweise komplexer als es scheint.

Wir benötigen zumindest

  • Zielgruppenkonzept: wir sollten wissen, wen wir erreichen wollen und welches Ergebnis wir in der jeweiligen Zielgruppe mit welcher Methode und Motivation erreichen können. Ohne die Kenntnis der Zielgruppe geht gerade in Social Media wenig. Manchmal lernen wir aber unsere Zielgruppen erst durch Social Media wirklich kennen.
  • Social Media Architektur: wie wir Plattformen entwickeln, einbinden und verbinden um eine ausreichend attraktive Nutzung und nachhaltigen Erfolg zu ermöglichen.
  • Contentkonzept: definiert, welche Inhalte in unseren Zielgruppen wichtig sind und wie wir diese Themen nutzen um damit Interessenten, Mitglieder unserer Community, Unterstützer und Volunteers zu generieren.
  • Community Management Konzept: definiert wie wir – mit welchen Ressourcen – unsere Community aufbauen und aktiv halten. Dabei spielen neben den Kommunikationstools u. a. Motivation-, Auszeichnungs- und nicht zuletzt Vernetzungskonzepte eine große Rolle.

Über eine nachhaltig funktionierende Social Media Strategie, die state of the art ist, lässt sich ein Büchlein schreiben, wobei die Zahl der empfehlenswerten praktischen Beispiele mehr als nur dünn ist. In deutschen Landen werden wir vergeblich nach einem guten Beispiel suchen. Nicht zuletzt, weil die Parteien sich in Social Media immer noch ein wenig wie emotional fremdelnde Immigranten mit Sprachdefiziten wirken. In den USA hat die Obama Präsidentschaftskampagne und ihre Nachfolgeentwicklung interessante Züge und ist zumindest deutlich weiter entwickelt, aber ebenso klar repräsentiert sie nicht das Ende der Möglichkeiten.

Kompetenz und Ressourcen

Eine nachhaltig erfolgreiche Social Media Strategie für politische Ziele zu realisieren bedeutet sehr, sehr viel mehr als nur Facebook und Twitter zu nutzen und vielleicht noch ein eigenes Forum und einen Newsletter zu betreiben.

Ein Grund dafür ist die etablierte Nutzung von Social Media und die Bedeutung der vorhandenen Plattformen – insbesondere von Facebook.

Wer heute startet und in seinen Zielgruppen eine hohe, aktive Reichweite etablieren und damit konkrete Ziele realisieren will, steht vor dem kleinen Dilemma, nicht ohne diese Plattformen arbeiten zu können, aber mit ihnen allein nicht erfolgreich sein zu können. Die Lösung liegt in einer Social Media Architektur, die diese Plattformen einbezieht, aber die erforderlichen Tools bereit stellt und die Sicherheit und Aktivität dieser Strategie ermöglicht.

Erfolgreich realisiert kann eine solche Strategie heute entweder durch eine größere Organisation oder eine breite Volunteer basierte Bewegung. Eine Struktur zu etablieren, die einer nachhaltigen Social Media Strategie für politische Ziele gerecht wird, dürfte die politischen Parteien in Deutschland sehr fordern. Die fachliche Kompetenz dafür ist auch in Deutschland zumindest bei einer Handvoll Spezialisten gegeben. Die  erforderlichen wirtschaftlichen Ressourcen dafür dürften für kleinere Parteien eine zu große Herausforderung sein und auch die großen Volksparteien davon abhalten diesen Weg konsequent zu gehen.

Die Organisation, die dafür am ehesten geeignet wäre eine Social Media Strategie für die Politik mit einer leistungsfähigen Architektur zu etablieren – und auch davon am meisten profitieren würde – wäre die Europäische Union in Gestalt des Europäischen Parlaments, um

  • die Bürger besser zu informieren und einzubinden,
  • regional  politisch besser gestalten zu können,
  • ein Gegengewicht zum Rat und den Eigeninteressen der Staaten zu gestalten
  • das Europäische Parlament näher an die Bürger zu bringen.

Das Facebook in einer politischen Strategie eine entscheidende oder zentrale Rolle spielt, ist zumindest Anfangs nicht ganz zu vermeiden, aber auf Dauer nicht nur aus rechtlichen Gründen wie dem Datenschutz ein Problem. Wer die Funktionsweise und die Gestaltungsmöglichkeiten bei den Kommunikationstools kennt, weiss, wie dezent man die Reichweite und damit auch Wirkung von Information und Kommunikation forcieren oder reduzieren kann. Wer also wichtige politische Ziele auch in Social Media verfolgt, muss bei der Nutzung von Facebook daran denken, das dort die Wirkung von Informationen generell gesteuert ist (Stichwort Newsfeedalgorithmus). Wie diese Steuerung generell oder im Einzelfall aussieht, ist nicht bekannt.

Betrachten wir vor dem Hintergrund der Aktivitäten der NSA dieses Potenzial, bietet sich den USA heute in Ansätzen, aber zukünftig sicher stärker, eine interessante gestaltende Möglichkeit einer unerkannten aktiven Einflussnahme. Wer kann nach den aktuellen Erfahrungen sicher sein, das dieses Potenzial auf Dauer ungenutzt bleibt? Insbesondere wenn es um strategische Eigeninteressen geht.

Konkreter Informationsbedarf

Für einen konkreten Informationsbedarf empfehle ich Ihnen das Seminar Social Media in der Politik oder ein persönliches Coaching.

 

[info]Hinweis auf das Seminar Social Media in der Poltik[/info]

 

Social Media in der Politik: Organizing for Action (OFA)

Mit einer eMail von Barrack Obama erhielt ich eine Einladung mich an dieser Aktion zu beteiligen. Betrachtet man den Einsatz von Social Media aus klassischer (auch deutscher) Politikperspektive macht es auf den ersten Blick wenig Sinn eine Organisation als Nachfolge der Kampagne für die eigene Wahl aufzustellen. Obama ist als Präsident schon wiedergewählt und eine erneute Wiederwahl ist für Barack Obama nicht möglich.

Ein anderer Blickwinkel macht diese Organisation aus mehreren Gründen durchaus sinnvoll wie auch zielführend. Aber sehen Sie sich doch zuerst das Video an, dann verstehen Sie einiges besser.

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Social Media in der Politik – mehr als ein Wahlkampfinstrument

Um zu verstehen, wie viel  mehr Social Media für und in der Politik leisten kann, reicht es sich zu erinnern, was Social Media vermag:

  • Social Media verbindet Menschen und
  • Social Media kann Menschen eine Stimme geben,
  • sie organisieren und aktivieren.
  • Social Media kann Meinung bilden und Meinung verändern.

Dieses Leistungspotenzial ist bei weitem nicht nur in Wahlkampfzeiten wertvoll. Im Unterschied zu den klassischen Medien geschieht dies nicht in der Einbahnstrasse Sender-Empfänger sondern als Dialog von Menschen.

Kennen Sie Campact? Unter dem Slogan „Demokratie in Aktion“ können dort Bürger ihre eigenen politischen Kampagnen aufsetzen oder sich an anderen Kampagnen beteiligen.

Barack Obama schafft sich mit Organizing for Action eine eigene Struktur, die ihm sowohl als amtierenden Präsidenten, aber auch für die Zeit danach ermöglicht, Politik zu gestalten.

Politische Strukturen jenseits etablierter Parteien

Denken Sie jetzt bitte nicht an die Piraten und deren Höhenflug und anschließenden Absturz. Der ursprüngliche Ansatz derPiraten war näher an Campact – also Plattform für Politik sein zu wollen – als an einer Partei. Nun soll aus den Piraten eine Partei werden und das führt zu einer deutlichen Reduzierung der Attraktivität.

Die Art von Struktur, für die Organizing vor Action steht, hat eine Position und hat klare Ziele, aber sie ist keine klassische Partei, sondern eine Bürgerbewegung. Gut, da haben die Grünen auch ihre Wurzeln, könnte man denken. Vielleicht wird daraus dann noch Partei. Muss es aber nicht.

Um Ziele zu verwirklichen braucht es keine weitere Partei. Es reicht die Erkenntnis der politischen Mandatsträger, das diese Ziele verwirklicht werden müssen, um an der Macht zu bleiben. Es reicht über Themen, Kommunikation und Engagement Wahlen entscheiden zu können, um Ziele voran zu bringen. Der Rahmen einer Partei ist dafür nicht nötig und eher schädlich. Social Media bietet hier ausreichend Möglichkeiten und Werkzeuge, vor allem aber beeinflusst es die Erfahrung von Social Media auch die Menschen. Da Wahlen heute immer wieder sehr knapp entschieden werden, ist dieser Ansatz zunehmend relevant.

Organizing for Action für Obama

Der amtierende Präsident hat Veränderungen als Ziel. Veränderungen, die er nicht in der ersten Legislaturperiode hat durchsetzen können und Veränderungen, die er auch in der zweiten Legislatur nicht ganz wird realisieren können. Politik ist in einer Demokratie die Kunst des Kompromisses. Es wäre naheliegend, nur umzusetzen, was in der verbleibenden Legislatur geht. Möglicherweise ist das nicht ausreichend für Barack Obama und vielleicht hält er es nicht für ausreichend für den Grad an Veränderung den er für die USA als erforderlich ansieht.

Am Ende seiner Amtszeit als Präsident wird Barrack Obamas Einflussmöglichkeit auf die Politik, werden seine direkten Gestaltungsmöglichkeiten faktisch in einem tiefen Loch verschwinden. Was bis dahin nicht geschafft wurde, kann für längere Zeit nicht realisiert werden. Und was an Veränderungen in die Wege geleitet wurde, kann manchmal auch wieder zurück genommen werden.

Eine breite und aktive und motivierte Bewegung, die groß und einflussreich genug ist, die Richtung der eigenen Partei und die Stimmung in den USA nachhaltig zu beeinflussen, ist ein Instrument, das Barrack Obama sehr wohl eine weitere Gestaltungsmöglichkeit – direkt in der ersten Reihe oder im Hintergrund – ermöglicht. Es wäre bestenfalls ein Novum, das ein US Präsident so agiert, denn diese Art von Organisation hat in den USA Tradition.

Social Media als Werkzeug für politischen Erfolg

Warum die Politik Social Media ernster nehmen sollte wird klar, wenn man das Potenzial von Social Media für die Politik betrachtet – nicht das was die Politik in Deutschland in Social Media betreibt.

Social Media kann

  • eine hohe kommunikative Reichweite für Ideen, Konzepte und Personen ermöglichen
  • Ãœberzeugungsarbeit in Form einer Graswurzelbewegung leisten, die mehr Menschen erreicht als ein Medien- und Strassenwahlkampf
  • Meinungen und Ãœberzeugungen beeinflussen, in dem Menschen, Argumente und Meinungen klug miteinander verbunden und vernetzt werden, bestimmte Positionen durch das Umfeld bestätigt, andere durch ein Umfeld in Frage gestellt werden.

Wo Parteien alle vier Jahre sich dem enormen Aufwand eines Wahlkampfs gegenüber sehen und dafür alle Kräfte mobilisieren, kann eine intelligent geführte Social Media basierte Organisation damit arbeiten, das ihre Arbeit permanent, auf der Ebene der Bürger durch die Bürger betrieben wird.

Betrachtet man die höhere Attraktivität der Mitwirkung in einer graswurzelähnlichen Bewegung – durch ihre größere Freiheit und Unverbindlichkeit – und dann noch die Potenziale des fundraisings in und über Social Media wird deutlich, das hier ein sehr ungleicher Wettbewerb den Parteien ins Haus stehen kann.

Systemwechsel im politischen Wettbewerb

Wenn ich hier einen Systemwechsel sehe, dann nicht in einem Wechsel weg von unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung oder der sozialen Marktwirtschaft. Dieser mögliche Systemwechsel im politischen Wettbewerb sieht anders aus. Von einem Wettbewerb

  • Partei(position) gegen Partei(position)

kann sich ein neuer, zusaätzlicher Wettbewerb

  • Idee gegen Idee

etablieren. Das sich Parteien auf wechselnde Stimmungen in der Bevölkerung einstellen müssen, ist nachvollziehbar.

Die GRÜNEN haben die Ökologie in die Politik getragen und dort verankert. Ihre zweite Leistung war, sich als Partei etablieren zu können und zu halten, auch wenn andere Parteien ökologischer wurden. Die zögerliche Übernahme dieser Ideen durch andere Parteien war mit ein Grund für das politische Überleben der Grünen. Sie blieben das Original, bestätigt durch das nachziehen der anderen und erforderlich durch eben ein zögerliches und weniger deutliches ökologisches Verhalten.

Machtfaktor organisierte Meinung

Wem es gelingt, Meinung in ausreichendem Mass mittels Ideen zu organisieren, der verfügt über politische Gestaltungsfähigkeit, egal ob er ein Regierungsamt bekleidet, einer Partei vorsteht oder in ein Parlament gewählt wurde.

Um dies zu verstehen, sollte man bedenken, das die „schweigende Mehrheit“ heute nicht mehr schweigen muss, wenn sie dies nicht will. Sie hat nicht weniger Medienmacht, als die etablierten Medien und sie kann mit ihren Medien schneller, direkter und nicht weniger glaubwürdig agieren.

Nicht zuletzt kann sie aber auch durch Präsenz und Organisation Einfluss nehmen – Themen setzen und Meinungen, Notwendigkeiten und Prioritäten der Mandatsträger und  Parteiverantwortlichen verändern. Es braucht kein Fukushima, um grundsätzliche Positionen zu verändern. Eine relativ sichere Erkenntnis, das die eigene Wiederwahl eine Veränderung erforderlich macht, reicht auch.

Betrachten wir die Aufmerksamkeit, die die Piraten bekamen, die nicht zu leugnende Politikerverdrossenheit und das immer noch vorhandene Interesse an Politik, könnte die Zeit auch hier schneller als erwartet reif für solche Formen der politischen Gestaltung werden. Egal, ob man das für gut oder weniger gut hält.

Organizing for Action, not Organization

Das Obama seine Struktur nicht als Organisation sondern als Organizing for Action und neben den Strukturen seiner Partei etabliert, zeigt, das Social Media in der US Politik weiter verstanden wird. Es ist leichter Menschen für eine Idee zu motivieren, als für eine Idee und eine Partei. Die Menschen eben nicht in eine Organisation einzubinden, sondern sie jenseits von Parteipositionen zu organisieren und zu aktivieren wird einer der Eckpunkte des Erfolgs von OFA (Organizing for Action) werden.

Es wollen nun mal mehr Menschen für eine ihnen wichtige Sache politisch aktiv werden, als für eine Partei, die zwangsläufig weniger attraktiv sein kann, weil ihre Positionen insgesamt grössere Filterwirkung haben.

Wenn politische Mitgestaltung auf diesem Weg Erfolg zeigt, wird dies zugleich die Position der Parteien tangieren. Wenn ich aktiv politisch gestalten kann, ohne Mitglied einer Partei zu werden, verlieren Parteien einen Teil ihrer Notwendigkeit.

Michelle, not Barack

Interessant ist, das Michelle Obama hier nach vorne tritt. Das gibt natürlicher weniger Angriffsfläche und mehr Gestaltungsfreiraum für dieses Konzept. Und vielleicht auch überraschende Optionen für die Zukunft.

Internationale Berichte über Organizing for Action

Yahoo News

„For the past six years, you’ve done something so much bigger than elect a president. You’ve given ordinary people a place in our democratic process again,“ she says. „The relationships you made, the tools you built and the lessons you’ve learned have already begun to change our politics. And in the coming years they can change our country.“

The group, which will be funded in part by corporate and individual donors, will exist independent of the Democratic National Committee, focusing primarily on progressive policy goals – Obama’s goals – rather than campaign politics, Democratic officials said.

The transition is unprecedented for a presidential campaign apparatus. Never before has any been re-imagined in this way, nor has one survived for so long or remained as active in social media. Few have had such potential influence – or a donor list of 4 million strong – to bolster the work of a sitting president.

 Global Post

Obama for America, President Barack Obama’s campaign group, is turning itself into a nonprofit organization that will advocate for issues like immigration reform, climate change, gun control, the implementation of the Affordable Care Act and middle class jobs, the Associated Press reported.

Chicago Tribune

Calling it „the next phase of this movement,“ former campaign manager Jim Messina described the new group as an extension of Obama’s successful bid for a second term, which used technology to engage volunteers at a new level in their communities.

„If we can take the enthusiasm and passion that people showed throughout the campaign and channel it into the work ahead of us, we will be unstoppable,“ Messina, who will be the chairman of the new group, wrote in an email to campaign donors early Friday morning.

The launch, which the Los Angeles Times wrote about Thursday, was the subject of chatter among Democratic activists and strategists, who predicted that it could upend the party’s power structure.

Social Media für Wahlerfolge

Social Media als politisches Tool

Natürlich gewinnt Social Media allein keine Wahlen, aber Social Media kann dazu beitragen, das Wahlen gewonnen werden. Social Media ist ein Tool mit dem Menschen erreicht, in dem Diskussionen angestossen und geführt und mit dem nicht zuletzt auch Meinung gebildet und beeinflusst werden kann. Und genauso deshalb posten und twittern auch hierzulande immer mehr Politiker. Ist damit Social Media richtig genutzt? Es wird zumindest genutzt, aber sicher nicht in der ganzen Breite dessen, was machbar ist und Erfolge sichert.

Social Media strategisch nutzen

Wer mit Social Media Wahlerfolge absichern und erleichtern will, sollte darauf achten, das dieses Tool entsprechend strategisch genutzt wird. Einfach nur zu twittern und posten, damit man auch Social Media nutzt, ist ein Ansatz, mit dem man Social Media wie einen weiteren Kommunikationskanal bespielt. Damit werden die Potenziale von Social Media nicht ausgesch̦pft, weil die Menschen damit m̦glicherweise kommunikativ angesprochen und vielleicht auch erreicht werden, der soziale Aspekt Рdie Weitergabe, Diskussion und das Engagement in aller Regel nicht stattfindet.

Eckpunkte einer erfolgreichen Social Media Strategie für Wahlerfolge

Kommunikationsstrategie

Social Media Kommunikation wie sie immer noch vielfach praktiziert wird, richtet sich immer noch an den direkten Empfänger als endgültigem Adressaten.

Dieses Vorgehen ist nicht nur ein zuverlässiges Indiz dafür, das Social Media nicht ganz verstanden wird, es sorgt auch dafür, das Social Media kommunikativ nicht funktioniert.

