Social Media Strategie: SWR 3 renoviert die eigene Community und setzt auf Facebook

Wer die Community von SWR3 unter ihrer alten Domain swr3land.de aufruft, wird auf community.swr3.de weiter geleitet und trifft auf eine renovierte Plattform. Schade, das es die Veränderungen eher kosmetischer Natur waren.

Da SWR 3 bei mir schon seit Jahren mein Radiosender ist, fiel mir früher oder später auf, das nicht die neue renovierte Community  sondern die Präsenz in Facebook als Social Media Adresse im Web genannt wird. Ein Blick auf die neue alte Community zeigt, das dort ca. 76 Tausend Profile zu finden sind. Wie viele davon aktiv sind, lässt sich nicht erkennen. In Facebook hat man diese Marke schon geknackt.

Social Media Strategie

Wie könnte die Social Media Strategie von SWR 3 aussehen? Eine duale Vorgehensweise – eigene Community und Facebook – ist ja nicht per se falsch. Facebook lässt genügend Lücken um mit passenderen Angeboten – innerhalb und ausserhalb von Facebook – erfolgreich zu sein.

SWR3 erreicht täglich 4 Millionen Hörer. Die enorme mediale Reichweite und nicht zuletzt auch die Qualität des Contents bieten die besten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Community. Das die eigene Community trotzdem früh stagnierte lag weniger am Markt. Wenn Kernfunktionen nicht ausreichend ausgefüllt werden – in diesem Fall Profilqualität und Vernetzung – und die Community nicht Teil des Produkts wird, helfen auch die besten Voraussetzungen nicht zum Erfolg. Die Chancen substanzieller Verbesserungen wurde bei der Aktualisierung der eigenen Plattform leider nicht genutzt.

Wird in Facebook alles besser?

Nun, zumindest ist das Potenzial in Facebook vorhanden. Die SWR 3 Hörer werden auch in Facebook zu finden sein und die Qualität der Plattform liegt zumindest nicht mehr in den eigenen Händen. Damit fallen allerdings auch die Gestaltungsmöglichkeiten weg, die eine eigene Plattform bietet und die es ermöglichen eine auf das Produkt SWR 3 passenderes Social Network zu gestalten.

Alter Wein in fremden Schläuchen wird als Lösung zumindest dann nicht überzeugen, wenn das Community Management nicht deutlich besser wird. Dafür, das die Hörer auf Facebook zumindest mitziehen, sind die Reaktionen auf die Postings ein Fingerzeig.

Strategische Fehler der etablierten Medien vermeiden

Hoffen wir das sich SWR3 anders verhält, als die etablierten Medien, deren Sicht auf das Thema Social Media bestenfalls – sagen wir einmal ambient – zu sein scheint.

Ein geradezu typischer gemeinsamer Fehler der Medienbranchen liegt in der Art wie Communitys bzw. Social Network Plattformen genutzt werden: Social Networks / Communitys sind das Anhängsel in dem anschliessend redaktionelle Inhalte diskutiert werden dürfen. Dieses Missverständnis wird viele Medienunternehmen noch lange davon abhalten, vorhandene wirtschaftliche Potenziale zu erkennen und zu nutzen. Hier spreche ich nicht einmal von neuen Geschäftsmodellen, die durch diese Sichtweise verhindert werden. Auch das „alte Geschäftsmodell“ leidet deutlich unter diesem Ansatz:

Redaktioneller Content wird voll integriert um ein mehrfaches intensiver genutzt, als bei einer ganzen oder teilweisen Trennung von redaktionellem Content und Community. Wo wertvoller redaktioneller Content über Werbeeinblendungen refinanziert wird, macht es schon einen spürbaren Unterschied, ob dieser Content die doppelte oder gar vierfache Anzahl an Seitenabrufen generiert. Solange Unternehmen die Grundlagen des Geschäfts erkennbar nicht verstehen oder die dazu gehörenden Instrumente sichtlich nicht beherrschen, klingt jede Klage über zu geringen Ergebnisse hohl.

SWR 3 befindet sich in einer etwas privilegierteren Situation und ist weniger deutlich auf Werbeeinnahmen angewiesen als andere Medienunternehmen. Es wäre trotzdem wünschenswert, wenn man die Chancen von Social Media erfolgreicher nutzen würde. Ob dies künftig in Facebook oder in der eigenen Plattform oder in beiden glückt – das ist relativ zweitrangig, sofern es glückt.  Meinem Lieblingssender wünsche ich das auf  jeden Fall.

swr3land – woran Communitys scheitern

Warum SWR3land in dieser Form nicht erfolgreich sein kann

SWR3 ist mein Sender. Weitere 4 Millionen Menschen hören täglich SWR3. Das ist nicht wirklich erstaunlich. Der Sender gehört zumindest zu den Besten in Deutschland. Ich höre ihn seit Jahrzehnten – tagtäglich.

