agof 06/2011 – wer braucht noch regionale Social Network Plattformen?

Wer braucht noch regionale Social Network Plattformen?

Die Frage stellt sich – nicht nur den Usern, sondern vor allem den Betreibern dieser Plattformen. Deren Stern sinkt in Deutschland stetig weiter, blickt man auf die Ergebnisse der Agof für den Juni 2011.

Die regionale Dichte fällt als Argument zunehmend weg. Hier hat Facebook die regionalen Plattformen längst überholt. Statt dies als letzten Aufruf zu verstehen, sich der Existenzfrage konstruktiv zu stellen, wird weiter gearbeitet, als wäre alles im tiefgrünen Bereich.

Die einzig logische Erklärung dafür heißt, das man die eigene Position im Wettbewerb nicht mehr als gestaltbar versteht und einfach so lange weitermacht, wie es sich eben irgendwie rechnet. Und dann wird eben das Licht ausgemacht.

Wo sich die Betreiber der Plattformen dieser Frage nicht mehr konstruktiv zu stellen scheinen, handeln die User um so klarer: Der Rückgang an unique usern setzt sich bei den meisten Plattform unerbittlich weiter fort. Wirft man einen Blick auf die internationalen Social Network Plattformen, die in der agof gemessen werden, fällt auf, das in der Ausweisung für Juni 2011 sowohl bei MySpace als auch bei Netlog der Abwärtstrend zumindest eine Pause eingelegt hat. Bei den deutschen Plattformen ist dies eindeutig nicht der Fall, sieht man mal von den Knuddels ab.

Braucht der Markt regionale Social Network Plattformen?

Nicht zuletzt um nicht gänzlich von einer Plattform abhängig zu sein, sind regionale Social Network Plattformen wichtig. Zu viel Monokultur ist schädlich – nicht nur, wenn das jeweilige Unternehmen seinen Sitz weit entfernt hat und in vielen rechtlichen Normen eher lästiges Lokalkolorit sieht. Beachtet man das wirtschaftliche wie politisch – gesellschaftliche Potenzial einer Social Network Plattform, ist dieses Argument nicht zu unterschätzen.  Monopole widersprechen unserer wirtschaftlichen Verfassung. Egal ob sie künstlich oder im Markt geschaffen werden. Und bei Social Network Plattformen handelt es sich eben um deutlich mehr als um reine wirtschaftliche Konstrukte. Das zu begründen genügt z. B. der Hinweis auf den sogenannten arabischen Frühling.

Die Existenzfrage der regionalen deutschen Plattformen bleibt unbeantwortet. Nicht zuletzt weil die Betreiber nicht in der Lage sind, auf die Herausforderungen eines globalen Anbieters konstruktive Antworten zu geben. Es fehlt am Willen und am Glauben an den eigenen Erfolg. Es fehlt an Strategien und an Vorstellungskraft um einer Herausforderung konzeptionell zu begegnen. Facebook ist nicht übermächtig. Im Gegenteil. Diese Plattform ist durch ihre eigenen Schwächen angreifbar.

Strategische Antworten sind gefordert

MySpace hat sich neu positioniert. Ob die Atempause im Rückgang der unique users von MySpace anhält und Grund zur Hoffnung gibt ist eine andere Frage. Die Konsequenz aus der Erkenntnis zu ziehen, das die alte Plattformstrategie nicht mehr funktionieren kann, ist entscheidend. MySpace kann immer noch scheitern. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist immer noch hoch. Aber man arbeitet daran, der Plattform durch eine neue Positionierung eine Zukunft zu sichern. Unsere regionale Plattformen sind von diesen Überlegungen überfordert. Die Chance, das aus diesen Ruinen neue Ideen für innovative Plattformen entstehen bleiben entsprechend gering. Wenn sich einmal das Bewußtsein fest gesetzt hat, das diese Branche verloren ist, geht sie auch verloren.

Das dahinter verborgene Problem mag im Augenblick unerheblich wirken. Wir versuchen schließlich gerade Griechenland zu retten. Aber wir könnten auf lange Sicht mehr auf diesem Feld verlieren, als wir uns das heute vorstellen. Das Veränderungspotenzial der Social Network Plattformen kann viele Branchen auf den Kopf stellen und uns mehr Geld und Arbeitsplätze kosten als die Griechenland- und Finanzkrise. Wir werden diese Entwicklung nach aller Voraussicht nicht von der Gewinnerseite aus erleben, wenn wir keine ausreichenden Alternativen mehr haben.

agof if 2010/III – die Entwicklung setzt sich fort

Die agof Studie if 2010/III ist veröffentlicht

Die agof hat heute die Zahlen der if 2010/III veröffentlicht. Auch wenn die unique users für die Nutzung von Social Network Plattformen nicht der Weisheit letzter Schluss sind, geben sie doch einen Hinweis auf die Entwicklung, betrachtet man sie im Vergleich mit früheren Ergebnissen. Das wiederum ist durch den Wechsel der Erhebungsmethode mit den bekannten Ausreissern in 2010/I nur sehr eingeschränkt – auf die Studien if 2010/II und if 2010/III – möglich. Zudem sind in der if nicht alle Social Network Plattformen enthalten. Facebook tritt hier bestenfalls als das berühmte „Schwarze Loch“ auf, das Nutzung und User geradezu magisch an sich zieht.