Social Media Kommunikation betrachtet Freundeskreise eines Empfängers als Adressaten der eigenen Inhalte, nicht nur den ersten Empfänger. Die Kommunikation muss damit so aufgebaut sein, das sie den ersten Empfänger erreicht, und ihn zur Weitergabe und Weiterverbreitung des Inhaltes bewegt. Das ist nicht ganz so einfach, wie es klingt und erfordert entsprechende Kompetenz und Gestaltung der Inhalte. Verzichtet man auf diesen Ansatz, verzichtet man auf die eigentliche Wirkung von Social Media. Man erreicht bestenfalls den ersten Empfänger. Social Media Kommunikation erfolgreich eingesetzt, erreicht man ein Vielfaches an Empfängern und Wirkung.

Reichweite

(Kommunikative) Reichweite ist das A und O für eine erfolgreiche Social Media Nutzung. Es ist erstaunlich, wie viel Zeit sich die Parteien lassen um eine für ihre Ziele ausreichende Reichweite aufzubauen. Gekaufte Reichweite ist natürlich keine Lösung, aber keine Reichweite ist auch kein Fortschritt, geschweige denn ein Schritt in Richtung eines substanziellen Beitrags zum Wahlerfolg.  Während ich diese Zeilen schreibe, haben die Parteien in Deutschland in ihren offiziellen Facebook Pages die folgende Zahl an Likes als Basie eigener Reichweiten:

  • CDU Deutschland: 22.581
  • SPD Deutschland: 31.263
  • FDP Deutschland: 18.708
  • CSU Deutschland: 8.357
  • GRÃœNE: 31.953
  • LINKE: 17.368
  • Piraten: 79.028

Bedenkt man, wie breit und selbstverständlich das Internet und die sozialen Medien heute genutzt werden, ist es keiner Partei bislang gelungen eine auch nur annähernd adäquate Reichweite aufzubauen.

Ein Grund dafür ist nicht zuletzt die Art der Kommunikation, ein anderer liegt in der Art wie Reichweite aufgebaut wird. Natürlich ist die Ochsentour nicht ehrenrührig. Aber es gibt – neben gekauften Likes – auch alternative Vorgehensweisen, die sich auf anderen Feldern bewährt haben. Allerdings sollte man über entsprechende Social Media Kompetenz für den Einsatz verfügen, wenn man zum Beispiel externe / fremde Reichweiten für den Aufbau der eigenen Reichweite nutzen will.

Aktivierung

Neben der alles andere als unwichtigen Aktivierung zur Weitergabe von Information ist die zielgruppengerechte und zielführende Aktivierung zu einem weitergehenden Engagement von Social Media Kontakten erfolgsentscheidend. Volunteering nimmt bei uns nicht ganz den gleichen Raum im politischen Wettstreit ein, wie das eigentlich zu erwarten wäre. Im Land der Vereine hat man bislang versäumt zeitgemäße Engagementformen anzubieten.

Volunteering  ist dabei ein Hebel der mehr als nur beachtliches bewegen kann. Wer es schafft Sympathisanten nicht zur zur Wahl aufzufordern sondern ihnen auch einfach und effiziente Möglichkeiten für ihr Engagement zu bieten, mobilisiert damit mehr als im klassischen Straßenwahlkampf und auf traditionellen Wahlkampfveranstaltungen.

Organisation

Web 2.0 wird auch als „Mitmachweb“ bezeichnet. Wer politische Anliegen im Web 2.0 voranbringen will, muss nicht nur zuhören und kommunizieren, er muss die Menschen auch tatsächlich mitmachen lassen. Dabei geht es um mehr als um das betätigen des Like-Buttons, um mehr als zuzuhören und anschließend wählen zu gehen. Das Mitmachweb ist übrigens auch aus dem Internet in die Freiheit entsprungen. Wer nun glaubt, die Regeln des Mitmachens bestimmen zu können, sollte sich über seine Position im klaren sein. Wer Engagement zu seinen Gunsten erhofft, sollte mehr darauf achten, welche attraktiven Angebote er dafür bereit stellt, statt sich Gedanken über die Voraussetzungen für ein Mitmachen zu machen.

Ein attraktives Angebot für Engagement auf allen Ebenen und in vielfältiger Form ist für politische Parteien Neuland aber es ist auch Voraussetzung um mehr Menschen für gemeinsame Belange zu mobilisieren. Diese Angebote zu organisieren und zu kommunizieren ist alles andere als ein Nebenjob. Mir ist von keiner Partei ein Ansatz in diese Richtung bekannt. Damit hat diejenige Partei, die hier konsequenter agiert, zusätzliche Wettbewerbsvorteile im Sinne erhöhter Aufmerksamkeit und Mobilisierung zu erwarten. Warten wir ab, wer als erster ein taugliches Volunteerkonzept und –management auf die Beine stellt. Für 2013 würde es langsam an der Zeit.

Social Media Bundestagswahl 2013

Die  Rolle von Social Media im kommenden Bundestagswahlkampf und damit der Beitrag zu einem Wahlerfolg wird sich auch über die folgenden Fragen mit entscheiden:

  • Wer sorgt für eine socialmedia gerechte Kommunikation in den sozialen Medien?
  • Wer ist der Community Manager Ihrer Partei und hat er die Ressourcen und Kompetenzen, um die Potenziale von Social Media rechtzeitig zur kommenden Bundestagswahl auszunutzen?
  • Wie werden welche externen Reichweiten dafür genutzt, um für die eigenen Partei eine kommunikative Reichweite in den Sozialen Medien zu erreichen, die substanziell zu einem Wahlerfolg beitragen kann?
  • Wie werden Sympathisanten und Unterstützer im Netz und ausserhalb gefunden und ihnen ein Aktivitätenprogramm zur Verfügung gestellt, das sie als Volunteers unterstützt wenn sie für ihre Themen aktiv werden?

Kompetenz aufbauen und trainieren

Für 2013 wird es Zeit für den Aufbau von Social Media Kompetenz, die entsprechenden Strukturen und nicht zuletzt die nötige Reichweite auf Bundes-, wie auf Landesebene. Es zählt nun mal zu den Eigenheiten von Social Media, das die Vorleistungen dort einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen, als in den alten Medien.

Wer Kompetenzen aufbauen und auf aktuellem Stand halten will, dem bietet unser Programm aus Seminaren, Workshops, Coaching und Consulting ein reichliches Angebot in dem sich für alle Anforderungen eine Lösung fiindet. Sprechen Sie uns bei Bedarf oder Fragen dazu gern an. (Ihre Ansprechpartner: Alex Buchanan 0711 620415 0 und Wilfried Schock 0711 62041560).

Politik – Social Media für Abgeordnete

Was kann Social Media für Abgeordnete leisten?

Jeder Politiker äußert sich gern in den Medien zu politischen Fragen, aber nicht jeder Politiker hat in gleichem Maß die Chancen dazu. Die traditionellen Medien bieten ihre Reichweite nur wenigen Politikern.

Social Media ermöglicht jedem Abgeordneten, jeder Abgeordneten die gleiche mediale Reichweite in seinem Wahlkreis – oder darüber hinaus – wie ein Fernsehsender oder die BILD Zeitung – vorausgesetzt sie oder er verstehen dieses Medium und können es nutzen.

Die Schritte dafür sind:

Aufbau einer medialen Reichweite

Auch wenn in Social Media die eigene mediale Reichweite erst aufgebaut werden muss, ist die Herausforderung daraus nicht all zu hoch:

  • Politik ist als Thema interessant und fördert die Reichweitenbildung,
  • die regionale Konzentration ist ebenfalls förderlich.

Information über die eigene Arbeit und die eigenen Positionen

Zu wissen, was der eigene Abgeordnete tut und wofür er steht, steigert die Voraussetzung für Vertrauen und Kompetenz. Abgeordnete, deren Wähler sehen, wie hoch das Arbeitspensum ihres Vertreters ist, schätzen dessen Arbeit eher, als Wähler, die diesen Einblick nicht haben.

In Social Media Politik erklären und für eigene Positionen werben 

Mit Social Media hat jeder einzelne Abgeordnete heute einen direkten Kommunikationskanal zu seinen Wählern und kann sich so eigene hohe mediale Aufmerksamkeit in seinem Wahlkreis sichern und darüber Politik und ihre Auswirkungen genauso medienwirksam aber näher an seinen Wählern erklären und vertreten, wie prominentere Politiker in den klassischen Medien oder in TV Talkshows.

Zustimmung für Person und Positionen durch Information und Dialog

Politik, die nicht vermittelt und erklärt wird, findet ungleich schwerer Zustimmung. Wer Politik vermitteln und erklären kann, erwirbt sich neben Vertrauen und Zustimmung auch Aufmerksamkeit und Beachtung, was der eigenen medialen Reichweite in Social Media zu Gute kommt. An der Wirkung gemessen bietet Social Media Abgeordneten einen relativ einfach zu nutzenden Kommunikationskanal.

Wer in Social Media für Kommunikation offen ist, erreicht auf diesem Weg mehr Menschen und erarbeitet sich damit eine breitere Vertrauensbasis als beispielsweise durch Bürgersprechstunden im Wahlkreisbüro (die natürlich trotzdem sinnvoll sein können).

Wie Sie als Abgeordneter durch Facebook eine mediale Reichweite wie die BILD bekommen

Dieser Vergleich mag auf den ersten Blick vermessen sein, ist aber durchaus realisierbar.

Ein kleines Beispiel zeigt Ihnen, wie das funktioniert.

Dazu müssen Sie folgendes wissen:

  • Ein Facebooknutzer hat durchschnittlich 130 Freunde in Facebook.
  • Die Verbreitung von Informationen und und über Freundeskreise ist von der Art der Kommunikation abhängig.
  • Alternativ wird die Verbreitung von Informationen in Bekanntenkreise hinein von Facebook durch Kommunikationsdienstleistungen massiv unterstützt.

So funktioniert es:

Angenommen

  • Ihr Wahlkreis hat 500.000 Einwohner und
  • Sie haben in Facebook selbst 2000 Kontakte aus Ihrem Wahlkreis,

können Sie nicht nur diese 2000 Kontakte direkt ansprechen sondern auch deren Kontakte – also mehr als 200.000 Personen (ab 18 Jahren), von denen der überwiegende Anteil aus Ihrem Wahlkreis sein dürfte. Wenn Sie die Kommunikation in Social Media beherrschen, steht Ihnen eine mediale Reichweite zur Verfügung, die über die Verbreitung von BILD hinausgeht. Wir zeigen Ihnen gern im Detail, wie Sie diese Möglichkeit praktisch nutzen. Diese Methode funktioniert auch, wenn Sie weniger als 2000 eigene Kontakte in Facebook haben, erfordert dann aber etwas mehr know how.

Wirkung erzielen

Die eigene Wiederwahl lässt sich durch hohe eigene Bekanntheit und Präsenz, Zustimmung und Unterstützung im Wahlkreis sichern und auch ein wenig Erfolg versprechender Listenplatz verliert mit der Beherrschung von Social Media seinen Schrecken.

Mit der Beherrschung von Social Media lassen sich aktuelle Themen besetzen oder eigene Themen und Projekte voranbringen. Wir zeigen Ihnen gern wie.

Voraussetzung für die erfolgreiche Nutzung von Social Media als Abgeordnete oder Abgeordneter

Stabile Social Media Kenntnisse, hier insbesondere die Kenntnis der genutzten Plattform und der Kommunikationstools darin, sind eine unverzichtbare Voraussetzung für die erfolgreiche Nutzung von Social Media.

Gute Kenntnisse in Social Media Kommunikation – wie man Politik als Thema interessant und so interaktiv kommuniziert, das auch die Freundeskreise der eigenen Reichweite erreicht werden – sind die zweite Voraussetzung für den Social Media Erfolg.

Ausreichende eigene Ressourcen oder die Nutzung eines kompetenten Dienstleisters sind eine weitere Voraussetzung, um in Social Media erfolgreich zu sein.

Bessere Chancen für innovative Kandidaten

Sie haben als Abgeordneter rechtzeitig zur nächsten Bundestagswahl in Ihrem Wahlkreis eine kommunikative Reichweite von mehr als einhunderttausend Wählern. Unabhängig von den Wahlkampfaktivitäten Ihre Partei. Zu Kosten, die deutlich unter denen sein dürften, die Sie sich jetzt vermutlich vorstellen. Das ist keine Utopie mehr, sondern dank Social Media sicher machbar. Nutzen Sie diese Chance, bevor andere damit an Ihnen vorbei ziehen.

Starten Sie kompetent

Wenn Sie – oder ein Mitarbeiter – die erfolgreiche Nutzung von Social Media selbst im Detail nutzen lernen wollen, helfen wir Ihnen mit dem passenden Seminar oder Coaching. Wenn Sie die Wirkung von Social Media nutzen wollen, ohne sich mit dem Thema im Detail zu befassen, sollten Sie ebenfalls Kontakt mit Wilfried Schock aufnehmen: ich biete zu diesem Thema auch passende Dienstleistungen.

[info]Hinweis auf das Seminar Social Media in der Poltik[/info]

Social Media und Politik Рwas wir von den USA lernen und was wir besser machen k̦nnen

Social Media und Politik Рwas wir von den USA lernen und was wir besser machen k̦nnen.

Nachfolgend eine Grafik, die die Social Media Nutzung im aktuellen Wahlkampf um das Amt des Präsidenten zeigt. Die unterschiedliche Nutzung der einzelnen Kanäle ist genauso interessant wie das durchaus abweichende Ergebnis. Was erst auf den zweiten Blick ins Auge fällt ist die Bedeutung der Volunteers  und deren Einbindung in den Wahlkampf.

Social Media und Volunteers

Was in der Offline-Welt in ähnlicher Form nicht ganz so neu ist – die Beteiligung von Parteimitglieder im Straßenwahlkampf hat eine lange Tradition – findet in Deutschland in Social Media nicht in gleichem Maß statt.

Der Volunteeransatz geht in seiner Wirkung deutlich über die des Strassenwahlkampfteams im Netz hinaus, weil er weitaus mehr Menschen aktivieren und mit deren Kontakten eine weit grössere Zahl von Menschen erreichen kann. Deutschland ist auch hier noch Entwicklungsland. In den USA ist das Thema Volunteers schon deshalb deutlich weiter, weil Volunteers auch wesentlich für die Finanzierung des Wahlkampfes sind.

Was wir insgesamt besser machen sollten

Wer Social Media nur zu Wahlkampfzeiten neu entdeckt, hat das Thema Social Media nur auf kurzsichtige Weise verstanden. Letztlich ist diese Art der Social Media Nutzung nicht wirklich kompatibel mit dem was Social Media ist und kann. Social Media ist eine permanente Infrastruktur und sollte entsprechend verstanden und genutzt werden. Für die Politik bedeutet dies, Social Media nicht nur zu Wahlkampfzeiten zu entdecken sondern das ganze Jahr zu nutzen um die eigene Politik, die eigenen Positionen und Handlungen zu Problemen und Herausforderungen zu erklären und um Unterstützung zu werben. Gerade auch hier sind Voluteers ein nachhaltiger und langer Hebel, der politschen Erfolg schaffen oder verhindern kann.

Meinungen bilden und Mehrheiten schaffen mit Social Media

Meinungen bilden und Mehrheiten schaffen mit Social Media

Auch wenn wir Social Media in Zusammenhang mit politischen Themen vor allem

  • in Form der Präsenzen politischer Parteien
  • als Aktivitäten für oder gegen ein konkretes Projekt

begegnen, ist damit das Potenzial von Social Media für die Politik alles andere als ausgeschöpft.

Die beiden aktuellen Erscheinungsweisen sind im ersten Fall eher grundsätzlicher und im zweiten Fall eher aktueller – anlassbezogner Natur und zählen für mich in die Kategorie „Social Media für die Lagerbildung“.

Social Media und Lagerbildung

Beiden Situationen gemeinsam ist, das sie eher als Ausdruck einer Lagerorientierung wirken. Im Fall der Parteipräsenz sammelt man die eigene Klientel oder die eigenen Mitglieder in Social Media, im Fall der Aktionspräsenz sammelt man Befürworter oder Gegner eines Projektes.

Beide Methoden sind sinnvoll und gelegentlich auch zielführend, vor allem wenn man es vermag die eigenen Anhänger zu aktivieren und zu motivieren und darüber die Freundeskreise der eigenen Anhänger zu erreichen.

Ist das politische Ziel die Meinungsbildung oder das Schaffen und halten von Mehrheiten in einem längerfristigen Prozess ist eine alternative Vorgehensweise möglicher Weise zielführender.

Social Media und Meinungs- und Mehrheitenbildung im Vorfeld und für langfristige Projekte

Wer für ein wichtiges Projekt – vor allem aber auch für ein Projekt mit langfristiger Natur – Mehrheiten schaffen und sichern will, sollte Social Media möglichst früher und deutlich breiter angelegt einsetzen um eine frühzeitige Lagerbildung zu verhindern und dabei eine argumentative gestaltbarere Situation schaffen, in der sich auch Unentschiedene wohl fühlen und informieren können.

Der Ansatz, die eigene Position nur früher in Social Media zu etablieren, würde auf wesentliche Wirkungen verzichten. Der Zeitgewinn in Social Media kann zwar wertvoll sein, der geringere Wirkungshebel dieser Vorgehensweise macht aber einen Teil der möglichen Wirkung zunichte.

Der wesentliche Unterschied dieses Ansatzes liegt darin, das man sich auf diesem Weg sowohl den Zugang zu Usern sichert, die die eigene Meinung teilen als auch zu Usern, die dabei sind, sich eine Meinung zu bilden. Und man sieht die Veränderung und kann deutlich besser gestaltend eingreifen, als in einer Lagersituation.

Dieser Ansatz ist gekennzeichnet durch eine Plattform, in der sich das gesamte Thema abbildet, also sowohl Argumente und Meinungen gegen wie für ein Anliegen oder ein Projekt ihre Platz haben. Der Vorteil dieser Methode liegt darin, das man auf diesem Weg auch den direkten Zugang sowohl zu Usern hat, die sich noch gar keine feste Meinung gebildet hat, wie zu Usern deren Meinungsbildung in eine Richtung verläuft, die dem eigenen Anliegen konträr gegenüber steht.