SWR3land – die kostenlose Community von SWR3 – hat gerade mal etwas über 40 Tausend Mitglieder. Und das schon länger. Obwohl die Community immer wieder im Programm eingebunden wird funktioniert sie einfach nicht. Ich schätze diese Community trotzdem – aus rein beruflichen Gründen wohlgemerkt. An ihr läßt sich ganz wunderbar demonstrieren, warum bei einem erstklassigen Produkt und einer vorhandenen medialen Leistungsfähigkeit der Extraklasse eine Community floppt, obwohl sie doch eigentlich extrem erfolgreich sein müsste.

Ãœber den mangelnden Erfolg von SWR3land als Community des SWR3 habe ich bereits geschrieben.

Bevor ich auf die Gründe des Scheiterns eingehe – vorab noch ein Hinweis an alle anderen Fans von SWR3 : Es gibt noch schlechtere Beispiele im Medienbereich, aber es gibt kaum einen Sender der bessere Erfolgschancen für eine Community hat als SWR3.

Worauf der Erfolg einer Social Network Platform beruht

Die Antwort darauf ist einfach. Profile, Aktivität und Vernetzung. Es ist nur nicht ganz so einfach diese Erfolgsfaktoren auch erfolgreich zu gestalten.

Erfolgsfaktor Profile: Profile dienen der Selbstdarstellung. Je bunter, kreativer und beeindruckender diese Form der Selbstdarstellung sein kann, desto mehr Mühe geben sich die Nutzer um ihre Möglichkeiten auch auszureizen. Natürlich gibt es eine Grenze – die der Usability. Schwarze Schrift auf schwarzem Hintergrund beeinträchtigt die Aussagekraft eines Profils doch deutlich. Bevormundung oder ein möglichst enges Korsett in dem die Selbstdarstellung des Users – entsprechend der Kreativität des CommunityManagements – stattzufinden hat, sind nur auf den ersten Blick besser aus ein grafischer GAU bei Profilbau.

  • Profile, mit denen ich mich nicht frei ausdrücken kann, werde ich auch nicht ausfüllen oder gestalten.
  • halbleere Profile machen eine Plattform uninteressant
  • niemand ist an gleichförmigen Profilen interessiert, weil es nicht lohnt darin zu surfen.
  • Profile sind ein wichtiger Anstoß für die Kommunikation. Sofern sie Anlass dazu bieten.

Wenn die Anzahl der Profile in einer Community über längere Zeit stagniert, spricht das gegen die Attraktivität dieser Plattform. Das Beispiel SWR3land ist auch deshalb so interessant, weil das hinter der Plattform / Community stehende Produkt seine Attraktivität nicht gerade eingebüßt hat.

Erfolgsfaktor Aktivität: Aktivität braucht Anlässe. Die beliebtesten Aktivitäten in sozialen Netzen basieren auf den Profilen und hier ganz besonders auch dem optischen Reiz der Inhalte. Darunter sind entgegen landläufiger Meinung nicht nur leicht bekleidete Damen und Herrn zu verstehen, sondern die Bilder aus dem eigenen sozialen Umfeld. Bilder sind ein extrem wichtiges Instrument um vom eigenen Leben zu berichten, sich selbst zu inszenieren. Bilder machen aber auch Arbeit – nicht nur dem Systemoperator. Deshalb wird die Galerie vor allem dort gepflegt und aktualisiert wo dies Sinn macht. Wo der eigene Freundeskreis aktiv ist, oder wo sich feedback von interessanten Menschen findet. Wo man aktuelle Bilder vermisst und über leere und oder gleichförmige Profile stolpert, schwindet die Aktivität zwangsläufig. Nichts ist tödlicher für eine Plattform als dies.

Wenn bei über 40 Tausend Profilen nur gut zweieinhalb Tausend Fotoalben angelegt wurden, ist das ein klares Votum der Nutzer, gegen die Attraktivität der Plattform für die eigene Selbstdarstellung.

Erfolgsfaktor Vernetzung: Habe ich viele Freunde und Bekannte auf einer Plattform, kommuniziere ich öfter  mit diesen. Das fördert meine Aktivität auf der Plattform und generiert Aktivität bei anderen. Eine entscheidende Voraussetzung dafür ist eine funktionierende soziale Navigation. Soziale Navigation steht unter anderem dafür, zu sehen, wer von meinen Freunden und Bekannten gerade online ist. Diese soziale Navigation ist wie der Kompass des Steuermanns eines Schiffs. Er sollte immer im Auge behalten werden können. Bei SWR3land ist das nicht so. Das steuere ich meine soziale Kommunikation sozusagen im Blindflug mit entsprechend überschaubarem Ergebnis. Ich sehe nichts, habe keinen Grund länger als nötig zu  bleiben und auch nicht häufiger wieder zu kommen. Facebook hat diesen Punkt übrigens in seiner Plattform deutlich verbessert. Bei SWR3land ist das wohl noch nicht durchgedrungen. In SWR3land werden die Freunde, die online sind, da angezeigt, wo ich sie nicht sehe, wenn ich die Plattform aktiv nutze. Nicht wirklich logisch.