Die wichtigsten Erkenntnisse der if 2010/III

Auf den ersten Blick „in 3 nix neu“ – so könnte man die wichtigste Erkenntnis für die größeren und in der agof ausgewiesenen Social Network Plattformen zusammenfassen.

Lässt man den Ausreisser von 2010/I ausser Betracht, setzt sich auf den ersten Blick die Entwicklung in den einzelnen Plattformen fort und gibt genauer betrachtet doch kleine Überraschungen preis:

  • KWICK! hat um beachtliche +25% an unique usern zugelegt. Dieses Wachstum gegen den allgemeinen Trend fällt schon aus dem Bild, das die Branche insgesamt gibt.
  • die VZs gaben etwas mehr als –4% an unique users ab,
  • MySpace hat den turnaround nach unique users zumindest – noch? – nicht geschafft und verlor im 3. Quartal -5.5% seiner unique users.
  • wkw verliert gegenüber 2010/II nur -2% an unique users
  • Stayfriends hat es mit einem Rückgang von knapp -15% in einem Quartal sehr viel deutlicher getroffen, auch wenn dieser Einbruch durch die andere Form der Refinanzierung nicht so schnell und hart durchschlägt, wie bei einer rein werbefinanzierten Plattform.
  • die Knuddels schrumpften im 3. Quartal um gut -3% ihrer unique users,
  • Netlog dagegen hat es mit dem Einbruch um -20% bei den unique users unter die Millionengrenze gedrückt.

Rote Zahlen – wohin das Auge blickt – sieht man mal von dem kleinen gallischen schwäbischen Dorf ab, das gegen die blaue Flut Widerstand leistet und sich standhaft weigert  tiefer gelegt zu werden unterzugehen.

Unique Users bilden die Realität in den Social Network Plattformen nur unzureichend ab

Wer einmal im Monat in einer Social Network Plattform vorbeisieht, ist nach dem Verständnis der Branche kein aktives Mitglied und eher dabei, der Plattform vollends verloren zu gehen. Nach der Definition der agof ist dieser User als unique user genauso wichtig, wie die Mitglieder, die mehrmals die Woche oder täglich auf der Plattform aktiv sind. Ähnlich ist es mit der Art der Nutzung: ein User, der kurz einen Blick ins Mailfach wirft und dann schon wieder weg ist, trägt deutlich weniger zu Attraktivität und Erhalt von Plattform bei, als der User der seine 2 Stunden durchschnittlich auf der Plattform aktiv verbringt.

Um dem unique visitor der agof eine begleitende Information zur Seite zu stellen, nachfolgend die daily unique visitors von Google – die auch nicht der Weisheit letzter Schluss sind, wie ich sehr wohl weiss.

Social Network Plattformen I

Die VZs und wkw sind sich in dieser Tabelle zumindest in der Richtung einig. Es geht abwärts. Der Rückgang hat auch meinvz.net erfasst.

Social Network Plattformen II

Hier zeigt sich besonders deutlich der Absturz von MySpace, gefolgt vom Rückgang bei den Lokalisten. Der deutliche Einbruch bei Netlogs unique users agof fällt hier optisch nicht so sehr auf. Interessant ist das sich das Userwachstum nach agof – immerhin stolze 26% innerhalb eines Quartals – bei den daily unique visitors nicht in gleichem Maß zeigt. Es ist lediglich ein dezenter Peak im Juli 2010 zu erkennen.

In diesem Zusammenhang ist der Hinweis auf Jappy.de angebracht. Jappy wird – weil nicht gemessen – gerne übersehen. Die Entwicklung dieser eigenständigen Plattform ist zumindest einen Blick wert, weil die Plattform zu den größeren deutschen Social Network Plattformen zählt und eine relativ stabile Entwicklung bei den daily unique visitors hat. Ein Novum, das Jappy mit einigen kleinen Plattformen teilt.

Und Facebook?

Der Netzwerkgigant etabliert sich in Deutschland weiter. Da wir keine agof unique users haben, können und müssen wir als Vergleichsbasis auf die Google Trends zurückgreifen.

Der Vergleich von wkw (größte Einzelplattform) und Facebook für den deutschen Markt zeigt die Entwicklung ganz eindeutig. Facebook marschiert weiter durch. Dieses Bild ist auch für andere europäische Regionen typisch, wenn wir mal die Niederlande ausklammern. Dort ist Hyves.nl noch nicht von Facebook eingeholt worden, der Trend zeigt allerdings an, das auch damit zu rechnen ist.