Die Vorteile dieser Methode:

  • Nur wenn wir mit diesen Usern in ein Gespräch kommen, können wir auf die Meinungsbildung Einfluss nehmen.
  • Mit dieser Methode erreichen wir unentschlossene User und User in der frühen Meinungsbildungsphase besser.
  • Wir können auf diesem Weg Veränderungen direkter erfassen.
  • Wir können mit dieser Methode Veränderungen leichter in Gang setzen, als mit der Lagermethode, insbesondere, wenn wir diese Methode auf der eigenen Plattform einsetzen können.

Plattformstrategie und Meinungsbildung

Weitgehend unbekannt sind die Möglichkeiten auf Meinungsbildung einzuwirken, wenn man die technischen Möglichkeiten einer Plattform umfassender nutzen kann. Dazu ist allerdings einiges an Insiderkenntnissen und technischen Gestaltungsmöglichkeiten erforderlich, die den Umfang eines Blogposts weit übersteigen.

Wer sich hier in die praktische Nutzung vertiefen und Funktionsweisen kennen lernen will, dem ist ein entsprechendes Seminar oder Coaching zu empfehlen.

Ich-will-europa.de – Kampagne für Europa

Social Media und EU Politik

Ich-will-Europa.de ist eine Initivative, die der Europäischen Einigung wieder ein positiveres Bild verschaffen soll. Positive Nachrichten von Euro und Europa sind in letzter Zeit tatsächlich Mangelware. Nicht zuletzt weil wir uns an die positive Wirkung Europas für uns als Bürger wie für unsere Wirtschaft gewöhnt haben. Sie scheint selbstverständlich zu sein. Ist sie aber nicht. Hier geht es zu den Grussworten der Bundeskanzlerin zu dieser Kampagne.

Gut gemeint ist nicht gut gemacht.

Die Kampagne „Ich will Europa“ ist sicher gut gemeint, aber ob sie gut gemacht ist, steht aus meiner subjektiven Sicht aus einem anderen Blatt. Der Gedanke, das sich Menschen positiv über Europa äussern ist sicher etwas erfreuliches. In der Produktwerbung nennt man das Testimonials und wenn man dafür Prominente gewinnt oder bezahlt, sollen Testimonials besonders gut wirken.

Schade nur, das immer weniger Bürger der Werbung vertrauen. Und das Europa kein Akzeptanzproblem hat, das mit Waschmittelwerbung weggewaschen werden kann.

Betrachtet man die Kampagne und ihre Methoden – Testimonials und Verlage als Partner – fühlt es sich bei mir an, alsl würde man ernsthaft versuchen ein Vertrauens-, Informations-, Glaubwürdigkeits und vor allem Partizipationsproblem mit werblichen Mitteln zu lösen.

Ich-will-Europa.de illustriert das Problem

Der Bürger soll Informationen konsumieren, bekommt Vorbilder vorgeführt und soll bitte zustimmen. Partizipation, mitmachen, mitgestalten, mit Europäer sein und sich mehr als mit einem Kopfnicken respektive einem Votum an der Wahlurne zu beteiligen ist in dieser Kampagne nicht vorgesehen. Und das ist zunehmend symptomatisch für den Einigungsprozess an sich.

Wir erleben gerade eine Entwicklung des Einigungsprozesses, der sich durch den Druck der Märkte geradezu verselbständigt und in dem der Bürger bestenfalls staunender Zuschauer ist. Und in dem die Politik nach den Erfahrungen mit der Europäischen Verfassung versucht den Souverän als Risikofaktor aus der Mitwirkung so weit als möglich auszuschließen. Das sich dadurch die Akzeptanz des aktuellen Prozesses nicht unbedingt erhöht, ist nachvollziehbar. Was ich nicht verstehe, was ich nicht erklärt bekomme und was mich nicht überzeugt, das kaufe ich besser auch nicht.

Der Bürger soll Europa wollen – aber bitte nicht mitgestalten oder mitreden.

„Ich will Europa“ kommt weitgehend Social Media Part einher. (Eine Facebook Seite und gelegentliche Tweets sind kein Social Media Part. Social Media, das diesen Namen verdient, bezieht die Bürger mit ein.) Wer das als Zufall betrachtet, hofft, das die Initaitoren nicht auf der Höhe der Zeit sind. Wenn es kein Zufall ist, kann man dieses Verhalten auch als Misstrauensvotum gegenüber dem Bürger verstehen. Ein Misstrauen, das sicher kein Zutrauen in die Europapolitik produzieren und eher Widerstand und Gegenreaktionen produzieren wird. Unter #ichwilleuropa sehen Sie ein kleines Bild dieser Reaktion. Ein Blick auf die Facebook Seite  zeigt auch hier, das man Social Media zwar irgendwie machen will und muss, aber zugleich auch keinen Plan hat, wie man damit gestalten kann.

Ich will Europa – gerne, aber welches eigentlich bitte?

Wir hatten keine wirkliche Diskussion über die Art Europas, die wir anstreben – ein föderales Europa oder einen europäischen Zentralstaat? Wir haben aus meiner Sicht auch nicht wirklich intensiv über eine europäische Verfassung diskutiert. Wir dürfen sagen, das wir Europa wollen – einen Kontinent, der da ist und auch da bleiben wird, wenn wir ihn nicht wollen. Nicht aber sollen wir sagen, welche Art von Europäischer Union wir wollen und wer dort über was zu entscheiden hat.

Ja, ich will Europa und ich will eine starke und demokratische Europäische Union. Möglicherweise Sie auch. Und Frau Merkel und Herr Westerwelle ganz sicher. Aber wollen wir alle das gleiche? Solange ich nicht weiss, was in der Wundertüte drin ist, die mir unter dem falschen Etikett Europa verkauft werden soll, sollte es niemand verwundern das ich sie nicht blind kaufen. Und wenn ich das Gefühl habe, das auch der Verkäufer nicht so ganz genau weiss, was er mir da denn verkaufen will, oder er zumindest nicht mit mir darüber reden will, solange vertraue ich ihn auch nicht so ganz.

Unsere britischen Miteuropäer sind derzeit eher dafür dieses „Europa“ zu verlassen, obwohl sie das teuer zu stehen kommen könnte. Vermutlich liegt das an der Insellage und der maritimen Geschichte. In einem Schiff, dessen Kurs unklar ist und dessen Kapitäne auch nicht zu wissen scheinen, wohin sie wollen aber jeder mal gefühlt in den Nebel hinein dampfen darf, fühlt man sich nicht zwingend gut aufgehoben.

Je länger wir mit einer umfassenden und breiten Diskussion über das Europa, das wir wollen, warten, je länger Europas Bürger auf „Zustimmer“ reduziert werden, statt Mitgestalter zu sein, desto britischer droht die Stimmung zu werden. Marketingkampagnen helfen auf Dauer nicht als Ersatz dafür Politik zu erklären und über die Diskussion Mehrheiten für Europa zu schaffen. Die Menschen, die sich in dieser Kampagne für Europa aussprechen haben ihre guten Gründe dafür. Ich habe keinen Grund gefunden, den ich nicht teilen kann (aber natürlich nicht alle Gründe aller Unterstützer angesehen). Was ich nicht gefunden habe ist eine einigermaßen klare gemeinsame Vorstellung von diesem Europa. Wie es strukturiert sein soll. Wer wo wie viel zu entscheiden hat.

Europa ist ein hübsches nacktes Mädchen auf einem Stier.  Soviel zur griechischen Mythologie. Oder ein Kontinent, der da ist egal ob wir das wollen, oder nicht. Wie diese neue, andere Europäische Union aussehen soll, auf die wir gefühlt gerade von Märkten getrieben mehr oder weniger ungesteuert zutaumeln, das wäre das eigentliche Thema.  Aber das Thema ist für eine platte Kampagne sicherlich eine Nummer zu gross.

Was hat dieses Thema eigentlich mit Social Media zu tun?

Politik ohne Social Media ist ein bischen wie Demokratie ohne Wähler. Sieht auf den ersten Blick einfacher aus, funktioniert aber nicht wirklich gut und kann letztlich ganz unerfreulich enden. Social Media ist – wie Europa – da, egal ob wir das wollen oder nicht. Was wir daraus machen, ist ein anderes Thema. Wenn Social Media nicht kompetent für eine Europäische Union genützt wird, bedeutet das nicht, das Social Media nicht gegen eine undefinierte, dadurch unbekannte und deshalb unerwünschte „andere“ Europäische Union genutzt werden kann. Social Media kann politischen Realitäten drastisch und schnell verändern, wie das Beispiel des Nahen Ostens zeigt.
[imn-medien]

Bundestagswahl 2013 und Social Media

Frühestens am 28. August 2013 und spätestens am 27. Oktober 2013 ist nach Angabe des Bundeswahlleiters die nächste Bundestagswahl, sofern der Bundestag nicht vorher aufgelöst wird. Diese Bundestagswahl hat mit Weihnachten gemeinsam das auch dieses Ereignis für manchen politisch Verantwortlichen zumindest was Social Media angeht recht plötzlich und überraschend kommt – eben wie Weihnachten. Von der Bescherung wollen wir hier erst mal nicht reden. Bei Weihnachten können wir uns vor dem herannahenden Fest auch kurzfristig mit Geschenken auszurüsten. Um Social Media für einen Wahlkampf erfolgreich zu nutzen, bedarf es eines zeitlichen Vorlaufs von einem Jahr oder mehr.

Social Media und Wahlkampf

Social Media kann in diesem Wahlkampf eine wichtigere Rolle als in der Vergangenheit übernehmen. Dafür sprechen die vielzitierten Erfolge von Obama genauso wie die Irritation der Parteien im Bundestag durch die Piratenpartei, die – Stand heute – immer noch vor einem Einzug in den nächsten Bundestag steht.

Betrachtet man die relativ erfolgreiche Nutzung von Social Media im letzten US Präsidentschaftswahlkampf und bedenkt welche Möglichkeiten und Potenziale Social Media für das Thema Wahlen insgesamt bietet, wird eine Fehleinschätzung besonders deutlich:

Die Wirkung von Social Media innerhalb des US Wahlkampfs ist nicht einfach auf deutsche Verhältnisse zu übertragen: wo in den USA das Charisma des Kandidaten wirken konnte, muss dies in Deutschland Infrastruktur und Organisation ausgleichen. Der deutsche Wahlkampf kann auch deshalb deutlich stärker von der Infrastruktur Social Media profitieren als ein Wahlkampf in den USA.

Damit das so sein kann, muss eine Partei über die entsprechende Social Media Infrastruktur verfügen. Deren Aufbau erfordert neben der nötigen fachlichen Kompetenz auch einiges an Zeit. Zeit, die allen Parteien gerade zwischen den Fingern zerrinnt, wenn man die Social Media Aktivitäten von

betrachtet. Überspringen wir den desaströsen Vergleich von sozialer Reichweite und Parteimitglieder und auch die Art der Kommunikation in den sozialen Medien.

Wer in einer Partei heute noch soziale Medien als Ergänzung des Presseverteilers nutzt und meint mit einer Facebook Page und einigen Teilen-Buttons in Social Media erfolgreich sein zu können ist Teil des Problems und nicht der Lösung.

Auch wenn einzelne Parteien Parteiexternen (Beispiel Gründe – Meine Kampagne – ) die Teilnahme an Aktionen erleichtern ist die Diskrepanz zu einer echten Volunteerstrategie und dem entsprechenden Volunteermanagement beachtlich. Zeitgemäße Volunteerstrategien sehen nicht nur anders aus, vor allem erschließen und aktivieren sie potenzielle Unterstützer, deren Kreativität und nicht zuletzt deren Umfeld und Freundeskreise.

Der Einsatz von Kampagnen und kurzfristig aufgefahrenen Aktivitäten sind in Social Media kein wirkliches Erfolgsrezept. Damit Social Media spürbar zu einem (Wahl-)Erfolg beitragen kann, müssen einige Komponenten gesichert funktionieren, die kurzfristig nicht mehr auf die Beine gestellt werden können.

Social Media Infrastruktur

Social Media funktioniert nicht im luftleeren Raum. Der erfolgreiche Einsatz von Social Media basiert auf einer durchdachte Social Media Strategie, die eine ausreichende Reichweite, Qualität und Aktivität sichert und der Social Media Architektur, die dafür die richtigen Tools in der richtigen Plattform bereitstellt. Natürlich kann man auch einfach nur Pages einrichten, bloggen, twittern und posten. Politische Parteien sind auf den Wahlkampf auf der Straße, in Bürgerzentren und auf Plätzen über Jahrzehnte vertraut und auf etwas Aufmerksamkeit in den

Twittern und posten ist keine Social Media Strategie

Für alle die netten Menschen, die gelernt oder gehört haben, das Social Media aus twittern und posten besteht, sei hier gesagt, das diese beiden Aktivitäten auch zu Social Media gehören, aber nicht Social Media ausmachen. Das ist so passend wie den Zeitungsverkäufer mit dem Medienhaus gleichzusetzen, dessen Produkte er verkauft. Um Social Media erfolgreich nutzen zu können, benötigt eine politische Partei eine Social Media Strategie, die

  • die erforderliche Reichweite bei den Social Media Usern sichert
  • die Aktivität dieser Reichweite und die Reichweite insgesamt sichert,
  • den Freundeskreis der User dieser Reichweite zu erreichen ermöglicht
  • die User, die man in Social Media erreicht (soziale Reichweite) aktiviert und motiviert.

Die Social Media Architektur – Abbild der Social Media Strategie

Wo in der klassischen Architektur die Social Media in Form des Bauplans und der Bauplanung vorliegt, ist die Social Media Architektur die Kombination der eingesetzten und aufeinander abgestimmt genutzten Social Media Tools, die genutzt werden um die Social Media Ziele zu erreichen.

Wer erkannt hat, das eine Social Media Strategie, die diesen Namen auch verdient einen Wahlsieg zumindest ermöglichen oder nachhaltig unterstützen kann, wird ihr deutlich mehr Aufmerksamkeit widmen, als es bei den Parteien derzeit erkennbar ist. Unerfreulicher Weise nützt es nichts mehr, ein halbes Jahr vor der Wahl eine Social Media Strategie entwickeln zu wollen, wenn die dafür nötige Infrastruktur – die Social Media Architektur – nicht bereits in ausreichendem Maß vorhanden ist.

Was benötigt eine politische Partei damit Social Media nachhaltig und wesentlich zu einem Wahlerfolg beitragen kann?

Ein Blick auf einige zentrale Elemente der Social Media Architektur beantwortet diese Frage.

Plattformstrategie für politische Parteien

Würde man einen Politiker Stand heute zu den Plattformen befragen, die eine Partei für Social Media nutzen sollte, bekäme man bei den etwas informierteren Damen und Herrn mit hoher Wahrscheinlichkeit Facebook und Twitter genannt. Das ist nicht ganz falsch. Über diese beiden Plattformen werden derzeit Informationen verbreitet. Mehr aber auch nicht. Um Social Media wirklich nachhaltig erfolgreich nutzen zu können, sollten diese Plattformen genutzt werden, um soziale Reichweite aufzubauen und Kommunikation anzustoßen.

Was in diesen Plattformen (Facebook und Twitter) nicht oder nicht ausreichend funktioniert, aber für den Erfolg letztlich mit entscheidend ist:

Community Management für politische Parteien

Die Aktivierung und Motivation von Interessenten und Unterstützen, deren Vernetzung und die Sicherung dieser Kontakte und der sozialen Reichweite insgesamt ist in den wichtigsten externen sozialen Medien der politischen Parteien nicht oder nicht ausreichend möglich. Dazu fehlen dort einfach die erforderlichen Tools, nicht zuletzt, weil dies nicht im Interesse der Plattformbetreiber ist. Zudem lassen die Pages einzelner Parteien vermuten, das das Thema Community Management dort insgesamt noch gar nicht angekommen ist.

Plattformstrategie

Wer soziale Medien nur als die schlichte Nutzung von Plattformen wie Facebook und Twitter versteht, verfehlt die Chancen die Social Media bietet. Dieses Verhalten macht nicht nur von externen Plattformen abhängig, man verzichtet auch auf den Aufbau einer Infrastruktur, die Social Media Erfolge ermöglicht. Das ist so verantwortlich wie auf eine Datensicherung bei den eigenen Parteidaten zu verzichten.

Kommunikationsstrategie für politische Parteien

Ein Blick auf die Kommunikationsstrategie der politischen Parteien zeigt, wie sehr man soziale Medien vor allem als Ergänzung der klassischen Medien missversteht. Less Media, more social wäre hier sehr angebracht. Wer Social Media erfolgreich nutzen will, muss seine Kommunikationsstrategie und die Kommunikation, die daraus resultiert, so aufbauen das die Empfänger eingebunden und für die Weitergabe aktiviert werden. Das ist kommunikativ anspruchsvoller als Social Media platt als zusätzlichen Verteiler für Information zu nutzen, aber es ist eine unverzichtbare Voraussetzung für den Erfolg in und mit Social Media.

Volunteer Management für politische Parteien

Wer will das sich Menschen engagieren muss ihnen sinnvolle Beteiligungsmöglichkeiten bieten. Das sollte das über die Möglichkeit hinaus gehen, Mailformulare abschicken zu können. Volunteerstrategien und Volunteermanagement sind extrem erfolgreiche Methoden um Menschen dazu veranlassen sich – auch ohne Parteimitgliedschaft – für ein Thema einzusetzen und den eigenen Freundeskreis dafür zu aktivieren oder davon zu überzeugen. Vergleichen wir die Wirkung in den Vereinigten Staaten – wo sie Wahlkämpfe entscheiden – mit dem was wir hierzulande nicht tun, stehen wir vor einer kaum begründbaren Diskrepanz. Nur ein grundlegendes Misstrauen den eigenen Wählern und Unterstützern gegenüber könnte dieses Verhalten erklären.

Fazit

Es ist für einen erfolgreichen Einsatz von Social Media für die nächste Bundestagswahl fünf vor zwölf. Der Aufbau einer Erfolg ermöglichenden Social Media Infrastruktur und eines leistungsfähigen Community Managements, inklusive Volunteer Management – mit allen erforderlichen Tools – kostet Zeit und Vorlauf und braucht nach seiner Etablierung auch Zeit um Wirkung zu zeigen. Ein Jahr Vorlauf ist ausgesprochen sportlich, selbst wenn die Organisation, die Social Media nutzen will, über die nötige fachliche Kompetenz verfügen würde. Nach Lage der Dinge sind es einzig die Piraten, die wirklich von Social Media profitieren werden. Aber auch bei ihnen ist das Optimierungspotenzial immer noch sensationell hoch.