Ein grober Fehler bei einem dieser Erfolgskriterien ist riskant. In allen Punkten deutlich daneben zu liegen ist die Garantie für einen Flopp.

Die internen Ursachen von Social Media Flopps

Die meisten Social Media Flopps haben ihre Wurzeln im Unternehmen. Was wir aus SWR3land sehr deutlich lernen können ist, das eine auch noch so hohe mediale Kompetenz ist nicht automatisch Social Media Kompetenz beinhaltet. Diese Fehleinschätzung ist kein Einzelfall. GMX und Web.de demonstrierten mit ihrem Projekt „Unddu.de“ genau das gleiche Verhalten. Beide Unternehmen sind fraglos erfolgreiche Internetunternehmen und verfügen mit einem hohen Kundenstamm eigentlich über eine perfekte Ausgangssituation für Community Building.

Wenn dann klar absehbar ist, daß das Projekt hinter seinen Möglichkeiten zurück bleibt, ist umsteuern gefragt. Das wiederum erfordert zusätzliche Kompetenz und Ressourcen, die aufzubringen eine Frage der Möglichkeiten und des Willens ist. Oft sagt man sich, das man ja eigentlich alles getan habe, um erfolgreich zu sein, der Markt aber dafür noch nicht bereit oder schon zu besetzt ist. Oder man gibt – frei nach dem Prinzip Hoffnung – dem jungen Pflänzchen Zeit zu wachsen, auch wenn schon kein nennenswertes Wachstum mehr erkennbar ist.

Quo vadis – wohin driftet SWR3land?

Faktisch hat man bei SWR3 drei Alternativen:

  • Einen Neustart oder Relaunch mit einer Plattform, die einen Erfolg überhaupt möglich macht. Das ist mit einiger Arbeit verbunden und man muss dem Projekt SWR3land entsprechende Prioritäten einräumen. Social Networks dienen bei Medienhäusern üblicherweise dafür Marktpotenziale die man anderweitig erschlossen hat, zu sichern und in ergänzender Weise zu nutzen oder Marktpotenziale zu erschließen, die man mit den anderen Instrumenten nicht erreicht, für das Medienhaus zu erschließen. Gemessen an diesen grundsätzlichen Zielen ist SWR3land ein ausgemacht prächtiger Flopp. Mit der Frage nach der Zukunft von SWR3land verbindet sich aber auch die Frage nach der Kundenbindung und nicht zuletzt auch danach ob der Sender eine Zukunft in Social Media – einer Kernfunktions des Internets – haben will.
  • Deckel drauf und SWR3land ist Vergangenheit. Damit verärgert man ein paar wenige Hörer, erspart sich einen doch blamablen Flopp weiter mit zu schleppen und verzichtet darauf ein Bein in einem Wachstumsbereich aufzubauen, der für die Zukunft der Medien alles andere als unerheblich ist. Selbst die gute  ZDF Nachrichtensendung baut ihre Internetplattform mit zunehmender Beständigkeit ins Programm ein. Ein derartiges Eingeständnis medialer Inkompetenz scheint zu schmerzhaft zu sein.
  • Der letzte macht das Licht aus. Die klassische Methode „weiter so“, bis niemand mehr da ist. Oder das letzte Häuflein unentwegte sich vollends zu Facebook verzogen hat und dort SWR3 Community spielt. Das ist nicht besser als die Alternative davor, nur erfordert sie weniger Mut zur Wahrheit.

Besser machen – aber wie?

Wer vor einer ähnlichen Situation steht, wie SWR3 mit dem SWR3land, also für eine brand community oder die Community eines Medienhauses zuständig ist und mit deren Erfolg nicht zufrieden sein kann, ist in keiner beneidenswerten Lage. Aussichtslos ist sie aber keinesfalls. Besser machen ist gar nicht so schwer. Zumindest kann man in einem ersten Schritt darauf verzichten, die gröbsten Fehler zu machen, an denen andere schon mal gescheitert sind. Wer es selbst nicht besser weiß, kann sich externen Rat holen. Oder sich die nötige Social Media Kompetenz aneignen. Dafür gibt es speziell für Medienhäuser Seminare. Alternativ bietet sich ein workshop an, um das Thema im Unternehmen oder in der Abteilung auf eine gemeinsame, stabile Basis zu stellen. Egal was Sie in diesem Fall machen – nichts tun ist definitiv die schlechtere Alternative. Und sollte Ihnen gar keine praktikable Lösung einfallen, kann ich Ihnen sicher weiter helfen. Sie erreichen mich hier.