Auf der DLD 09 vom 25. bis 27. Januar 2009 wurde unter anderem die DLD Internet Politics Study vorgestellt. Die Studie behandelt im ersten Teil die Bedeutung der Online-Wahlkampfkampagnen von Barack Obama für dessen Wahlerfolg über Hilary Clinton und John McCain. Die Studie ist nicht nur aufgrund Ihrer Fakten sondern auch wegen der darin vorgestellten brillanten Clips überaus empfehlenswert. Im zweiten Teil wird die deutsche Politik und das Internet vorgestellt. Der Leser fällt aus den strahlenden Höhen konsequent umgesetzten integrativen Social Marketings in das tiefe Loch deutscher Rückständigkeit. Die Studie können Sie hier herunter laden.
Politik online geht nicht ohne Social Media

Im Titel der Studie findet sich zwar kein Wort über Social Networks oder Social Network Marketing aber bei der Lektüre wird schnell erkennbar, das Politik im Internet nicht funktioniert, wenn sie nicht in Social Networks eingebunden ist. Der Grad dieser Einbindung ist letztlich auch ein Erfolgsmesser. Obamas Kampagnen waren 2.0. – eingebunden in die ganze Vielfalt der vorhandenen Social Networks Medien und aktiv über alle Instrumente kommuniziert – die seiner Wettbewerber waren hier deutlich weniger erfolgreich, obwohl sie die gleichen Instrumente nutzten. Obamas Online Kampagnen standen als Social Networking-Kampagnen im Zentrum seiner Kommunikation, seine Wettbewerber nutzten die gleichen Instrumente als zusätzliche Informationskanäle und verloren – gemessen an der Zahl der Nutzer, Partizipierenden und letztlich auch an der Zahl der Wähler.
Entwicklungsland Deutschland

Die Lage der Politik im Internet wird mit der Frage begonnen ob die Deutschen schon bereit für Social Media Kampagnen sind. Die Deutschen nutzen das Internet, die Deutschen nutzen zunehmend Social Media und wer die Geschwindigkeit dieser Entwicklung im Netz kennt, weiss, das wir auf diesem Gebiet kaum mehr als ein, zwei Jahre hinter den USA zurückliegen. Die jüngeren Deutschen nutzen bereits heute das Internet etwa so intensiv wie TV. Einen Wahlkampf ohne Fernsehen kann sich keine politische Partei vorstellen. Nicht zuletzt deshalb hat man sich ja den Zugang zu den öffentlich-rechtlichen Sendern gesichert. Die Frage, ob die deutsche Parteien für Social Media reif sind, beantwortet sich in der Studie selbst. Es zählt nicht nur die quantitative Aktivität sondern auch die qualitative Aktivität, noch wichtiger ist die Aktivität der angesprochenen Zielgruppen. Obama gewann letztlich auch weil er deutlich mehr Menschen erreichen und aktivieren konnte als Clinton oder McCain.
Politisches social networking ist in Deutschland schwieriger
Es gibt für die Parteien keinen garantierten Zugang zu den Social Networks. Der Aufbau eigener Social Networks ist für die politischen Parteien für 2009 längst kein Thema mehr. Der Zug ist schon vor 2008 abgefahren. Obama hatte die Grundlagen seines Erfolgs im Web im Frühjahr 2007 gelegt und bedient sich der Vernetzung mit bestehenden Networks und der Nutzung aller verfügbarer Tools. Auch den Parteien in Deutschland bleibt nur die Nutzung der bestehenden Social Networks um Menschen zu erreichen und zu überzeugen. Hier sieht es aktuell schlechter aus, als die DLD Studie dies dokumentiert.
Kein ausreichender Zugang zur Kommunikation
In Deutschland ist die Lage bei den Social Networks deutlich heterogener aus als in den Staaten. Mit Facebook und MySpace läßt sich in den USA eine enorme Reichweite aufbauen und beide Netze sind für die politische Nutzung offen. In Deutschland stellen Facebook und MySpace gemessen an ihrer Reichweite in den USA nur einen Bruchteil der Kommunikationsleistung zur Verfügung, alles andere als ausreichend um darauf eine funktionierende Online Strategie aufzubauen. Die großen Netze (VZs und Wer-kennt-wen) sind – gemessen an den Kommunikationsmöglichkeiten von FB und MySpace – als Kommunikationsplattformen technisch nicht so leistungsfähig und konzeptionell nicht frei für Dritte verfügbar. Die VZs gehören zur Holtzbrinck, WKW zu RTL. Beide Netze leiden unter Aktivitätsschwund und dem Fehlen geeigneter Nutzungsmöglichkeiten durch Parteien, bzw. deren Integration. Entweder man schafft Aktivität durch bestehende Mitglieder oder das jeweilige Netz ist verschlossen. Und damit sieht es bei allen Parteien sehr düster aus. Über dürftigste Ansätze kommt derzeit keine Partei hinaus. Um junge Wähler und Erstwähler zu erreichen, müsste eine erfolgreiche Kommunikationsstrategie zudem auch die kleineren regionalen Netze einbeziehen, also in deutlich mehr als einem Dutzend Social Networks aktiv sein.
Risiko Social Media

Den Parteien steht auch die typisch deutsche Reaktion auf Neuheiten im Weg. Wir fragen zuerst nach dem Risiko, dann vielleicht nach der Chance. Politik in Social Networks hat Risiken, weil sie davon abhängt die Menschen zu erreichen und zu aktivieren. Das ist allerdings auch bei der Politik an sich der Fall. Nur eben mainifestiert sich Unzufriedenheit und Politikverdrossenheit in Social Media für alle sichtbar und nachvollziehbar. Damit umzugehen ist alles andere als einfach. Sich diesem Risiko auszusetzen bedarf Mut oder die Erkenntnis der Notwendigkeit.
Fazit
Die Situation in Deutschland ist wesentlich komplexer und heterogener und erfordert daher mehr Management und Kenntnis. Davon ist bei den Parteien hierzulande bislang nicht viel zu erkennen.
ja klar du hast vollkommen recht.
zur rechtfertigung: es war im juli (!) vorherigen jahres und war auch mehr als grobes konzept gedacht. 😉
in der zwischenzeit wurden auch für das lif (österreichs ehemalige partei vergleichbar mit der fdp) interessante konzepte ausgearbeitet – leider ist vieles aus budgetgründen gescheitert
lg andreas
Hallo Andreas, interessante Apis, die ihr da macht. Mir gefällt jede Entwicklung in diese Richtung. Eine kleine Anmerkung dazu: Vielleicht wäre es in einem nächsten Schritt noch effizienter, die jeweiligen User / Wähler miteinander zu vernetzen. Das ist der Anfang der Aktivierung. Wie u. a. Obama schon zeigte ist die Vernetzung als Vorstufe für die Aktivierung eine Voraussetzung damit Engagierte und Interessierte aktiv werden und sich für eine Sache einsetzen. Der Einzelne ist interessiert, aber nicht immer stark. In der Gruppe passiert da schon mehr.
Guter Artikel, spricht mir ausm Herzen 😉
In Österreich ist es ähnlich „düster“. Aber dass der Mut da ist zeigen Applikationen wie diese von uns: Der Wähler als Plakat:
http://apps.facebook.com/diegruenen
Der erklärende Artikel hierzu: http://die.socialisten.at/die-gruenen-facebook-wahlplakate/
lg aus Wien
Andreas