Merkels Internetgipfel und die deutsche Schieflage in der new economy

Das Handelsblatt berichtet über die Initiative der Bundeskanzlerin um gegen eine Schieflage Deutschlands in der new economy durch bessere Rahmenbedingungen für Unternehmensgründungen anzugehen. Montag, den 4. Juni will die Kanzlerin die IT Elite Deutschlands zum Krisengipfel um sich versammeln und Lösungen suchen.

An Krisengipfeln mangelt es nun wirklich nicht. Wohl eher an vorausschauender Politik und vor allem auch an der Bereitschaft vorausschauend zu handeln.

Ist Deutschland Entwicklungsland in der New Economy?

Woran liegt es, das Deutschland bei dieser Zukunftsbranche der Entwicklung hinter her sieht? Fehlen uns die schlauen Köpfe, fehlt es an Geld, oder schlichtweg an Ideen?

Natürlich gibt es kein deutsches Facebook von internationaler Bedeutung, nicht einmal eines von nationaler Bedeutung, kein Amazon, kein Google, Youtube und schon gar kein Apple. In Sachen New Economy laufen wir eben nicht in der Spitze mit sondern im mittleren bis hinteren Teil des Hauptfelds. Um die Zukunft der digitalen Wirtschaft in Deutschland muss es deshalb nicht schlecht stehen. Sie wird nur nicht in schwarz-rot-gold gefärbt sondern unter stars and stripes stattfinden.

Netzwerkeffekte fördern monopolistische Strukturen

Vergleichen wir einfach die Situation bei den Social Network Plattformen. Dort sind wir nicht später gestartet als andere. Im Gegenteil. Deutschland hatte hier schon sehr früh wettbewerbsfähige Angebote auf dem Markt. Allerdings fokussiert auf den deutschen Markt. Der Sprung in die englischsprachige Welt war für die meisten kleinen Unternehmen entweder auf wirtschaftlich-organisatorischen Gründen oder aus mangelndem Selbstvertrauen kein Thema.

Facebook war zu seinem frühen Beginn nicht wirklich besser als die deutschen Anbieter, aber es konnte sich auf einem großen Markt (definiert durch die englische Sprache) frei entfalten und wachsen, bevor es sich dem internationalen Wettbewerb stellte. Da bei Social Network Plattformen der Netzwerkeffekt durchschlägt, startete der Newcomer in Deutschland – und in allen anderen Ländern, in denen er antrat – auf einem höheren Level, das ihm deutlich mehr Aufmerksamkeit einbrachte, als vergleichbaren nationalen Anbietern.

Dynamische Märkte brauchen dynamische Kunden um sich zu entwickeln

Die zweite Achillesferse der new economy in Deutschland sind die eigenen Märkte. Die reagieren relativ träger und langsamer auf die schnellen Veränderungen. Damit fehlen in Deutschland die Kunden für innovative Leistungen und für neue Ideen. Man könnte es auch zugespitzt so formulieren: Mit einer guten Startup-Idee startest Du besser in den USA als in Deutschland. Und dies nicht wegen bürokratischer Hindernisse, wohlgemerkt.

Politik als Entwicklungsbeschleuniger?

So richtig das Problem erkannt wurde, so spät wurde es auch erkannt. Jetzt noch schnell ein weiteres Gipfelchen mit schönem Bild von Kanzlerin in deutschen IT Größen – das klingt schnell nach Aktionismus. Noch eine Chefsache, die ja nichts anderes demonstriert, als das Eingeständnis die Realität verpasst zu haben und nicht über das ministerielle Personal für eine wichtige Aufgabe zu verfügen.

Netzpolitik ist – von vereinzelnd twistenden Parteigranden abgesehen – doch eher in Form der Piraten in die Politik eingezogen und hat damit die etablierten Parteien erst mal aufgeschreckt. Folgte nach dem Beispiel Obama ein Aufbruch der Parteien ins Netz? Bestenfalls hat sich die Tonlage der Schlafgeräusche etwas verändert.

Kann man von einem Internetgipfel der Kanzlerin einen digitalen Ruck durch die deutsche Wirtschaft erwarten? Es geht ja letztlich nicht nur um Neugründungen und die damit verbundene Hoffnung auf einen internationalen deutschen Erfolg in der New Economy. Es geht auch um die Unternehmen, die durch ihr Defizite in der Nutzung neuer Technologien – und darum handelt es sich auch und nicht zuletzt bei Social Media – ins Hintertreffen geraten können.

Industriepolitik – wenn nicht von Merkel, von wem dann?

Man könnte darauf hoffen, das die Kanzlerin erfolgreich Impulse setzt. Wenn nicht von ihr, von wem dann? Vom neuen aktuellen Wirtschaftsminister Philipp Rösler? Dessen kleinerer Internetgipfel war schon vor einigen Monaten. Für aktive Industriepolitik ist zwischen FDP Existenzängsten mit Machtspielen, Energiewendenschleuderkursen und Subventionsabbaudemonstrationen a la Hotellobby, parteiinfantilem Koalitionsgezeter und blindem Glauben, das es der Markt schon richten wird, eher wenig Zeit übrig geblieben.

Und Merkel – nach Finanzkrise, Euro(pa)krise, Bankenkrise, Energiewende und diversen Koalitionskrisen und den entsprechenden Gipfeln macht jetzt auch noch die deutsche New Economy Krise zur Chefsache. Richtig erkannt, heisst noch nicht richtig gemacht. Und in dem Fall ist zu spät erkannt das halbe Scheitern.

Merkel sucht das deutsche Facebook

So titelt die Gründerszene zu dieser Veranstaltung und trifft damit möglicherweise des Pudels Kern. Die Frage nach der globalen Marktführung bei den Social Network Plattformen ist vorerst entschieden. Damit steht fest, wessen Infrastruktur nicht nur Maß aller Dinge in dieser Welt ist, sondern auch welche Infrastruktur der Rest der Welt – China ausgenommen – nutzen muss. Sollte diese Infrastrukturfrage erneut neu entschieden werden,  wie im Beispiel MySpace-Facebook, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, das das Ergebnis aus bereits beschriebenen Gründen wieder aus den USA kommt. Die Suche nach dem deutschen Facebook könnte deshalb den Blick auf die nächste entscheidende Frage versperren: wie sichern wir uns die wirtschaftliche Nutzung der vorhandenen Infrastrukturen a la Facebook, ohne und dabei abhängig zu machen.

Was ist von dieser Initiative erst einmal zu erwarten?

Schlagzeilen – die in Richtung Wirtschaft positiv wirken können. Macher, die an einem Tisch zusammen geführt werden. Ein offener Austausch von Ideen und Erkenntnissen. Und vielleicht auch eine kleine Inflation an Internetgipfelchen aller Parteien und Gremien und tangierter Ministerien, immer getragen in der Hoffnung modern und aktiv zu wirken bzw. sich nicht aus dem Thema heraufdrängen zu lassen.

Stellt sich die Frage nach der Dynamik. Wir haben den ersten Teil des Spiels verschlafen. Jetzt kommt ein Gipfel, dann vermutlich eine Arbeitsgruppe oder ein Ausschuss und irgendwann dann auch ein Papier zum Thema Zukunft Deutschlands und New Economy.

Meine grösste Sorge liegt in den unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Notwendigkeiten werden erkannt, wenn Probleme erkennbar sind. Gehandelt wird, wenn die Not groß genug ist. Die Veränderungsdynamik in der Politik hält derzeit sicher nicht mit der Veränderungsdynamik im Netz Schritt. Und wer deutlich später startet, sollte schneller sein um mit zur Realität aufzuschließen.

Von politisch bedrucktem Altpapier würde ich für die  digitale Wirtschaft keine allzu dynamische Beschleunigung erwarten.  Trotzdem würde ich nur zu gern erleben, das ich mich mit dieser Einschätzung völlig getäuscht habe.

 

Piraten, Politik und Social Media Рwarum die Piratenpartei noch erfolgreicher sein k̦nnte

Warum die Piratenpartei erfolgreich ist

Die Piratenpartei glänzt neben den überraschenden klaren Erfolgen in zwei Landtagswahlkämpfen vor allem durch diese „Phänomene“:

  • Erfolg trotz Fehlens eines Parteiprogramms und organisatorischen Startproblemen.
  • Reaktivierung von Nichtwählern als Piratenwähler.
  • Minimaler Wahlkampf offline und hohe Zustimmung online
  • Hohe Akzeptanz nicht nur bei den jungen Internetnutzern
Es hat den Eindruck, das es genügt, das die Piraten existieren und schon springen sie flink über die 5% Hürde. Natürlich ist dieser Eindruck falsch. Es gibt genügend andere Parteien, die anders sein wollen als die etablierten, ohne das diese Parteien über diese Hürde kommen. Die Piratenpartei hat allerdings zwei Pluspunkte gegenüber den „sonstigen Parteien“. Sie hat mit einem Thema den Nerv einer Zielgruppe getroffen und nutzt Umfeld, in dem sich die Menschen selbst organisieren und vernetzt kommunizieren. Das ermöglicht schnell den Aufbau von Reichweite und nutzt ein automatisiertes Empfehlungsmarketing, das es in dieser Wirkung eben nur im sozialen Netz gibt. Dabei nutzen die Piraten das Potenzial des sozialen Netzes noch lange nicht umfassend. Sie sind nur etwas besser als die etablierten Parteien (und wirken frischer).

Politische Parteien und ihre Reichweite in Facebook

Die Reichweite an Fans in Facebook ist natürlich nur ein Punkt, der die Nutzung des sozialen Netzes beschreibt, aber er erscheint mir symptomatisch. Hier die Fanzahlen der offiziellen (zentralen) Pages der jeweiligen Parteien:
  • Piratenpartei: 46,5 Tsd. Fans
  • CDU 18 Tsd. Fans
  • SPD 26 Tsd. Fans
  • FDP 16 Tsd. Fans
Die Bedeutung der Fans einer Fanpages liegt in ihrer Aktivität und in der Möglichkeit sie für das Empfehlungsmarketing zu nutzen. Für letzteres ist der Grad der Vernetzung der eigenen Fans (in der relevanten Zielgruppe / den relevanten Zielgruppen) entscheidend. Fans die in den Zielgruppen weniger stark vernetzt sind, helfen nicht dabei diese Zielgruppen zu erreichen. Fans, die in den Zielgruppen sehr stark vernetzt und aktiv sind, bilden einen kommunikativen Wettbewerbsvorteil, der mit anderen Methoden kaum auszugleichen ist.
Ein FDP Fan, der vor allem mit anderen FDP Fans vernetzt ist, wird keine Nichtwähler erreichen und auch keine Wähler aus anderen Spektren. Ein Fan der Piratenpartei, der breit vernetzt ist, trägt deutlich mehr zu einer positiven Wahrnehmung dieser Partei und zu ihrem Erfolg in seinem Umfeld bei.

Piratenpartei – Symptom einer interessanten Entwicklungsrichtung

Das eigentlich interessante an der Piratenpartei ist nicht ihr Programm, das sich erst noch herauskristallisiert. Es ist – aus meiner Sicht – das man Politik etwas offener versucht, den Menschen etwas mehr an Mitwirkungsmöglichkeiten zu geben und nicht mit einer vorgefertigten ideologischen Sicht seine Vorstellungen umzusetzen versucht und dafür Mehrheiten zu bilden versucht. Letzteres kennen die Wähler zur Genüge und haben zunehmend Vertrauen in diese Form der Politik verloren, wie die Wahlbeteiligungen zeigen. Wir haben bekanntlich keine Krise der Politik oder der Demokratie, sondern eine Krise der etablierten Parteien.
Der Erfolg der Piratenpartei wäre ohne das Internet und das Eintreten der Piraten für die Freiheit im Netz sicher nicht möglich gewesen. Betrachten wir diesen Erfolg nicht als etwas einzigartiges erstaunliches sondern als Symptom und wir erkennen dahinter das Potenzial einer Entwicklung das die Politik weitaus mehr verändern kann, als es das Auftreten der Piraten auch nach einem Einzug in den Bundestag mit einem Wahlergebnis  in einer Höhe von 8 bis 15% wird.

Der Netzbürger macht Politik

Nachdem Wutbürger muss sich die Politik auf eine neue Erscheinung einstellen – den Netzbürger. Der Netzbürger  ist politisch interessiert und informiert. Es fehlen ihm nicht die Informationsmöglichkeiten, die Kommunikationsmöglichkeiten oder die Organisationsmöglichkeiten der „Vor-Internet-Ära“ die den Bürger damals vor die Alternative stellten seine politische Partizipation alle 4 Jahre durch das Kreuzchen seiner Wahl abzuarbeiten oder sich auf einen zeitraubenden, langwierigen Weg durch Parteiinstanzen zu quälen.
Der Netzbürger weiss, das es anders gehen kann, er will das Politik anderes funktioniert und vor allem er bekommt zunehmend das Wissen, wie man dies realisiert. Die dafür nötigen Instrumente stehen ihm bereits zur Verfügung. Jetzt probiert er sie einfach mal aus. Zum Beispiel mit einer neuen Partei, die einen amüsanten Namen trägt.

Was ist da passiert?

Das Vertrauen in die Leistungskraft der etablierten politischen Parteien ist geschrumpft und der technische Fortschritt in Form des Internets hat eine Infrastruktur bereitgestellt, die Alternativen zur etablierten Parteienlandschaft ermöglicht.
Der Netzbürger erkennt zunehmend die Möglichkeiten von Social Media als Gestaltungselement und die damit verbundenen Möglichkeiten dadurch Einfluss zu nehmen. In unserer Demokratie ist diese Einflussnahme nur in Parteireform möglich. Auch deshalb findet hat eine Partei mit einer unvoreingenommenen Offenheit für neue Formen der Partizipation jenseits alter Prozesse und festgelegter Positionen schnell Anhänger.

Parteien – ein Konstrukt und seine Entwicklung

Bislang verstehen wir eine Partei als einen Zusammenschluss von Menschen mit gleichen Ansichten und dem Wunsch, diese politisch umzusetzen. Das hat konstruktionsbedingte Konsequenzen:
  • Jeder, der diese Ansicht nicht teilt, gehört nicht in diese Partei.
  • Damit die Partei etwas bewirken kann, braucht sie Mehrheiten.
  • Mehrheiten finden sich nur durch Kompromisse.
Der Erfolg der früheren Volksparteien lag mit darin, das sie es vermochten, verschiedenste Richtungen und Flügel zusammen zu halten. Die heutigen Volksparteien haben diese Klebekraft zunehmend verloren. Die SPD verlor die Linke und im linksbürgerlichen Lager entstanden die Grünen. Die CDU hatte bislang das Glück das sich die Freien Wähler nicht bundes- oder landespolitisch engagierten.
Betrachten wir das Modell klares geschärftes Parteiprofil aus dem Blickwinkel der Erfahrungen, die uns Social Media gelehrt hat und dem Erfolg der Piratenpartei, erhalten wir vom Wähler die Bestätigung, das es auch möglich ist, mit dem Gegenteil des klaren Profils einer Partei aus dem Stand erfolgreich zu sein. Nennen wir dieses Gegenstück der Einfachheit halber das offene Bürgerforum und betrachten, welche Chancen und Vorteile diese Form im Wettbewerb mit den etablierten Parteien für sich nutzen könnte.

Social Network neben Vereinen

Auch wenn es keinen Grund gibt, sich um aktive Vereine in Deutschland Sorgen zu machen, ist der schnelle Aufstieg der Social Networks ein Phänomen, das der Politik Gedanken machen sollte. Die Vernetzung und das gemeinsame verfolgen von Interessen findet jetzt in den Social Network Plattformen und ihren Communitys eine neue Alternative zur traditionellen Vereinsform. Man braucht  heute für bestimmte Formen der gemeinsamen Aktivität keinen Vereinsrahmen mehr. Diese Alternative ist von den Menschen schnell und nachhaltig aufgenommen worden.
Parteien als politische Vereine sollten sich darüber Gedanken machen, wie sich diese Entwicklung auf ihrem Feld auswirken kann. Die Antwort darauf sollte sich nicht in Twitteraccounts und Facebook Pages erschöpfen, will man nicht die Verpackung mit dem Inhalt verwechseln. Politische Konstrukte mit der Möglichkeit der offenen Partizipation (wie sie auch die Piraten heute noch nicht bieten) sind ansonsten die nächsten, deutlicheren Überraschungen für die etablierte Parteien. Die Folgen daraus, können auch für Volksparteien annähernd  so bitter sein wie das Ergebnis im Saarland für die FDP.

Die Piratenpartei und ihre Erfolgsbremse

Der Erfolg der Piratenpartei wird durch die eigene „parteinahe“ Vorgehensweise dieser Partei reduziert. Betrachtet man den Reiz der Piratenpartei als „nicht vorgefertigte“ und daher offene Politikplattform insbesondere für Nichtwähler und wirft einen Blick auf das Kernstück der Piratenpartei – die Diskussionsplattform Liquid Feedback fallen einige deutlich erfolgsreduzierende Punkte auf:
  • die Diskussion und Entscheidungsfindung findet im geschlossenen Rahmen und nur für Mitglieder zugänglich statt.
  • die Qualität der Plattform Liquid Feedback und die Entscheidungsfindung hat reichlich Entwicklungspotenzial auf dem Weg zu einer wirklichen Attraktivität für breite Kreise.
Eine Öffnung des Parteiansatzes in Richtung eines offenen Bürgerforums würde die Piraten für mehr Nichtwähler wie für weitere Kreise interessant machen. Diese Öffnung würde zugleich den Status als Partei im ausschließenden Sinn reduzieren. Damit sind de Wachstum der Piraten deutlich weniger Grenzen gesetzt und die Entwicklung zu einer Volkspartei wäre in relativ kurzem Zeitraum absolviert: Bei kluger Nutzung der Erfahrungen mit Social Media kommt einem offenen Forum der Vorteil des Netzwerkeffekts zu Hilfe. D. h. diese Partei wächst exponentiell zu Lasten von Parteien, die diesen Vorteil nicht mehr nutze können.
Ob die Piratenpartei diesen Ansatz verfolgen wird, steht auf einem anderen Blatt. Dafür das vergleichbare Ansätze Politik auf lokaler Ebene seit Jahren erfolgreich gestalten können, stehen die Freien Wähler. Das dies auf Bundesebene möglich ist und wahrscheinlicher wird, hat durch den Erfolg der Piraten eine weitere Bestätigung erhalten.

D64 – Zentrum für digitalen Fortschritt

Hat Deutschland jetzt ein Zentrum für digitalen Fortschritt?