Für die meisten deutschen Social Network Plattformen – sieht es eher düster aus. Viele kleine Plattformen sind für den Wettbewerb schlichtweg nicht gerüstet. Man hat all zu oft schlichtweg vergessen, eigene Stärken auf- und auszubauen, mit denen man einem globalen Gegner erfolgreich Paroli bieten könnte. Das ist schon aufgrund der Dynamik der Branche leicht verständlich. Wo es die kleinen Unternehmen hinter den Plattformen bis an und oft auch über die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit forderte, die technische Plattform am Laufen zu halten, waren und sind plötzlich – neben dem ständig wachsenden Anspruch an Kommunikationstools und Möglichkeiten der Selbstdarstellung für die Mitglieder auch noch nutzenstiftende Elemente gefragt, die ein globaler Anbieter nicht kopieren kann.

Wird es neben Facebook noch eine Zukunft für andere Plattformen geben?

Ich bin davon überzeugt, auch wenn diese Zukunft sicher völlig anders aussehen wird. Nicht zuletzt lässt sich Facebook ja auch als Tool für Communitybuilding betreiben und ermöglicht den Aufbau von Communitys ohne dabei die technische Herausforderung stemmen zu müssen, die eine attraktive und zeitgemäße Social Network Plattform darstellt. Die Nische liegt meiner Meinung nicht im direkten Wettbewerb mit Facebook sondern in der Integration von Facebook in eine Nutzenstiftung für den regionalen und lokalen User, die ausserhalb der Möglichkeit eines global agierenden Unternehmens liegt.

Die Reichweite der Sozialen Plattformen nach agof

Hier finden Sie als pdf File die Grafiken der Reichweiten der wichtigsten Plattformen für sozialen Netze nach agof internet facts 2009/II sowie die Veränderung gegenüber den internet facts 2009/I innerhalb der einzelnen Altersgruppen und Plattformen. Das executive summary informiert Sie auf einen Blick über die wichtigsten Erkenntnisse und die Gewinner und Verlierer unter den ausgewählten Social Networks:

  • Mein VZ
  • StudiVZ
  • SchülerVZ
  • MySpace
  • Wer-kennt-wen?
  • Stayfriends
  • Lokalisten
  • Netlog
  • Knuddels
  • KWICK!
  • Schüler.CC

Hier geht es zum download.

Aktuelle Reichweite ausgewählter Sozialen Netze in Deutschland

Als Service für registrierte Leser finden Sie die Reichweite der Social Network Plattformen innerhalb der verschiedenen Altersgruppe für die internet facts 2009/II in Form von knapp 30 Seiten mit executive summary und Diagrammen als pdf für die Altersgruppen und die erfassten Plattformen sowie die Veränderung gegenüber den internet facts 2009/I.

Die erfassten Plattformen sind im Einzelnen:

  • Mein VZ
  • StudiVZ
  • SchülerVZ
  • MySpace
  • Wer-kennt-wen?
  • Stayfriends
  • Lokalisten
  • Netlog
  • Knuddels
  • KWICK!
  • Schüler.CC

Bitte loggen Sie sich ein oder registrieren Sie sich, bevor Sie diesem Link folgen.

Marketing in Sozialen Netzen und Communitys

Die Klage darüber, das Werbung in Communitys und sozialen Netzen nicht so erfolgreich ist, wie in anderen Websites, ist nicht neu. Der Grund dafür ist bekannt oder sollte es zumindest sein. Die simple Einblendung von Werbung ist nicht communityaffin. In einer Community wird eine andere Form der Kommunikation von Werbetreibenden erwartet, wie in einer herkömmlichen Site.

Um so wichtiger ist es bestehende oder sich entwickelnde Marketingmethoden für Communitys – jenseits von Werbung – zu beachten. Erfolgreiche Beispiele dafür liefern insbesondere Facebook und Netlog.

facebook

Facebook bietet die Möglichkeit für Marken nicht nur die obligatorischen Gruppen sondern auch Seiten einzurichten. Der Mitgliedschaft in einer Gruppe als Brandcommunity steht jetzt die Alternative „Fan werden“ durch die entsprechende Fansite gegenüber. Die Nutzung zeigt eindeutig, das die jüngeren Fansites eine deutlich höhere Reichweite entwickelt haben, als die Brandcommunitys in Form von Gruppen.

Die Ursache dahinter ist einfach. Fan zu werden ist weniger verbindlich und mit weniger Engagement verbunden als Mitglied in einer Gruppe zu werden. Ein Klick und das war es. Man hat sich als Fan einer Gruppe definiert und drückt damit eine Vorliebe als Teil der eigenen Selbstdarstellung aus. Mehr ist nicht zu tun. Eine inaktive Mitgliedschaft in einer Gruppe hat dagegen etwas inkonsequentes. Und das ist nun mal nicht so gut für die eigene Selbstdarstellung.

Marketing in Sozialen Netzen und Communitys weiterlesen