D64 – Zentrum für digitalen Fortschritt ist der Name eines neuen Vereins. Vereinszweck ist – Zitat – die substanzielle Unterstützung der öffentlichen Debatte um die gesellschaftliche Veränderung durch das Internet, insbesondere im Hinblick auf die politische Entwicklung der Demokratie in Deutschland -/ Zitatende.

Aufmerksam auf diesen neuen Verein wurde ich durch eine Statusmeldung von Nico Lumma in Facebook. Auch ein schönes Beispiel dafür, was ein sozialer Filter in News Overkill ist. Nico informiert über D64 auch auf seinem Blog Lummaland, der einigen sicher ein Begriff ist. Nico spricht die SPD-Nähe des Vereins direkt an. Das erspart Nachfragen, nicht aber Nachdenken.

Soweit die trockenen Fakten. Des Pudels Kern ist nicht die politisch dringend nötige Debatte, die in Deutschland eh peinlich sparsam – das ist meine persönliche Meinung – ausfällt. Das muss so sein – das peinlich sparsame – weil sich unter denen die ich persönlich kenne und die an der digitalen Entwicklung in Social Media aktiv mitgestalten – und nur davon spreche ich her erst mal –   nur die allerwenigsten die Zeit nehmen wollen oder können eine politische Debatte mit zu führen. Zumal bei den politischen Gestaltungsmechanismen und ihren Gestaltern noch einiges an Aufklärungsarbeit zu leiten ist. Auch wenn die Hälfte der Bundestagsabgeordneten über ein iPad verfügen soll, macht sie das noch nicht automatisch zu kompetenten Gestaltern digitaler Rahmenbedingungen.

Gutes wird nicht automatisch richtig

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: der Zweck des Vereins – Bewusstsein und Debatte über eine wichtige politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderung zu schaffen – ist von großer Bedeutung. Ohne gut informiertes Bewusstsein wird auch noch der letzte Rest an eigenen Gestaltungsmöglichkeiten verspielt, den unsere Gesellschaft hat. Deshalb ist jeder Initiative in dieser Sache Erfolg zu wünschen.

Ein Verein als Zentrum des digitalen Fortschritts in Deutschland. Ich war da für die eine oder andere Nanosekunde sprachlos. Hildebrandt, Nuhr und Pelzig wären das vermutlich auch. Darauf muss man erst einmal kommen. Sich als Verein als Zentrum des digitalen Fortschritts auszurufen spricht aber möglicher Weise auch von einem gerüttelt Maß an Selbstironie. Vereine haben zwar in der Vergangenheit die gesellschaftliche Veränderung mit vorangebracht, aber dieser Rückgriff auf einen Teil der Wurzeln sozialdemokratischer Geschichte läßt die Mundwickel fröhlich zucken.

D64 – der Name des Vereins leitet sich vom Urgestein C64 ab. Denjenigen, die wir heute als digital natives bezeichnen und die ihr Leben weitgehend durch den digitalen Fortschritt mit beeinflusst leben werden, sei gesagt, das dies der Computer war, den ihr Eltern bekamen. Nicht mobil, nicht gerade leistungsfähig, mit merkwürdigen Spielen aber ein echter musealer Hingucker. Ja, so was lief mal.

Wer gestaltet für wen?

Wenn wir also die gesellschaftliche Diskussion über den digitalen Fortschritt, der vor allem unsere Kinder / Enkel betrifft, angehen, sollten wir uns besser nicht vornehmen, die Zukunft der digital natives aus unserer Warte zu gestalten. Das ist in der Substanz nach meiner Meinung keinen Deut besser, als wenn Menschen ohne Smart Phone, PC und Internetanschluß  und ohne Kenntnis von Social Networks wie Facebook und Suchmaschinen wie Google dies tun würden.

Das Ziel von D64 ist die Diskussion um die Konsequenzen der digitalen Entwicklung  in Bewegung zu setzen und die Gestaltungskräfte aufzuwecken und zu befähigen. So zumindest verstehe ich das Ziel des Vereins. Wäre es nicht peinlich, hier die Situation der politischen Elite wieder zu spiegeln, und ebenfalls aus einer nicht ganz realitätsnahen Distanz zu agieren?

Wie die öffentliche Diskussion eines digitalen Fortschritts gestalten?

Wenn wir einen Blick in die FAQ von D64 werfen, erfahren wir, wie der Verein eine öffentliche Diskussion befördern will:

Zitat

Wir werden durch Gespräche, Veranstaltungen, Positionspapiere und Kampagnen dafür sorgen, dass digitale Themen ausreichend Gehör finden und dabei immer die Debatte mit der Netzgemeinde und anderen gesellschaftlichen Gruppen suchen.

/Zitatende

Vielleicht wäre es klüger die Diskussion über den digitalen Fortschritt und die digitale Zukunft auf die Ebene der digitalen Gegenwart zu heben? Positionspapiere, Veranstaltungen, Gespräche und Kampagnen klingt für mich nach Web 0,5. Ich fürchte die digitale Revolution in diesem Umfeld kollabiert in der Frage nach einem WLan-Zugang um in den Sitzungen twittern zu können.

Öffentliche Diskussion?

Wäre es für eine öffentliche Diskussion des digitalen Fortschritts nicht wichtig

– zuerst diejenigen einzubeziehen, die mit den Ergebnissen leben sollten und die vor allem die aktuelle Realität kennen?

–  parteifern oder übergreifend, um so überhaupt für Initiativen und Themen Reichweite und damit Relevanz generieren zu können?

–  die Transparenz der Diskussion für jeden, der interessiert ist, barrierefrei möglichst dort herzustellen wo er sich informiert oder digital befindet?

– Partizipation so einfach, offen und nahe zu gestalten, das jeder ohne Mitgliedschaft auch von da mitreden und mitgestalten kann, wo er sich digital befindet?

All das vermisse ich ein wenig zu sehr in dem was ich von D64 wahrnehme. Obwohl oder gerade weil es sich hier um den Anspruch dreht, den digitalen Fortschritt und seine Konsequenzen und Auswirkungen ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu tragen und eine öffentliche Diskussion darüber zu bewegen und zu befördern.

Ich denke, das unsere lieben jungen digital natives von einer digitalen Elite, die solche wichtigen Prozesse voran treiben will, deutlich mehr erwartet und auch erwarten sollte. Ansonsten wird die wichtigste Zielgruppe – diejenige, die mir ihrem Handeln mehr Realität gestaltet, als dies der Gesetzgeber mit seinen langen Prozessen heute kann – diesen Ansatz einfach nicht wahrnehmen.

Zum Thema ̦ffentliche Diskussion fallen mir dazu spontan Рund das ist wieder mal ein sehr spontaner Beitrag Рzwei Eckpunkte ein:

  • Wer heute über den digitalen Fortschritt eine öffentliche Diskussion führen will, sollte das tunlichst nicht jenseits von Social Media tun.
  • Wer Social Media nutzen will, ist gut beraten zuerst die Themen Plattformen Reichweite, Akzeptanz, Aktivität und Partizipation zu verstehen und zu beherrschen.

Warum ich eher kein Mitglied bei D64 werde.

Sicher nicht weil ich das Ziel des Vereins nicht unterstützungswürdig befinde. Auch nicht, weil ich bei allen Fragezeichen den Verein nicht als grundsätzlich unterstützungswürdig einschätze, und auch nicht, weil ich die politische Arbeit in Gremien nicht für wichtig halte. Die Gründe sind einfacher und liegen vor allem in meiner Natur:

  • Als Mensch habe ich keine Geduld für sehr lange, zähe Prozesse, die sich mit einer Materie befassen, die sich extrem schnell verändert.
  • Als erfolgsorientierter Mensch scheue ich mich, Zeit in ein Projekt einzubringen, das scheitern muss, auch wenn es erfolgreich ist.

Bei der Dynamik des digitalen Fortschritts wären zumindest  dem digitalen Fortschritt adäquate Methoden und Formen der Diskussion angebracht. Schade, das D64 zu diesem erfolgsentscheidenden Punkt nichts zu sagen weiß. Aber diese Methoden stammen eben doch nicht aus der Ära des C64, ;-).

Auch wenn ich damit einigen von mir sehr geschätzten Mitgründern auf die Füße trete: Ihr hättet es deutlich besser machen können und wenn Ihr irgend etwas bewegen wollt, werdet Ihr das auch tun müssen. Irgendwie erinnert mich der Ansatz von D64 ein wenig zu sehr an ein Gremium zur Gestaltung des Straßenverkehrs mit Lokomobilen. Man findet möglicherweise in vielen Sitzungen und nach unendlich vielen Strategie- und Positionspapieren geniale Lösungen, allein draußen bevölkern längst Ottomotor und Diesel die Straßen.

Wenn das Projekt D64 so läuft, wie es bei mir ankam, wird sich nicht viel an Diskussions- und Denkanstößen in den sozialen Filtern der „normalen“ Internetnutzern finden. Schade eigentlich. Aber Gott sei Dank kann ich mich irren. 

Hoffen wir also das der Weg von D64 zum echten Zentrum für digitalen Fortschritt nicht sehr schnell und vorzeitig zu Ende ist.

Piraten ahoi – Social Media in der Politik in Sicht

Der Erfolg der Piratenpartei ist ein erster Anfang.

Der Erfolg der Piratenpartei bei den Wahlen in Berlin hat nicht zuletzt aufgrund seiner Höhe überrascht. 8,9% der Wähler oder 129.795 Stimmen entfielen nach dem vorläufigen Ergebnis auf die neue Partei. Dieser Erfolg ist für die politische Landschaft interessanter und relevanter als der Absturz der FDP.  Der Erfolg der Piraten ist eben kein Ergebnis einer Proteststimmung oder der kurze Erfolg einer Protestpartei. Er ist auch kein Phänomen, das auf Großstädte begrenzt ist oder bleibt und er lässt sich mit den klassischen Denkmustern der etablierten Parteien eben nicht völlig verstehen.

Die Wurzeln des Erfolgs der Piraten – Partizipation statt Protest

Die Piraten steigen deutlich höher ein als die GRÃœNEN zu Beginn ihrer politischen Laufbahn. Die Reaktionen der etablierten Parteien – inklusive der GRÃœNEN – zeigen, das sie das eigentliche Thema hinter diesem Erfolg nicht gänzlich verstanden haben. Man reklamiert wie die GRÃœNEN das die Piraten eigentlich Fleisch vom eigenen Fleisch sind und vergisst, das dies auch auf die Situation vor 30 Jahren – als man die GRÃœNEN als Fleisch der SPD missverstanden hat – nicht zutraf. Das dieser Fehler von den GRÃœNEN wiederholt wird, ist amüsant. Zeigt er doch, wie gut man sich im Parteidenken etabliert hat.

Die WELT ONLINE vergisst bei der interessanten Beschreibung der medialen Klientel der Piraten das ein wesentlicher Teil der Piraten Wähler aus dem Reservoir der Nichtwähler – also der größten Wählergruppe – stammt. Die Berliner Morgenpost bringt diesen wertvollen Beitrag für die Wahlbeteiligung – und damit nicht zuletzt für die Demokratie – deutlicher zur Geltung. Die Piraten leisteten in ihrem ersten Wahlkampf einen Beitrag für die demokratische Beteiligung, den die etablierten Parteien nicht mehr zu leisten in der Lage waren. Gibt man die Suchbegriffe „Piraten“ und „Nichtwähler“ in Google ein, stellt man fest, das sich die Piraten aktiv wie kreativ um diese größte Gruppe unter den Wahlberechtigten bemüht haben.

Piraten – Politik für alle?

Die Piraten sind angetreten mit dem Anspruch die Mitwirkung im politischen Prozess transparenter und einfacher zu machen. Dieser Ansatz ist strukturell ein anderer, weil er nicht zuletzt die politische Mitwirkung aus der Begrenzung auf die Stimmabgabe und der Voraussetzung der Mitgliedschaft in einer politischen Partei löst.

Damit gehen die Parteien nicht nur einen großen Schritt in Richtung einer „direkteren“ Demokratie. Sie ermöglichen erstmals eine einfachere Form politischer Teilhabe, die zeitgemäßer anmutet, als die herkömmliche, für unsere Demokratie vor allem bekömmlicher erscheint, als die etablierte. Zugespitzt, oder auch überspitzt formuliert, erbeuteten die etablierten Parteien den Anspruch auf ein Monopol in der politischen Gestaltung. Der Bürger hat die Wahl sich entweder fest innerhalb einer Partei zu engagieren oder seine demokratische Mitwirkung auf die Stimmabgabe zu begrenzen. Das ist ein Form von Monopol, das so im Grundgesetz sicher nicht gedacht war. Dort steht in Art. 21 Absatz 1 zur Rolle der Parteien bei der politischen Willensbildung unserer Nation lediglich der lapidare Satz:

(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.

Zwischen Mitwirkung und einer Situation in der die Parteien die Spielregeln der politischen Willensbildung bestimmen, besteht nach meiner persönlichen Meinung ein deutlicher Unterschied. Dieser deutliche Unterschied – und die Attraktivität der Mitwirkungsmöglichkeiten in den etablierten Parteien trägt – auch das ist meine persönliche Meinung – zur Abstinenz vieler politisch Interessierter bei. Betrachtet man die Motivation der Nichtwähler erkennt man wie wertvoll und nötig ein strukturell anderer Ansatz für die politische Partizipation für unsere Demokratie ist. Eine Studie von dimap aus 2009 beschreibt die Situation wie folgt:

Nichtwähler haben sich nicht grundlegend von der Demokratie in Deutschland abgewendet. Sie zeigen durchaus Interesse an politischen Diskussionen und sind offen für Argumente. Was jedoch vorherrscht, ist eine ausgeprägte Verdrossenheit mit den zur Auswahl stehenden Parteien und Politikern.

Überspitzt formuliert ist die Methode der politischen Willensbildung eine der Quellen der Politikverdrossenheit, sind also die etablierten Parteien eher Teil des Problems als Teil der Lösung.

Egal ob die Piratenparteien langfristig Bedeutung haben werden, zeigt ihr Wahlergebnis, das ein deutlicher Wunsch nach Veränderung in Richtung einfacherer Partizipation und transparenten Prozessen besteht. von Prozessen besteht. Jede Verbesserung in diese Richtung wird auf positive Resonanz stoßen und aufgrund der knappen Mehrheiten unsere politischen Landschaft verändern.

Die Piraten sind kein regional begrenztes Phänomen

Die Piraten sind kein Berliner Phänomen. Berlin ist ein Anfang. Das Bedürfnis nach Veränderung ist bundesweit. Im Vergleich mit dem Erfolg der GRÜNEN zeigt sich der strukturelle Unterschied zwischen Piraten und GRÜNEN.

Der Erfolg der GRÃœNEN fiel in ihren Anfängen deutlich geringer aus. Der Unterschied zwischen etablierten Parteien und GRÃœNEN war auch deutlicher spürbar – nicht nur optisch.  Die GRÃœNEN traten mit klaren, kontroversen Themen an und stritten um und in Prozessen um ihre interne Meinungsbildung und Mehrheitsfindung.

Die Piraten treten auch mit Themen an, aber vor allem unterschieden sie sich von den GRÃœNEN durch einen Ansatz mit Prozessen, die einfachere politische Mitwirkung und Mitgestaltung und transparente Prozesse zum Ziel haben. Die GRÃœNEN waren von Anfang an Partei, was die Mitwirkung betrifft. Sie haben die Methode der etablierten Parteien – Du kannst nur als Mitglied mitgestalten – mit übernommen. Nur die Prozesse der internen Meinungsbildung waren öffentlicher – und gelegentlich chaotischer und mühsamer.

Warum die Piraten deutlich schneller wachsen können als andere Parteien

Der veränderte Ansatz der Partizipation mag für die Politik ein grundsätzlich neuer sein. Es gibt strukturelle Gründe, die das enorme Wachstumspotenzial und die Dynamik dieses Ansatzes deutlich machen und es Wert sind bedacht zu werden. Social Media bietet hier eine interessante Analogie.

Plattformstrategie und Communitystrategie

Die Communitystrategie sucht ihre Mitglieder anhand einer definierten Gemeinsamkeit und grenzt alle anderen potenziellen Mitglieder (ohne diese Gemeinsamkeit) aus. Die Plattformstrategie sucht ihre Mitglieder nur nach dem Nutzungswunsch und grenzt keine potenziellen Mitglieder nach weiteren Kriterien aus. Social Networks agierten alle in ihrer Startphase nach der Plattformstrategie. Ansonsten wäre das dynamische Wachstum, das sie aufwiesen und aufweisen, nicht realisierbar.

Analogie der Social Network Strategien und Politik

Öffnen die Piraten ihre Partei allen politisch Interessierten zur Mitwirkung und Meinungsbildung ermöglicht dies der Partei ein schnelleres Wachstum. Sie werden damit nicht nur für die größte Gruppe unter den Wahlberechtigten – die Nichtwähler – sondern auch für die Wähler anderer Parteien interessant, die jetzt eine Möglichkeit sehen, sich aktiver einzubringen ohne sich dabei auf den langen Weg durch die Gremien der etablierten Parteien zu begeben um ein Thema voran zu bringen.

Die Plattformstrategie verspricht erfahrungsgemäß dann besonders viel Erfolg, wenn  freies Potenzial vorhanden ist. In der politischen Ebene ist dies in Form der Nichtwähler wie in Form der nicht aktiv engagierten Wähler anderer Parteien der Fall,  sofern letztere die Möglichkeit finden über den Weg in einer offenen (Plattform) Partei ihren Themen schneller Gehör verschaffen zu können.

Eine nicht ganz so dichte Analogie wäre der Vergleich der Freien Wähler auf Kommunaler Ebene und der CDU in Baden Württemberg. Jahrzehntelang dominierte die CDU den Landtag in Baden-Württemberg, war aber in vielen Kommunen in Baden-Württemberg immer nur die zweitstärkste Kraft.

Social Media Kompetenz und Effizienz

Den Piraten geht es um Offenheit und Transparenz. Ihre Kernklientel kommt aus den Gruppen der Bevölkerung, die Social Media und Social Networks als nahezu selbstverständlich nutzen – den sogenannten digital natives. Damit verfügen die Piraten „naturgemäß“ über eine etwas höhere Kompetenz in Social Media, die es ermöglicht Wähler und Interessierte auf vielfältigere Weise einzubinden und mitwirken zu lassen, als es die etablierten Parteien – inklusive der GRÃœNEN dies derzeit anbieten. Mit diesem unterschiedlichen Ansatz und den Mitteln, die Internet und Social Media als Infrastruktur zur Verfügung stehen, ist es möglich, Poltik für alle zu einer für jeden interessierten erlebbaren Selbstverständlichkeit zu machen. Diesem Ansatz und einem solchen Angebot haben die etablierten Parteien derzeit nichts nennenswertes entgegen zu setzen. Allein die Neugier auf die Möglichkeit anders mit gestalten zu können, wird viele politisch Interessierte – und auch Wähler und Mitglieder anderer Parteien – motivieren, dies einfach einmal auszuprobieren.

Den etablierten Parteien werden – sofern sie nicht schnell und konsequent agieren – zumindest die Wähler unter 40 schnell abhanden kommen. Natürlich birgt eine politische Plattformstrategie auch große Risiken, aber selbst wenn diese Risiken für die Piraten fatale Folgen hätten, wären die etablierten Parteien bis dahin auf ein deutlich geringeres Maß an Wählern und Mitgliedern zurück gefahren.

Caro Korneli bei der CDU-Medianight – das Video zur Realsatire CDU 2.0

Ich liebe Satire. Ganz besonders Realsatire. Deshalb kann ich mir dieses Video einfach nicht verkneifen, auch wenn es schon bitter böse ist, wie man da eine Politikergeneration vorführt, die eher stolz darauf ist, gerade gelernt zu haben, wie man eine SMS sendet.

Auch wenn das Video schon nicht mehr ganz neu ist – sehenswert ist es allemal. Inhaltlich verbietet sich jede weitere Bemerkung von selbst. Für die CDU bleibt der Trost, das man nur verlieren kann, was man zuvor besaß. Deshalb kann man in diesem Fall keinen Kompetenzverlust beklagen.

Ãœbrigens – gesehen habe ich dieses Video über einen Link im Facebook Profil von Michael Steinle von Modular. Danke dafür.

Social Media und Politik – US Midterm Elections 2010

Bestandsaufnahme Social Media und Politik in den US Midterm Elections 2010

Barack Obama - Quelle: Facebook

In Social Times las ich heute einen kurzen Artikel über die Bedeutung von Social Media in den Midterm Elections 2010.

Auch wenn hier die Bedeutung – und die Nutzung von Social Media durch die traditionellen Medien – deutlich wird, fehlt mir in der Betrachtung der langfristige Aspekt des Potenzials von Social Media in der Politik. Das mag daran liegen, das diesem Aspekt zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird, oder aber, das dieses Potenzial auch in den USA noch ungenutzt ist.

Die besondere Herausforderung des Infrastrukturcharakters von Social Media in der Politik

Social Media lässt sich nicht an- und ausschalten, wie eine Kampagne in den konventionellen Medien. Das ist eine Binsenweisheit – ja. Aber eine, deren Konsequenz immer noch auf sich warten lässt. Diese Konsequenz steht für nicht weniger als den permanenten Dialog zu pflegen. Das dieser Dialog nicht ohne entsprechendes Engagement zu haben ist, ist offensichtlich und sollte weitgehend bekannt sein. Die Bereitschaft zu einem hohen Engagement in den Dialog scheint in Zeiten des Wahlkampfes deutlich höher, als in Zeiten der „Normalität.“ Das ist nachvollziehbar, birgt aber Risiken mit sich. Wer seine Social Media Aktivitäten nach dem Wahlkampf vernachlässigt, wird im nächsten dafür büßen. Im besten Fall durch die Notwendigkeit aufgegebenen Boden und verloren gegangenes Terrain wieder erobern zu müssen. Und das dürfte schwerer fallen, als zuvor.

Die besondere Chance des Infrastrukturcharakters von Social Media in der Politik

Menschen zu überzeugen, sie mit zu nehmen, wird zunehmend zu einer strategischen Herausforderung in der Politik, gerade dort, wo Veränderung erforderlich ist. Diese Überzeugungsarbeit lässt sich in den traditionellen Medien immer weniger leisten, weil

  • darüber immer weniger Menschen erreicht werden
  • die Themen zunehmend komplexer und erklärungsbedürftiger werden, diese Komplexität aber immer weniger ausreichend umfassend behandelt wird. Wir versinken in politischem Talk und vermissen fundierte Information.
  • die traditionellen Medien zu wenig „Nachschlagequalität“ bieten.
  • ein Dialog – das klassische Nachfragen – darin eher nicht vorgesehen ist.

Social Media kann hier deutlich mehr leisten, als die klassischen Medien. Es bietet die M̦glichkeit umfassende Information dort zu installieren, wo sie gebraucht wird Рin der Diskussion innerhalb der Gesellschaft Рvulgo im sozialen Umfeld.

Hier sind nicht nur in den Midterm Elections 2010 Defizite zu erkennen. So hat sich z. B. die intensive Debatte um Veränderung nicht im Traffic von wichtigen Websites niedergeschlagen. Links sehen Sie die Entwicklung der daily unique visitors von barackobama.com und whitehouse.gov.  Wer Veränderung will, muss diesen begründen und überzeugen. Dies geht heute kaum ohne Dialog. Ein intensiver und in der Sache kontroverser Dialog über größere Veränderungen würde sich in entsprechendem traffic niederschlagen. Diese beiden zentralen Websites lassen davon wenig erkennen.

Das kann unter andere auch technische Ursachen haben. Besuchen Sie beispielsweise die Obama Pages in Facebook und finden Sie den Ansatz für den Dialog mit den Unterstützern / Fans.

Es gibt eine tatsächliche eine Diskussion innerhalb der Pages – aber aufgrund der Konstruktion der Pages ist sie optisch „unter ferner liefen“ angebunden. Hier ist die Kompetenz der Betreiber der Pages gefordert, den Dialog auch technisch auf eine sichtbarere Ebene zu heben und zu pflegen – bis Facebook hier eine sinnvollere Lösung anbietet.

In Deutschland stossen wir auf ein deutlich größeres Defizit an Information und Dialog, wie sich anhand des Kommunikationsdesasters rund um Stuttgart 21 ganz wunderbar erkennen lässt.

Natürlich birgt diese Form der Kommunikation und die rechtzeitige Nutzung von Social Media für die Politik im herkömmlichen Sinn auf den ersten Blick deutliche Risiken: Eine Politik im „Basta-Stil“ oder im „kleinen Kreis“ wird dadurch nicht mehr möglich, genauso wie die Kommunikation via glattgeschliffener und substanziell entleerter Formulierungen.

Das Politik ohne Bürgerbeteiligung zunehmend an ihre Grenzen stößt, zeigt die Reaktion auf Stuttgart 21. Wer will, das sich Stuttgart 21 nicht als neuer Standard im Verhältnis von Bürgern und Politikern etabliert, muss den Dialog rechtzeitig beginnen. Das geht am besten dort, wo er real stattfindet.

Social Media Strategie und Politik

Social Media Strategie und Politik

Jenseits des omnipräsenten Beispiel Obama, dessen Kampagne auf andere politischen Kulturen nicht uneingeschränkt übertragbar ist, bietet Social Media eine ganze Reihe von strategischen Vorteilen, die in Deutschland noch nicht erkannt werden.

Neben politischen Parteien sind vor allem NGOs und Bürgerbewegungen damit in der Lage in einer neuen Qualität nachhaltig und anhaltend Einfluss auszuüben.

Dieser Beitrag befasst sich mit den strategischen Eckpunkten von Social Media in der Politik, beschreibt die Ursachen der strukturellen Veränderungen, zeigt die Konsequenzen für die politische Landschaft auf, skizziert die Eckpunkte einer politischen Social Media Strategie, gibt Hinweise auf die Voraussetzungen einer erfolgreichen Nutzung von Social Media und die Konsequenzen die sich daraus für politische Kräfte, Parteien und Bewegungen ergeben.

Social Media und die strukturelle Veränderung der politischen Landschaft

Die Parteien wirken nach unserer Verfassung an der politischen Meinungsbildung mit. In der Praxis ist ihr Einfluss auf die politische Meinungsbildung deutlich größer als in der Verfassung angesprochen. Dies hat praktische Gründe. Um Politik zu machen, benötigt man Mehrheiten und ohne Organisation und kommunikative lassen sich Mehrheiten kaum bilden.

Social Media verändert die politische Landschaft auf zwei Ebenen. Gruppen und Gruppierungen jenseits der etablierten Parteien können sich jetzt schnell, einfach und effizient organisieren.

Zugleich ermöglicht es Social Media eine eigene kommunikative Reichweite aufzubauen und macht damit unabhängig von der Wahrnehmung und Unterstützung durch die etablierten Medien.

Beide Veränderungen beinhalten das Potenzial die politische Landschaft strukturell zu verändern, weil sie den strukturellen Vorteilen der etablierten politischen Parteien – also deren Vorsprung in Organisation, Wahrnehmung, kommunikative Reichweite über die Medien – ein gleichwertiges Instrument entgegen setzen können.

Konsequenzen dieser Veränderungen

Kleinere Gruppen können sich jetzt mit Hilfe der Möglichkeiten von Social Media sehr viel schneller und effizienter organisieren und für Mehrheiten arbeiten, ohne darauf angewiesen zu sein, das die Medien sie wahrnehmen bzw. durch Berichterstattung unterstützen. Das Monopol der Parteien auf politischen Organisation hat sich in dem Grad erledigt, in dem sich Social Media als Instrument politischer Einflussnahme etabliert.

Social Media bietet nicht nur zusätzliche Wege der Information und Kommunikation, auch neue Formen der Mitwirkung werden dadurch möglich. Wer sich bislang politisch engagieren wollte, hatte lediglich die Wahl in welcher Partei er aktiv wird und musste sich um Wirkung zu erzielen relativ langfristig binden.

Volunteering über einen kürzeren Zeitraum kommt den Vorstellung einer breiteren politisch interessierten Öffentlichkeit die Mitwirkung jenseits einer langfristig verpflichtenden Parteibindung.

Bürgerbewegungen, NGOs und Protestbewegungen profitieren von dieser Möglichkeiten stärker als die etablierten Parteien, weil sie damit den Abstand zu diesen verringern oder beenden können. Die etablierten Parteien freunden sich mit Social Media eher zögerlicher an. Wo gewachsene Kommunikationsstruktur erst an die Anforderungen von Social Media angepasst werden müssen, wird sich diese Veränderung nur aufgrund äußeren Drucks ergeben.

Eckpunkte einer politischen Social Media Strategie

Reichweite und Vernetzung: Der Aufbau einer ausreichenden Reichweite ist Teil einer Social Media Strategie. Damit diese Reichweite auch zu einer Verbreitung von Inhalten und zu einer Aktivierung von Empfängern führen kann, ist deren Vernetzung nicht weniger wichtig.

Erreicht man nur Menschen, die kein breites soziales Netz haben oder dieses Netz nur offline pflegen, ist die Wirkung ungleich geringer, als wenn viele Menschen gut vernetzt sind und diese Vernetzung in einem Social Network stattfindet. Damit können Informationen und Empfehlungswirkungen weitaus effizienter verbreitet werden.

Die Zersplitterung von Reichweiten – z. B. auf verschiedene Plattformen – ist hier ein permanentes Risiko, dessen kontraproduktive Wirkung oft unterschätzt wird. Eine Reichweite von 100.000 Menschen, die auf 10 oder 20 Sites aufgeteilt ist, bleibt wesentliche wirkungsloser als eine Reichweite, die auf einem Punkt konzentriert ist. Gemeinsam sind wir stark ist auch eine Orientierungsgröße in der Plattformstrategie.

Community Management: Neben einem überzeugenden Grund sich zu engagieren – der in der Sache gegeben sein sollte – ist die Kommunikation und Integration von Interessenten ein entscheidender Schritt um auf Informationsempfängern aktive Beteiligte oder Volunteers werden zu lassen. Es ist die Aufgabe des Community Managements die Kommunikation mit und unter den Interessenten am Leben zu erhalten und zugleich Möglichkeiten aufzuzeigen, sich sinnvoll aktiv zu beteiligen.

Partizipation: Der Königsweg zur Aktivierung liegt darin, vielen Menschen die Möglichkeit zu geben, sich entsprechend ihren Möglichkeiten an einer Sache beteiligen zu können. Je vielseitiger und individueller hier das Angebot ist, desto breiter und vielschichtiger die Beteiligung. Partizipation heißt auch, einen Teil der Entscheidungen und der Steuerung an die Community zu übertragen. Ein enges und straff gesteuertes Partizipationskonzept begrenzt seine eigene Attraktivität und Wirkung.

Die Praxis in Deutschland

Vergleicht man die Social Media Aktivitäten der politischen Parteien in Deutschland zeigt sich, wie weit man dort noch davon entfernt ist, die Potenziale von Social Media entsprechend aktuellen Standards zu nutzen. Es reicht nun mal nicht, Social Media via Link zu integrieren. Man muss diese Instrumente auch verstehen und nutzen.

Die CDU beispielsweise ist mit ihrer Aktion „Unser Land“ auf dem Weg in den Dialog mit Menschen jenseits der eigenen Mitglieder. Die Umsetzung ist noch weit vom aktuellen Stand von Social Media oder einem ernst zu nehmenden Dialog entfernt.

Bei vielen Aktionen und Bürgerbewegungen sieht es leider nicht besser aus. Man ist um Informationsverbreitung bemüht, integriert Social Media via Link auf Facebook Pages oder Twitteraccounts und scheitert daran, Menschen zu motivieren und zu integrieren um sie darüber zu aktivieren. Auf der Seite der CSU findet sich zu diesem Thema ein treffendes Beispiel.

Fazit

Social Media ist längst Mainstream. Die Fähigkeit der etablierten Parteien wie der Bürgerbewegungen diese Instrumente zu nutzen, ist unterentwickelt. Derzeit wird Social Media im Ergebnis mehr verlinkt als eingebunden. Damit befindet man sich alles andere als auf der Höhe der Zeit.

Politik, die die Menschen nicht mehr erreicht ist zum Scheitern verurteilt – egal wie richtig sie sein mag. Auf eine hocheffiziente Möglichkeit zu verzichten, Menschen zu erreichen, zu bewegen, motivieren und zu integrieren, steht für den Verzicht auf eine erfolgreiche, zukunftsfähige Politik.

Politische Konsequenzen zum Thema Social Media

Ein Politiker der seine Ideen nicht kommunizieren kann, scheitert. Gleiches gilt für Parteien und Bewegungen. Um dies zu vermeiden sollten einige grundsätzliche Regeln und Erkenntnisse beachtet werden:

  • Die Fähigkeit Social Media effizient zu nutzen, ist nicht weniger wichtig, wie die Fähigkeit Standpunkte und Inhalte in den alten Medien zu kommunizieren.
  • Die erfolgreiche Nutzung von Social Media setzt die Kenntnis der Instrumente wie der Akzeptanz der Regeln voraus.
  • Social Media hat Infrastrukturcharakter. Es ist nicht wie ein weiterer medialer Kanal zu nutzen und Social Media kann nicht an- und abgeschaltet werden.
  • Um Menschen auf Dauer erfolgreich zu erreichen ist eine leistungsfähige Social Media Infrastruktur unverzichtbar.
  • Ohne fundierte und zukunftsfähige Social Media Strategie werden die Aktivitäten in Social Media weit hinter dem möglichen Erfolg zurück bleiben.

Praktische Konsequenzen

Social Media ist so komplex und vielschichtig, das es politisch Handelnden kaum möglich sein dürfte, sich dem Thema in der nötigen Qualität und Quantität zu widmen, ohne sich von ihrer eigentlichen Aufgabe zu entfernen.

Eine Lösung in Form eines Social Media Beauftragten innerhalb der eigenen Organisation bringt nur geringe Verbesserung. Im Gegensatz zu der Nutzung der klassischen Medien hat Social Media einen Infrastrukturcharakter – d. h. es müssen die kommunikativen Infrastruktur und ihre Reichweite aufgebaut und aktiv gehalten werden – während externe Medien situativ genutzt werden können. Wo der Medienberater bei der Nutzung von externen Medien unterstützt, muss der für Social Media Verantwortliche eine mediale Infrastruktur inklusive deren Aktivität und Reichweite zur Verfügung stellen können. Das ein Teil dieser Medieninfrastruktur auf externe Plattformen aufsetzt, erleichtert diese Aufgabe nur teilweise.

Die Schaffung qualifizierter Social Media Kompetenz ist dabei eine unverzichtbare Voraussetzung für die Nutzung von Social Media. Dem Augenschein nach herrscht hier unisono ausgeprägter Nachholbedarf.

Die Notwendigkeit zu handeln, ist für Parteien wie Bürgerbewegungen gegeben. Die etablierten Parteien verlieren weiter an Kontakt zu den Menschen und damit an Mehrheits- und Gestaltungsfähigkeit, wenn sie einen wichtigen Zugang zu den Menschen nicht erfolgreich nutzen. Die Bewegungen verzichten auf Wirkung, wenn sie Social Media nicht effizient nützen können.

Sie würden sich gerne konkreter mit dem Thema Social Media befassen?

Für diesen Fall empfehle ich Ihnen an einem Seminar zu diesem Thema teilzunehmen oder einenfirmeninternen Workshop abzuhalten. Für den Aufbau von Social Media Kompetenz ist das Seminar Social Media für Unternehmen ein guter Einstieg.

Social Media und Politik – das Beispiel Stuttgart 21

Stuttgart 21 – Anschauungsbeispiel für Social Media in der Politik

Twitter glüht, Menschen aus den unterschiedlichsten Schichten der Bevölkerung demonstrieren zum ersten Mal in ihrem Leben und die etablierten Nachrichtensendungen behandeln das Thema Stuttgart 21 als Top Thema.

Bei Stuttgart21 geht es um ein Bahnhofsprojekt. Es geht aber auch darum wie in einem konkreten Fall Politik so gemacht wurde, das der Wähler außen vor gehalten wurde.

In diesem Beitrag geht es nur darum wie Social Media die Politik verändern kann. Stuttgart21 dient hier als Anschauungsbeispiel. Weder werden Argumente ausgetauscht, noch deren Qualität diskutiert.

Hier geht es vor allem darum, aufzuzeigen,

  • wie mit Social Media Politik gemacht werden kann,
  • wie dies am konkreten Beispiel Stuttgart 21 bereits stattfindet,
  • welche Potenziale von Social Media beim Beispiel Stuttgart 21 ungenutzt sind und
  • wie die Möglichkeiten von Social Media anhand dieses Beispiels besser genutzt werden können

um die Wirkung zu erzielen, die sich mit Social Media auch in der Politik erzielen lässt.

Was kann Social Media in der Politik bewirken?

Wie Social Media in der Politik wirken kann

Vorab – Social Media ist nicht dadurch erfolgreich, das damit Statements verbreitet werden, sondern dadurch, das sich Menschen miteinander mit Inhalten befassen. Es zählt nicht was der „Politiker“ sagt, sondern worüber sich die Menschen unterhalten. Der „Politiker“ kann Inhalte anregen, Argumente vorbringen und Gespräche initiieren und selbst daran teilnehmen.

Social Media kann Menschen bewegen, Meinungen verändern und Aktivitäten hervorrufen, weil es Menschen die Instrumente in die Hand gibt um selbst etwas zu bewegen.

Die funktionale Seite der Wirkung von Social Media in der Politik

Information: Social Media hat eine eigene Reichweite, innerhalb einer eigenen Infrastruktur. Das bedeuted nicht, das Social Media nicht auch beeinflussbar ist. Die Reichweite bestimmt  mit über denWirkungsgrad der Information. Da Social Media existent ist und weite Bevölkerungskreise Social Media in mehr als einer Weise nutzen, hat dies eine Auswirkung auf den Informationsgrad.

Ein zusätzlicher Informationskanal, der näher als andere Teil des privaten sozialen Leben sein kann, erhöht die Informationsmöglichkeit

  • passiv im Sinn eines informiert werden durch das soziale Umfeld
  • aktiv durch die Information anderer im eigenen sozialen Umfeld.

Die technischen Automatismen in Social Media sind hier der Schlüssel, der Reichweiten für Informationen schaffen kann.

Motivation: Nichts motiviert besser als Motivation. Informationen und Anstöße aus dem eigenen sozialen Umfeld haben eine eigene Motivationsqualität. Beispiele aus dem eigenen sozialen Umfeld sind beeindruckender als aus einem ferneren Umfeld. Verhaltensänderungen oder Aktivitäten von Bekannten und befreundeten Menschen erreichen uns direkter. Die Diskussion im eigenen Umfeld kann nicht nur Themen und Informationen transportieren, sie arbeitet auch an Einstellungen und Entscheidungen mit, motiviert dazu, sich mit Themen und Inhalten zu befassen um an der Diskussion fundiert teilnehmen zu können.

Aktivierung: Von der Motivation sich mit einem Thema zu befassen, bis zur Aktivierung ist der Schritt kurz. Die Teilnahme an der Diskussion ist bereits ein erster Schritt der Aktivierung. Die Aktivierung kann

  • über die Sympathisantenebene
  • zur passiven Unterstützung oder zur
  • aktiven Beteiligung, z. B. als Volunteer / Freiwilliger führen. Vorbilder und Beispiele im direkten Umfeld erleichtern diesen Schritt, bzw. können als Anstoss für die eigene Aktivierung dienen. Aktivierung zeigt sich insbesondere in
  • der aktiven Weiterleitung von Informationen im eigenen Umfeld
  • in der aktiven Mitarbeit (Volunteer / Freiwilliger) in einer Organisation
  • in der finanziellen Unterstützung.

 

Success Case als Messlatte – Obamas Weg ins Weiße Haus

Auch wenn die Kandidatur von Barrack Obama bereits ein vielzitiertes Beispiel für den Einsatz von Social Media in der Politik ist, lohnt es sich die 3 wichtigen Erfolgsfaktoren seiner Kampagne in Erinnerung zu rufen.

Reichweite: Damit Social Media Wirkung entfalten kann, muss eine ausreichende Reichweite aufgebaut werden, also genügend Menschen erreicht werden, um eine angestrebte Wirkung zu erzielen. Dieser „Infrastrukturcharakter“ von Social Media wird leicht unterschätzt, insbesondere was den Aufwand und die Zeit betrifft, die für diesen Aufbau erforderlich ist. Die Nutzung bestehender Plattformen kann diesen Aufbauprozess nur beschleunigen, nicht aber ersetzen.

Obama hat sowohl eigene Plattformen und externe Social Network – und Social Media Plattformen genutzt. Gerade die Kombination hat strategische Bedeutung. Sie sichert einerseits durch die eigenen Plattformen maximale inhaltliche Gestaltbarkeit und das kommunikative Rückgrat der Organisation ab, andererseits nutzt sie die Reichweite und Wirkung vorhandener externer Plattformen für deren Verbreitung.

Vernetzung: Gemeinschaft macht stark. Aus dem Einzelnen ein Team mit einem klaren Ziel und den dafür nötigen Instrumenten zu machen, ist eine der Kernaufgaben der Vernetzung bei der politischen Nutzung von Social Media. Natürlich wird nicht jeder, der sich in Social Media mit einem politischen relevanten Thema befasst, automatisch zum Aktivisten, aber allein die Erkenntnis, mit einer Meinung nicht mehr allein zu stehen, bewirkt eine erste Veränderung. Die Bestätigung anderer festigt die eigene Meinung. Die Möglichkeit sich sinnvoll zu engagieren, eröffnet der Meinung eine Handlungsmöglichkeit. Die Einladung dazu – durch andere Mitstreiter – motiviert sich zu engagieren und sei es nur um der damit verbundenen sozialen Anerkennung wegen. Teil einer aktiven Gruppe zu sein, motiviert.

Volunteering: Eine weitere Grundlage des Erfolgs von Obama war die Aktivierung einer großen Anzahl an freiwilligen Helfern. Selbst in Texas, dem Kernland seines Wettbewerbers George W. Bush konnte Obama mehr Volunteers für sich gewinnen als sein Kontrahent. Obamas Team war auch darin erfolgreicher diese Freiwilligen innovativ zu organisieren und zielführend einzusetzen.

Fundraising: Ohne die spektakulären Ergebnisse des Fundraising wäre Obamas Kandidatur vermutlich nicht so erfolgreich gewesen. In der heißen Phase des Wahlkampfs konnte Obama über mehr als 150 Mio US-$ verfügen. Sein Wettbewerber hatte diesem Werbebudget nichts nennenswertes mehr entgegen zu setzen.

Obamas Fundraising basierte auf vielen Kleinspenden, die via Internet und Volunteers eingeworben wurden. Freiwillige sind hier sowohl Quelle als auch Werber für Spenden.

Community Management: Die Kunst eine sehr große Zahl von Volunteers zielgerichtet einzusetzen und „Querschläger“ und „Eigentore“ zu vermeiden, kann nicht hoch genug geschätzt werden. Der Ansatz von Obama – „bottum up“ und „trust & enabling“ begleitet von einem erfolgreichen Community Management hat dazu geführt, das seine größere Anzahl von Freiwilligen Unterstützern zugleich effizienter eingesetzt wurden.

Strukturelle Veränderung in der Medienlandschaft

Twitter ist schneller als die klassischen Medien, wird aber von diesen zunehmend beachtet. Blogs, Videos auf Youtube und anderen Asset-Plattformen, Social Networks und ihre Multiplikationsfunktion ergänzen die Reichweite und Dynamik. Die Inhalte und Schwerpunkte der traditionellen Medien stehen jetzt im Kontext wie im Wettbewerb einer weiteren Medienlandschaft. Inhalte und Geschehnisse die in der einen Ebene – schneller – kommuniziert werden, können nur noch begrenzt „ignoriert“ werden. Das betrifft sowohl Ereignisse an sich als auch bestimmte Aspekte davon. „bin gespannt, ob die Tagesschau endlich darüber berichtet“, „die Medien schlafen wieder mal“, sind nur einige sinngemäße Beispiele für Äußerungen, die auch in direkter Richtung auf die Medien dafür sorgen sollen, das Ereignisse wahrgenommen werden. Da Äußerungen in Social Media durch entsprechende Tools gemessen werden kann und von den größeren Medien sicher auch wird, kommen solche Aufforderungen an und erzielen Wirkung, wenn sie in größerem Umfang auftreten.

Die Dynamik von Social Media setzt die klassische Medienlandschaft unter Druck auf Ereignisse zu reagieren. Politische Einflussnahme auf öffentlich-rechtliche Medien dürfte damit zunehmend ins Leere laufen, deren Berichterstattung durch die Wettbewerbssituation deutlich kritischer werden.

Inhaltliche Korrekturfunktion

Social Media verändert nicht nur das Verhalten der klassischen Medien. Social Media hat auch eine Korrekturfunktion für die Inhalte. Durch Content wie

  • Videos von Ereignissen,
  • Augenzeugenberichten,
  • Reaktionen
  • Gegendarstellungen
  • Informationen im Netz

kann Informationen, die über die traditionellen Medien verbreitet werden, sofort eine Gegeninformation gegenüber gestellt werden. Methoden der Desinformation und der Diffamierung werden zum Bummerang und fallen auf deren Anwender zurück. Ähnlich sieht es mit Halbwahrheiten und bewusst eingesetzten Verbreitung von Unwahrheiten aus.

 

Social Media und Stuttgart 21

Stuttgart 21 zeigt, auf welchem Stand die Nutzung von Social Media in der Politik in Deutschland angekommen ist: Beide Seiten nutzen zwar Plattformen und Tools von Social Media, aber in beiden Fällen ist diese Nutzung eher unkoordiniert, uninspiriert und von einem geringen Verständnis der Funktionsweise und der Möglichkeiten von Social Media für die eigene Sache geprägt.

Social Media am Beispiel Stuttgart 21

Betrachten wir die Social Media Aktivitäten rund um Stuttgart 21 aus dem Blickwinkel des Obama Cases und der Kriterien

  • Reichweite
  • Vernetzung
  • Volunteering
  • Fundraising
  • Community Management

erkennen wir, welches ungenutzte Potenzial Social Media an diesem Beispiel bietet.

Die Nutzung von Facebook (exemplarisch genannt für Social Networks an sich), Twitter, die Nutzung von Videolivestreams, Videos und Bildern auf Assetplattformen wie Videoplattformen (youtube) Blogs und Twitpic-Plattformen sowie Wikis, kennzeichnet den aktuellen Stand von Social Media.

Damit

  • beschränkt sich die  Nutzung von Social Media auf eines der genannten 5 Erfolgskriterien und bewegt sich auf der Ebene der „spontanen Nutzung vorhandener Instrumente“ (relativ planloser Aktivismus relativ weniger).
  • wird auf die Wirkung von Social Media für eine nachhaltige und strukturelle Veränderung verzichtet.

 

Ziele und zielführendes Verhalten

Bei Stuttgart 21 geht es – neben der Frage ob Kopfbahnhof oder tiefer gelegter Durchgangsbahnhof zukunftsfähiger sind – vor allem um die Frage wie P0litik gemacht, der Bürger eingebunden werden soll. Zumindest letzteres beinhaltet den Wunsch nach struktureller Veränderung.

Aktuell findet ein Protest durch Demonstrationen auf der Strasse statt. Damit lässt sich möglicherweise ein Projekt wie Stuttgart 21 verhindern. Der Wunsch nach einer neuen politischen Kultur ist ein qualitativ anderes Ziel, weil hier etwas neues geschaffen werden soll.

Die Erfolgsaussichten für die Verhinderung von Stuttgart 21 basieren derzeit auf einem anhaltenden Protest durch Demonstrationen, einer Grundstimmung in der Bevölkerung Baden-Württembergs gegen das Projekt und die Unterstützung durch die Medien. Zwei von drei Erfolgsfaktoren haben die Gegner damit nicht in der Hand. Die Infrastruktur, diese Faktoren nachhaltig zu beeinflussen fehlt ihnen. Die Form des Protests birgt zudem beachtliche Risiken (z. B. Eskalation, Ermüdung) in sich.

Ein zielführenderes Verhalten könnte darin bestehen, die positive Situation für den Aufbau von Social Media Strukturen zu nutzen, die es erlauben, die eigenen Ziele mit größerer Sicherheit anzusteuern und die Aktivität der Unterstützer auch bei einer Aussetzung der Demonstrationen aufrecht zu erhalten.

Social Media Case Stuttgart 21

Wie könnte ein Social Media Konzept für Stuttgart 21 aussehen? Welche Inhalte und Strukturen sollten geschaffen werden?

Die Antwort darauf ergibt sich aus den Erkenntnissen des Obama Cases und ist hier – beispielhaft für das Lager der Stuttgart 21 Gegner – kurz skizziert zusammengefasst.

Reichweite: Der koordinierte Aufbau einer Reichweite in Social Network Plattformen muss Teil aller Aktivitäten werden. Reichweite sollte zusammengefasst und nicht zersplittert werden, um die nötige Aussen- und Innenwirkung zu generieren. Die dazu gehörende Plattformstrategie muss die Kommunikation inhaltlich wie organisatorisch sicher stellen und technisch absichern.

Vernetzung: Die Vernetzung der Gegner sichert die Aktivität und die Beständigkeit des Widerstands und dessen Qualität (Gewaltslosigkeit, zielführendes Verhalten). Die eigenen Social Network Strategien – insbesondere Plattformstrategie und Community Management – sind hier gefordert, die Vernetzung aktiv voran zu bringen.

Volunteering: Ohne Organisation wird auf Dauer Qualität, Sicherheit, Aktivität aufrecht zu erhalten sein. Das Beispiel Obama hat gezeigt, das hier die Lösung im Mix zentraler und dezentraler Steuerung und im enabling der Volunteers liegt.

Fundraising: Ohne wirtschaftliche Mittel ist ein Widerstand auf längere Zeit nicht realisierbar, vor allem aber ist es ohne ein Mindestmaß an finanziellen Ressourcen weniger erfolgreich diesen Widerstand über die Stadtgrenzen hinaus auf breiter Basis im Land zu etablieren und auf die Landtagswahlen im März erfolgreich Einfluss nehmen zu können.

Community Management: Organisation, enabling und Einsatz von Volunteers, aktivieren der Sympathisanten, entwickeln intelligenter Formen des Widerstands, Motivation der eigenen Anhänger – die Aufgaben des Community Managements sind nicht nur beachtlich sondern auch erfolgsentscheidend.

Fazit

Social Media steht in der politischen Auseinandersetzung in Deutschland noch immer am Anfang. Die Möglichkeiten die sich dadurch bieten, werden von den etablierten Parteien nicht genutzt.

Social Media bietet – richtig genutzt und in Verbindung mit einem mehrheitsfähigen politischen Anliegen – die Möglichkeit, Strukturen zu schaffen, die die politische Landschaft und Kultur nachhaltig verändern bzw. gestalten können.

Politik 2.0 РSocial Media und die ver̦ffentlichte Meinung

Nach dem Rücktritt des Bundespräsidenten muss das Amt neu besetzt werden. Binnen kürzester Zeit setzt die Kanzlerin ihre Allzweckwaffe – Ursula von der Leyen – ein.

Social Media Рdie andere ver̦ffentlichte Meinung

Während ich  heute morgen im Radio höre, das die Ministerin beim Volk ja so beliebt ist, erinnere ich mich an ihre großen politischen Erfolge, die ihr nicht zu Unrecht den Namen Zensursula einbrachte und mit zur Gründung der Piratenpartei beitrug. Die Internetgemeinde hat ein besseres Gedächtnis, das sich nicht zuletzt auch in der spontanen Gründung von Gruppen gegen Frau von der Leyen ausdrückt, zu der mir nahezu zeitgleich eine Einladung ins Haus flattert. Ein Blick ins Netz und die „Begeisterung“ die zu dieser spekulativen Meldung dort aufkommt.

Vorsicht Рperșnliche Meinung

Will ich diese Dame wirklich als oberste Repräsentantin Deutschlands sehen, frage ich mich und schwupps bin ich der Gruppe beigetreten. Wehret den Anfängen, heißt es nicht umsonst. So dünn und fadenscheinig kann die Personaldecke der Union gar nicht sein, das man uns das antun sollte. Hätte die Union personell nichts überzeugenderes zu bieten, wäre das mehr als nur ein Mosaiksteinchen mehr im Bild einer abgehalfterten Chaostruppe.

Dank Social Media wird Meinung machen schwieriger

Erinnert man sich daran, das die veröffentlichte Meinung in der Vergangenheit von wenigen bestimmt wurde, zeigt sich die demokratisierende Wirkung von Social Media auf die Medienlandschaft. Es ist abzusehen, wann Glotze und die 4 großen Buchstaben eben nicht mehr ausreichen um der Politik Rücken- oder Gegenwind zu verschaffen. Meinungsbildung verlagert sich um so schneller ins Netz, je schwächer oder manipulativer  die journalistische Qualität der etablierten Medien ist.

Socia Media – aus passiv kann aktiv werden.

Natürlich ist auch dieser Text manipulativ. Das zu leugnen wäre unredlich. Der simple Unterschied liegt in der Rolle. Ohne Social Media wäre ich Objekt der Manipulation, jetzt kann ich selbst manipulieren. Alle Macht geht vom Volk aus – sagt unser Grundgesetz. Das trifft nun auch auf mediale Manipulation zu. Social Media ist damit mehr als nur legitimiert.

Obama steckt an – community building im Wahljahr 2009

 

cdu
CDU, SPD und FDP treten netzaffiner auf.
War bislang social networking nur auf die eigenen Parteimitglieder begrenzt sieht man plötzlich eine ungeahnte Öffnung in allen Sites.
Am überzeugendsten scheint mir da die Vorgehensweise der CDU mit dem teAM 2009. Wenn man da noch den Spendenaufruf prominenter platzieren würde, wäre das schon beinahe gut kopiert.

team1

Der Anspruch teAM Deutschland ist schon clever. Man vereinnahmt sprachlich die Republik um die Interessen der eigenen Partei mit denen des Landes als identisch zu bezeichnen. Schade nur, das das nicht mal mehr der CSU in Bayern gelingt. Es ist eher unklug den eigenen Anspruch zu weit von der erlebten Realität entfernt zu platzieren.

Die Sammlung von Unterstützern hat Obama in den Staaten zur Perfektion – und zum Erfolg – weiter entwickelt. Dies auch auf deutsche Verhältnisse übertragen zu wollen ist sinnvoll. Allerdings sind die Möglichkeiten sich im teAM zu engagieren, die dem potenziellen Unterstützer geboten werden, äußerst dürftig. Da hapert es noch am Mut sich auf die Unterstützer wirklich zu verlassen. Hauptsache anmelden und vernetzen und allen sagen, das man das AM im teAM Deutschland toll findet und CDU wählen. Politische Kommunikation kann doch so einfach sein.

Die Hoffnung auf Reichweite scheitert bis dato

In diesem Zusammenhang ist interessant, in welchen sozialen Netzen die jeweiligen Parteien – in welchem Umfang – aktiv sind. MySpace fällt anscheinend komplett aus, vielleicht weil zu sehr auf Unterhaltung fokussiert. Die Fokussierung auf StudiVZ und wer-kennt-wen ist aufgrund der Reichweite der Netze verständlich, übersieht aber den sehr individuellen Grad an Aktivitätsmöglichkeiten. In Facebook hat das teAM Deutschland immerhin 356 Unterstützer, in StudiVZ schon 662 und in wkw finden sich 2 Gruppen mit 449 und 52 Unterstützern. Stand 26.2 09 18 Uhr. Erfolgreiches community building sieht beim Anspruch eine große Volkspartei zu sein eigentlich anders aus.  

Allein die technische Vernetzung ist nicht wirklich optimal:

* Der Link bei StudiVZ führt nur im eingeloggten Zustand direkt zur Gruppe.
* Bei Facebook klappt das schon besser.
* Bei WKW landet man nur auf deren Startseite.

fdp

Betrachtet man die anderen großen Parteien fällt auf, das man dort zwar in die gleiche Richtung unterwegs ist, die Konsequenz mit der dieser Schritt vollzogen wird, etwas geringer ausfällt.

Die Mitmacharena der FDP ist für Mitglieder und Nichtmitglieder geöffnet. Das macht natürlich Sinn, denn mit den Mitgliedern allein bekommt die FDP keinen Stammtisch voll. Beispielhaft ist die Konzentration aufs Wesentliche bei der Mitmachseite der FDP. Man verzichtet sogar darauf einen Grund anzugeben, warum man mitmachen sollte.

spd

Auch die gute alte Tante SPD vernetzt. „Seit an Seit“ sollen die Freunde der Sozialdemokratie virtuell für die gemeinsame Sache streiten. Ein bessserer Ansatz, weil zumindest schon mal erwähnt wird, was man da virtuell schönes machen kann. Optisch wird ein Publikum angesprochen, das mehr dem Wunschdenken entspricht, als der Wählerschaft der SPD und das sich dann wohl eher verirrt umsehen wird. 

 

grune2

Der Vollständigkeit halber noch die Grünen. Auch da kennt man schon einige / die gleichen soziale(n) Netze und nutzt sie. Mit den Links klappt es auch schon, wenn man mal von StudiVZ absieht.

Verpackung besser, Inhalt fragwürdig, timing verpaßt

Ein Anfang ist gemacht, was Optik und Verpackung angeht. Der Inhalt läßt noch zu wünschen übrig. Wie weit diese Form von Politik-Kommunikation den Wahlkampf überdauert und ob man wirklich Punkte macht, wenn hinter dem Angebot, sich zu beteiligen, keine realen Beteiligungsmöglichkeiten stehen, wird sich zeigen. Community lebt nun mal weniger von der Anmeldung als von der Aktivität und Beteiligung. Das bedeutet natürlich nicht, das jeder der sich anmeldet, auch gleich aktiv seinen eigenen Wahlkampf gestalten will. Es bedeutet, das jeder Unterstützer die Möglichkeit dazu haben sollte – mit aller möglichen Unterstützung durch die jeweilige Partei. Die Anmeldung ist eben nur der erste Schritt. Wenn dahinter die Mogelpackung wartet, verlassen die Akteure schnell wieder die Bühne. Community building ist keine kurzfristige Angelegenheit. Wer sich mit diesem Thema befasst hat und es ernsthaft betreiben will, weiß, das dafür Zeit erforderlich ist. Obama war für die Wahl im November 2008 schon zu Jahresbeginn 07 heftig aktiv. Natürlich mußte er die Vorwahlen bestehen. Das ist den Kandidaten in Deutschland erspart. Dafür agiert er in einem sehr viel stärker Volunteer orientiertem Umfeld und brauchte auch für die Vorwahlen mehr als ein Jahr Vorlaufzeit um ein so schlagkräftiges Unterstützerfeld aufzubauen und die nötigen Mittel für seinen Wahlkampf einzusammeln. Letzteres bleibt den Parteien erspart. Die Vorlaufzeit für den Aufbau einer größeren Unterstützergruppe eher nicht.  

Wenn von Web 2.0 und Marken die Rede ist, graut den Markenverantwortlichen bei dem Gedanken, das sie die Verfügungsgewalt über ihre Marke verloren haben. Das ist in der Praxis immer so gewesen, man wollte es aber ungern auch noch unterstützen. Wer Politik 2.0 betreiben will, sieht sich ähnlichen Herausforderungen gegenüber. Das Mitmachweb 2.0 lebt eben vom mitmachen. Und für’s mitmachen muß es einen glaubwürdigen Grund geben. 

Zur Erinnerung: Die Deutschen sind nicht politikverdrossen. Im Gegenteil. Sie sind politikerverdrossen. Wer jetzt zum Mitmachen einlädt, bekommt die ungeschönte Antwort auf die Frage nach der Attraktivität der eigenen Partei. 

Fazit: Was Obama gestern in den Staaten realisiert hat ist in Deutschland immer noch Zukunftsmusik. Aber es bewegt sich etwas. Möglicherweise in eine Richtung die den Politikern alter Schule weniger gefällt.

Obama und Social Networking – warum es eine vergleichbare Kampagne in Deutschland nicht geben wird.

Barack Obama hat mit seiner Form des Wahlkampfs bewiesen wie wirkungsvoll diese Methode ist. Ein Nobody schlug damit die etablierten Politiker eindrucksvoll aus dem Feld. In Deutschland ist nichts vergleichbares zu befürchten. Dafür gibt es Gründe, die sowohl in der Ausgangslage von Obama als auch in der Struktur unserer Parteienlandschaft und unserer politischen Verfassung liegen. 

Obama startete als sicherer Verlierer. 

 

Aktivieren durch Dialog
Aktivieren durch Dialog

Bis vor seiner Rede auf dem Konvent der Demokraten 2004 war Obama ein unbekannter Senator eines weniger wichtigen Bundesstaates. Niemand den man wirklich kennen musste. Als Obama 2007 als Bewerber für die Kandidatur der Demokraten antrag, war eigentlich längst klar, das Hillary Clinton das Rennen machen würde. Sie hatte die Partei hinter sich, war etabliert, verfügte über die nötigen Mittel. Obama hatte in der eigenen Partei wenige hinter sich, war den Amerikanern weitestgehend unbekannt und ohne die nötige wirtschaftliche Unterstützung. In einer Ausgangssituation wie dieser bleibt entweder die Hoffnung auf ein Wunder oder eine völlig neue Strategie. War es der Mut der Verzweiflung oder das Vertrauen auf die amerikanischen Bürger und deren Unterstützung? Vielleicht beides. Zumindest war dies die Voraussetzung für eine mutige, neue Vorgehensweise. Obama tat genau das, was mit Wahlen eigentlich bezweckt wird. Er legte sein politisches Schicksal ohne Wenn und Aber in das Hand derer, für die er antrat. Natürlich gehört zu dieser Vorgehensweise eine klare Position und eine ansteckende Überzeugungskraft und der Wunsch nach Wechsel bei der Bevölkerung.

Deutschland steht für Politik mit geringer Bürgerbeteiligung 

In Deutschland kann weder der Wunsch nach Wechsel noch das größte Charisma eines Außenseiters, ergänzt durch eine brillante Kampagne zu einem ähnlichen Ergebnis führen. Das ist in unserer Verfassung schlichtweg nicht vorgesehen und auch nicht möglich. 

Unser Regierungschef wird nicht vom Volk in direkter Wahl gewählt. Wir wählen Volksvertreter, die uns eine politische Partei vorgeschlagen hat. Diese Vertreter ihrer Partei wählen, sofern sie die entsprechende Mehrheit errungen haben, den Kanzler. Dieses System schützt die Politiker gleich auf 2 Ebenen vor Überraschungen. Die zur Wahl stehenden Volksvertreter werden nicht vom Volk gewählt, sondern von den Parteien. Wer eine Chance haben will, gewählt zu werden, braucht entweder einen sicheren Listenplatz oder einen sicheren Wahlkreis. Das immer mehr Menschen diese Form von Politik als Bevormundung empfinden, ist nachvollziehbar. Die Partei der Nichtwähler hat in Deutschland letztlich die höchste Zustimmung. Das führt dazu, das eine Partei, die mit Mühe geradeso die Stimmen eines knappen Viertels der Wahlberechtigten bekommen hat, die Geschicke des Landes lenken kann. 

Wer in Deutschland Regierungschef werden will, kann das nur über den Weg der Partei und deren Unterstützung werden. Aussenseiter müssen hier leider draußen bleiben. Die deutschen Parteien werden diese Situation nicht ohne große Not ändern. Und dafür das sie nicht in diese Situation kommen sorgt die Methode der repräsentativen Demokratie und die Wahl der Volksvertreter durch die Parteien. Der mündige Bürger soll bitte nur noch alle vier Jahre brav abnicken.  Wenn er damit nicht zufrieden ist, bleibt ihm ja die Wahl in eine Partei seiner Wahl einzutreten und damit das System indirekt zu erhalten.  

Es wird sehr oft über den Politikverdruss in Deutschland gesprochen, um nicht darüber sprechen zu müssen, das die Menschen nicht die Politik leid sind sondern diese Form der Politik und deren Repräsentanten. 

Social Networks und Politik

Was hat dieses Thema jetzt mit Communitys / Social Networks zu tun? ‚Auf den ersten Blick wenig. Auf den zweiten sieht man, das sich in Social Networks Bürger organisieren und vernetzen, das Social Networks Einfluss auf Stimmen und Stimmung haben und aufgrund ihrer kommunikativen Reichweite durchaus mit Medien zu vergleichen sind. Da wo unsere Medien sich mit den politischen Zuständen weitestgehend arrangiert haben, bieten Social Networks durchaus wirkungsvolle Ansätze, die Strukturen aufzulösen, die den Bürger möglichst weit von Entscheidungen fern halten soll. Die USA verfügen nicht nur über das System der Vorwahl, das den Bürgern die Wahl ihrer Vertreter erst ermöglicht, sondern auch über schlagkräftige Organisationen der Bürger, die dafür sorgen, das desen Rechte auch erhalten bleiben.

Bei einem Blick auf die Landschaft der Social Networks in Deutschland haftet dieser These  sehr viel fiktionäres an. Wir sehen StudiVZ, MeinVZ, wer-kennt-wen und nichts was politisch relevant ist. Das erinnert an den Wald, der den Blick auf die Bäume verstellt. Innerhalb dieser Strukturen kann sich jederzeit eine wirkungsvolle Bewegung entwickeln. Und wir sollten nicht vergessen, das wir in Deutschland erst am Beginn des social networkings stehen und dieser Prozess mit atemberaubender Entwicklung abläuft. 

 

Vernetzung und Kommunikation sind die Grundlagen der Veränderung. 

Was könnte der Bürger mit Hilfe der Organisation in Social Networks tatsächlich erreichen?Das Themen diskutiert werden. Erst in den Networks, dann in den klassischen Medien. Wenn wir bedenken, das die großen Netzwerke bereits heute eine mediale Reichweite haben, die deutlich jenseits von BILD liegt, wird deutlicher, das hier ein Instrument heranwächst, das Einfluß nehmen kann. Die Verhältnisse werden sich nur unter Druck ändern und dieser Druck muss erst einmal aufgebaut werden. Der Einzelne bewirkt hier naturgemäß wenig, aber schon wenige Einzelne erhalten in Social Networks eine beachtliche mediale Reichweite. Die Ansätze dafür, besser die Notwendigkeit, liefert die Politik allemal. Wer beispielsweise in der größten Wirtschaftskrise unseres Landes jemand zum Wirtschaftsminister ernennt, der selbst keinen Anschein von Kompetenz herbei argumentieren kann, hat als Politiker mehr als nur ein Vermittlungsproblem einer Personalie. Ein Regierungschef der sich in Krisenzeiten solch einen Minister vorsetzen läßt, weckt Zweifel an seiner Kompetenz und Handlungsfähigkeit. 

 

Veränderung ist möglich. Auch in Deutschland. 

Die Uhr kann für diese Form von Politik längst ticken, wenn die Bürger dies nur wollen. Die Organisationsformen und die Medien dafür stehen bereit.

In diesem Sinne hiesse das Motto auch bei uns change. Vom aktuellen Beispiel abgeleitet: Change Guttenberg oder change Merkel.

Politik, Internet und Social Network Marketing

Auf der DLD 09 vom 25. bis 27. Januar 2009 wurde unter anderem die DLD Internet Politics Study vorgestellt. Die Studie behandelt im ersten Teil die Bedeutung der Online-Wahlkampfkampagnen von Barack Obama für dessen Wahlerfolg über Hilary Clinton und John McCain. Die Studie ist nicht nur aufgrund Ihrer Fakten sondern auch wegen der darin vorgestellten brillanten Clips überaus empfehlenswert. Im zweiten Teil wird die deutsche Politik und das Internet vorgestellt. Der Leser fällt aus den strahlenden Höhen konsequent umgesetzten integrativen Social Marketings in das tiefe Loch deutscher Rückständigkeit. Die Studie können Sie hier herunter laden.

Politik online geht nicht ohne Social Media

Obama in Facebook
Obama in Facebook

Im Titel der Studie findet sich zwar kein Wort über Social Networks oder Social Network Marketing aber bei der Lektüre wird schnell erkennbar, das Politik im Internet nicht funktioniert, wenn sie nicht in Social Networks eingebunden ist. Der Grad dieser Einbindung ist letztlich auch ein Erfolgsmesser. Obamas Kampagnen waren 2.0. – eingebunden in die ganze Vielfalt der vorhandenen Social Networks Medien und aktiv über alle Instrumente kommuniziert – die seiner Wettbewerber waren hier deutlich weniger erfolgreich, obwohl sie die gleichen Instrumente nutzten. Obamas Online Kampagnen standen als Social Networking-Kampagnen im Zentrum seiner Kommunikation, seine Wettbewerber nutzten die gleichen Instrumente als zusätzliche Informationskanäle und verloren – gemessen an der Zahl der Nutzer, Partizipierenden und letztlich auch an der Zahl der Wähler.

Entwicklungsland Deutschland

Angela Merkel in Facebook
Angela Merkel in Facebook

Die Lage der Politik im Internet wird mit der Frage begonnen ob die Deutschen schon bereit für Social Media Kampagnen sind. Die Deutschen nutzen das Internet, die Deutschen nutzen zunehmend Social Media und wer die Geschwindigkeit dieser Entwicklung im Netz kennt, weiss, das wir auf diesem Gebiet kaum mehr als ein, zwei Jahre hinter den USA zurückliegen. Die jüngeren Deutschen nutzen bereits heute das Internet etwa so intensiv wie TV. Einen Wahlkampf ohne Fernsehen kann sich keine politische Partei vorstellen. Nicht zuletzt deshalb hat man sich ja den Zugang zu den öffentlich-rechtlichen Sendern gesichert. Die Frage, ob die deutsche Parteien für Social Media reif sind, beantwortet sich in der Studie selbst. Es zählt nicht nur die quantitative Aktivität sondern auch die qualitative Aktivität, noch wichtiger ist die Aktivität der angesprochenen Zielgruppen. Obama gewann letztlich auch weil er deutlich mehr Menschen erreichen und aktivieren konnte als Clinton oder McCain.

Politisches social networking ist in Deutschland schwieriger

Es gibt für die Parteien keinen garantierten Zugang zu den Social Networks. Der Aufbau eigener Social Networks ist für die politischen Parteien für 2009 längst kein Thema mehr. Der Zug ist schon vor 2008 abgefahren. Obama hatte die Grundlagen seines Erfolgs im Web im Frühjahr 2007 gelegt und bedient sich der Vernetzung mit bestehenden Networks und der Nutzung aller verfügbarer Tools. Auch den Parteien in Deutschland bleibt nur die Nutzung der bestehenden Social Networks um Menschen zu erreichen und zu überzeugen. Hier sieht es aktuell schlechter aus, als die DLD Studie dies dokumentiert.

Kein ausreichender Zugang zur Kommunikation

In Deutschland ist die Lage bei den Social Networks deutlich heterogener aus als in den Staaten. Mit Facebook und MySpace läßt sich in den USA eine enorme Reichweite aufbauen und beide Netze sind für die politische Nutzung offen. In Deutschland stellen Facebook und MySpace gemessen an ihrer Reichweite in den USA nur einen Bruchteil der Kommunikationsleistung zur Verfügung, alles andere als ausreichend um darauf eine funktionierende Online Strategie aufzubauen. Die großen Netze (VZs und Wer-kennt-wen) sind – gemessen an den Kommunikationsmöglichkeiten von FB und MySpace – als Kommunikationsplattformen technisch nicht so leistungsfähig und konzeptionell nicht frei für Dritte verfügbar. Die VZs gehören zur Holtzbrinck, WKW zu RTL. Beide Netze leiden unter Aktivitätsschwund und dem Fehlen geeigneter Nutzungsmöglichkeiten durch Parteien, bzw. deren Integration. Entweder man schafft Aktivität durch bestehende Mitglieder oder das jeweilige Netz ist verschlossen. Und damit sieht es bei allen Parteien sehr düster aus. Ãœber dürftigste Ansätze kommt derzeit keine Partei hinaus. Um junge Wähler und Erstwähler zu erreichen, müsste eine erfolgreiche Kommunikationsstrategie zudem auch die kleineren regionalen Netze einbeziehen, also in deutlich mehr als einem Dutzend Social Networks aktiv sein.

Risiko Social Media

Aktivieren durch Dialog
Aktivieren durch Dialog

Den Parteien steht auch die typisch deutsche Reaktion auf Neuheiten im Weg. Wir fragen zuerst nach dem Risiko, dann vielleicht nach der Chance. Politik in Social Networks hat Risiken, weil sie davon abhängt die Menschen zu erreichen und zu aktivieren. Das ist allerdings auch bei der Politik an sich der Fall. Nur eben mainifestiert sich Unzufriedenheit und Politikverdrossenheit in Social Media für alle sichtbar und nachvollziehbar. Damit umzugehen ist alles andere als einfach. Sich diesem Risiko auszusetzen bedarf Mut oder die Erkenntnis der Notwendigkeit.

Fazit

Die Situation in Deutschland ist wesentlich komplexer und heterogener und erfordert daher mehr Management und Kenntnis. Davon ist bei den Parteien hierzulande bislang nicht viel zu erkennen.